Eine Kollegin, die vor einiger Zeit bei mir im Fachanwaltskurs war, hat mir ein Urteil des AG Köln geschickt mit der Frage, ob eine dagegen ein gelegte Rechtsbeschwerde eine Chance habe. Die Kollegin hält in dem Urteil v. 16.07.2010 – 814 OWI 147/10 die Beweiswürdigung für falsch.
Na ja, zu dem letzteren konnte ich, da ich die Sache nicht kenne nichts Konkretes sagen, sondern musset die Kollegin auf den allgemeinen Satz verweisen, dass die Beweiswürdigung ureigenste Aufgabe des Tatrichters ist und sie mit der Rechtsbeschwerde/Revision nur angegriffen werden kann, wenn sie z.B. lückenhaft oder widersprüchlich ist. Dass der Tatrichter die Beweise anders als der Verteidiger würdigt, ist kein Fehler und da kommt man auch mit dem Rechtsmittel
Das Urteil des AG Köln bietet m.E. aber andere Angriffspunkte, die ein wenig zu dem Post vom 10.09.2010 – „Warum tun Tatrichter das, oder: Die geschriebene Lücke“ passen; mit lückenhaften Urteilsgründen befassen sich auch die Kollegen Siebers und Feltus.
Ansatzpunkte in dem Urteil sind:
1. Wo liegt der Tatort = in welcher Stadt? Das teilt das Urteil nicht mit, was m.E. allein schon aus diesem Grund zur Aufhebung führen müsste. Auch der sog. Gesamtzusammenhang führt da nicht weiter.
2. Aufgehoben werden müsste das Urteil m.E. zumindest aber im Rechtsfolgenausspruch, da der nur wie folgt begründet wird:
„Die im Bußgeldbescheid gegen den Betroffenen festgesetzten Maßnahmen waren zu bestätigen, da er bereits einige Eintragungen im Verkehrszentralregister aufweist. Diese lauten wie folgt: Es folgen sieben Kopien von Mitteilungen an das VRZ.
Das reicht zur Begründung der festgesetzten Rechtsfolgen nicht aus. Der Amtsrichter hat nicht die Entscheidung der Verwaltungsbehörde zu „bestätigen“, sondern er muss eine eigene Rechtsfolgenentscheidung treffen und begründen. Daran fehlt es hier völlig. Auch hinsichtlich der Bezugnahmen/an das Hineinkopieren der Eintragungen im VZR habe ich Bedenken, ob das ausreicht, ohne das jetzt aber vertifet geprüft zu haben (vgl. dazu BGH NStZ-RR 1996, 266 und OLG Frankfurt NStZ-RR 2009, 23). Es gibt eine Entscheidung des OLG Hamm, die ich aber im Moment nicht wiederfinde :-(, die das als unzulässig ansieht.
Also: Die Kollegin sollte Rechtsbeschwerde einlegen und die mit der Sachrüge begründen. Aussicht auf Erfolg besteht.
Abschließend: Wie man den Tatort vergessen kann, leuchtet mir nicht ein. 🙂 🙁
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„Abschließend: Wie man den Tatort vergessen kann, leuchtet mir nicht ein.“
Vermutlich weil es für einen Kölner Amtsrichter völlig unvorstellbar ist, dass ein Fall nicht in Köln spielen könnte
das mag sein :-), das ändert aber m.E. nichts daran, dass das Urteil an der Stelle eine Lücke hat. Im Zweifel wird das OLG den von Ihnen angedeuteten Weg gehen und schreiben: Das AG Köln ist nur für Köln zuständig. Daraus folgt, dass es sich um einen Vorfall in Köln handelt.Ob das zulässig ist/wäre, bezweifel ich. Aber vielleicht haben wir ja „Glück“ und das OLG sagt etwas dazu.
OLG Hamm VRR 2007, 323
„Im Bereich mit der Kreuzung der Moselstraße missachtete er das Rotlicht auf der Luxemburger Straße“
Gibt es eine Krezung Mosel-/Luxemburgerstr. in D noch in irgendeiner anderen Stadt?
ergibt sich das aus dem Urteil? Und/oder: Ist das gerichts- oder allgemeinbekannt. Ich kann ja verstehen, dass Sie das Urteil des Kollegen retten wollen, aber: M.E. mehr als schwierig. In dem Senat, dem ich früher angehört habe,, wäre es aufgehoben worden. Mal gespannt, was das OLG Köln daraus macht.
Ihr ehemaliger Senat hätte eine Entscheidung aufgehoben, in denen der – am Gerichtsort befindliche – Tatort durch die Angabe von 5 (!) Straßennamen aus der unmittelbaren Umgebung individualisiert wird?
Was haben Ihnen Ihre ehemaligen Kollegen angetan, dass Sie sie derart mutwillig der Lächerlichkeit preisgeben?
Tat“ort“ – welcher „Ort“ denn bitte?
Im Übrigen: „mutwillig der Lächerlichkeit“ – ich darf doch bitten….