Auf ein weitere Entscheidung des OLG Jena zum Richtervorbehalt bei der Blutentnahme (§ 81 Abs. 2 StPO) will ich hier hinweisen. Es ist der Beschl. des OLG Jena v.07.11.2011 – 1 Ss 90/11, in dem das OLG noch einmal zu „Gefahr im Verzug“ Stellung genommen hat, und zwar wie folgt:
„Nicht ausreichend ist die bei Nachweis von Alkohol typischerweise bestehende abstrakte Gefahr, dass durch den körpereigenen Abbau der Stoffe der Nachweis erschwert oder gar verhindert wird. So wird gerade bei einem höheren Alkoholisierungsgrad, der durch körperliche Ausfallerscheinungen und das Ergebnis einer Atemalkoholmessung zu Tage tritt, der mögliche Abbau in aller Regel so gering sein, dass kurzfristige Verzögerungen, bedingt durch die Einschaltung des Gerichts, mittels Rückrechnung ohne weiteres ausgeglichen werden können. Je unklarer aber das Ermittlungsbild in der Situation oder je komplexer der Sachverhalt als solcher ist und je genauer deswegen die Analyse der Blutwerte sein muss, desto eher werden die Ermittlungsbehörden Gefahr in Verzug annehmen und nötigenfalls ohne richterliche Entscheidung handeln dürfen (Senatsbeschluss, a.a.O, Hamburg a.a.O, 2598).
Danach lag eine Gefährdung des Untersuchungserfolgs im Sinne von § 81a Abs. 2 StPO vor.
Aufgrund der Schwere seiner Verletzungen konnte der Angeklagte – der Polizeibeamte K hatte, obwohl die Türen des Unfallfahrzeuges bereits geöffnet worden waren, leichten Alkoholgeruch im Fahrzeug festgestellt – bei einem Atemalkoholtest nicht mitwirken. Der Grad seiner Alkoholisierung war demnach zunächst unklar. Zudem stand die notärztliche Versorgung des Angeklagten unmittelbar bevor und bestand damit die Gefahr, dass dem Angeklagten Medikamente verabreicht werden, von denen einerseits nicht auszuschließen ist, dass sie sich auf das Ergebnis einer Blutalkoholuntersuchung auswirken können, und sich andererseits im Nachhinein dann nicht mehr feststellen lässt, ob der Angeklagte vor Behandlung durch den Notarzt bewußtseinsbeeinflussende Stoffe konsumiert hat. Eine schnellstmögliche Blutentnahme war deshalb erforderlich, die bei dem Versuch an einem Sonntagmorgen um 06.50 Uhr – dem für die rechtliche Beurteilung maßgeblichen Anordnungszeitpunkt- eine richterliche Anordnung herbeizuführen, nicht gesichert war.„
Dem wird man sich wohl nicht verschließen können :-).
Liest sich wie ein Verfahren in dem ich verteidige und das nach Begründung der Revision nun beim OLG in Brandenburg liegt. Allerdings hat mein verletzter Mandant die Atemalkoholmessung verweigert, die Blutentnahme ebenso und es war ein Wochentag zur Nachmittagszeit. Der Bereitschaftsstaatsanwalt hatte die BE angeordnet, nichts in der Akte dokumentiert und kam erst in der HV dazu, seine Entscheidung in o.g. Sinne zu „begründen“. Da kann das OLG BB bei den Thüringern ja fast 1:1 abschreiben…
das würde ein OLG nie tun 🙂
Lese ich das richtig?
Der Fahrer war so verletzt, dass man mit ihm nicht kommunizieren konnte und ein NOTarzt ihn behandeln musste. Und da nimmt man sich die Zeit, eine Blutprobe zu nehmen, bevor(!) man mit der Behandlung beginnt/weitermacht.