Ein Kollege hat mir den von ihm „erstrittenen“ OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12.10.2011 -IV 4 RBs 170/11 – zukommen lassen. Der Beschluss behandelt zwei interessante Fragen, von denen die eine die Sondermeldung :-)) wert ist.
Das AG hatte den Betroffenen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt. Mit seiner Rechtsbeschwerde hat der Betroffene geltend gemacht, das AG habe zu Unrecht von der Verlesung des Messprotokolls abgesehen und durch die Nichterhebung des Beweises seine aus § 244 Abs. 2 StPO i. V. m. § 46 OWiG folgende Aufklärungspflicht verletzt. Das AG hätte die Beweiserhebung von Amts wegen auf das Messprotokoll erstrecken müssen. Die Rechtsbeschwerde dagegen hatte Erfolg.
Das OLG beanstandet, dass sich das AG nicht mit dem Messverfahren im Einzelnen auseinander gesetzt hat. Denn komme es – wie hier, wo nur drei Funktionstest ausgeführt worden waren – im konkreten Einzelfall bei einer Messung mit einem sog. standardisierten Messverfahren zu Abweichungen von der Gebrauchsanweisung, so handele es sich nicht mehr um ein standardisiertes Messverfahren. Es liegen dann konkrete Anhaltspunkte für die Möglichkeit von Messfehlern vor mit der Folge, dass das Gericht, wenn es die Verurteilung auf ein solches durch den Mangel eines Verstoßes gegen die Gebrauchsanweisung belastetes Messergebnis stützen will, dessen Korrektheit individuell zu überprüfen hat. Insoweit nichts so ganz wesentlich Neues. Das haben früher auch schon andere OLG gesagt, wie z.B. KG, OLG Hamm,OLG Celle und OLG Celle.
Interessanter ist die Entscheidung wegen der Zulässigkeit der erhobenen Aufklärungsrüge. Das liest man ja nun seltener. Dazu das OLG:;
„Die Erhebung einer zulässigen Aufklärungsrüge setzt voraus, dass der Beschwerdeführer die Tatsache, die das Gericht zu ermitteln unterlassen hat, und das Beweismittel bezeichnet, dessen sich der Tatrichter hätte bedienen sollen. Ferner sind die Umstände mitzuteilen, aufgrund derer sich der Tatrichter zu der beantragten Beweiserhebung hätte gedrängt sehen müssen, und welches Ergebnis von der unterbliebenen Beweiserhebung zu erwarten gewesen wäre (OLG Düsseldorf, VRS 93, 433 ff; Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 244 Rdnr. 81 m.w.N.). Wird beanstandet, dass eine Urkunde nicht verlesen oder im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist, so ist es daher in aller Regel erforderlich, dass die Revision den Wortlaut der Urkunde wiedergibt (Becker in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rdnr. 368 m.w.N.); denn nur dann ist das Revisionsgericht in der Lage zu prüfen, ob sich das Tatgericht aufgrund seiner Aufklärungspflicht zur Beweisaufnahme über den Urkundeninhalt hätte gedrängt sehen müssen (BGH. a.a.O., zit. in. Juris, Rdnr. 10).
Danach entspricht die von dem Betroffenen erhobene Aufklärungsrüge den Anforderungen der § 79 Abs. 3 S. 1 OWiG, § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Der Beschwerdeführer teilt die nicht ermittelte Tatsache, die nicht vollständige Ausführung des Funktionstests des Laser-Messgerätes, mit, er benennt auch das zur Ermittlung dieser Tatsache relevante Beweismittel, das Messprotokoll. Darüber hinaus teilt der Betroffene den Wortlaut der Urkunde, deren Verlesung er vermisst, mit. Eine Überprüfung durch den Senat, ob die Verlesung überhaupt zur Sachaufklärung hätte beitragen können, ist daher möglich (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O. Rdnr. 81). Der Betroffene führt ferner aus, warum sich das Gericht zu der Verlesung des Messprotokolls hätte gedrängt sehen müssen, und zu welchem Ergebnis die unterbliebene Beweisaufnahme geführt hätte (BI. 47 f. d. A.).“
Und: Das AG hätte sich – so das OLG – von Amts wegen mit der Messung und ihrer Verwertbarkeit befassen müssen, nicht erst auf einen Antrag des Betroffenen.