Ziemlich unbeachtet geblieben ist bislang der VerfGH Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 29. 10. 2010, VGH B 27/10, der zur Verletzung des rechtlichen Gehörs im Bußgeldverfahren Stellung nimmt.
Im Ausgangsverfahren hatte der Verteidiger eine Geschwindigkeitsmessung für unverwertbar gehalten, weil vor der Messung eine neue Eichung des eingesetzten Lasermessgeräts aufgrund einer neuen Bedienungsanleitung mit einem erweiterten Entfernungsbereich für den Aligntest (Einrichtung des Visiers) hätte erfolgen müssen. Das AG hatte einen entsprechenden Beweisantrag mit der Begründung zurückgewiesen, es sei von einer einwandfreien Funktion des Geräts auszugehen, da die neue Bedienungsanleitung von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zugelassen worden sei. Der Verteidiger beantragte daraufhin zweimal vergeblich die Einsichtnahme in die dem Gericht aus anderen Verfahren vorliegenden Unterlagen der PTB. Das AG ver weigerte die Akteneinsicht und verurteilte den Beschwerdeführer. Im Urteil führte es aus, zu einer Beziehung der Unterlagen und der Gewährung von Einsichtnahme „ins Blaue hinein“ sei das Gericht mangels nachvollziehbarer Gründe nicht gehalten gewesen. Der Verteidiger hatte Verfassungsbeschwerde eingelegt und im Beschl. v. 29. 10. 2010, VGH B 27/10 Recht bekommen.
Der VGH stellt fest, dass dann, wenn sich das Gericht zur Ablehnung eines Beweisantrags auf Unterlagen bezieht, die ihm aus anderen Verfahren vorliegen, hier die Zulassung einer Bedienungsanleitung des Geschwindigkeitsmessgerätes durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt, es einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör darstelle, wenn die beantragte Einsichtnahme in diese Unterlagen vom Gericht verweigert wird. An sich m.E. eine Selbstverständlichkeit, die der VerfGH da zum Ausdruck bringen muss. Die Entscheidung betrifft leider nicht den Fall der derzeit ja heftig diskutierten Frage der allgemeinen Akteneinsicht in die Bedienungsanleitung. Aber: Die Ausführungen der VerfGH zum Akteneinsichtsrecht sind lesenswert und man kann sie m.E. auch übertragen. Zumindest kann man damit argumentieren.