Archiv für den Monat: November 2008

Grenzüberschreitende Überwachung U-Haft-vermeidender Auflagen möglich

Auflagen, die gegen einen Verdächtigen als Alternative zur Untersuchungshaft verhängt wurden, können zukünftig EU-weit überwacht werden. Darauf haben sich heute in Brüssel die Justizministerinnen und -minister der EU verständigt. Damit soll Untersuchungshaft weitergehend als bisher vermieden werden können.

Die heutige Einigung knüpft an einen bereits im Dezember 2007 politisch geeinigten Rahmenbeschluss an, mit dem die Möglichkeit der Überwachung von Bewährungsauflagen und alternativen Sanktionen gegenüber Straftätern nach einer Verurteilung innerhalb der EU geschaffen wurde. Der heutige Rahmenbeschluss regelt nun, dass solche Auflagen, die im Rahmen eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens zur U-Haft-Vermeidung gegen einen Beschuldigten verhängt wurden, grenzüberschreitend überwacht werden.

„In einem Europa offener Grenzen, in dem sich seine Bürgerinnen und Bürger frei bewegen, wollen wir Ungleichbehandlungen vermeiden, die sich allein aufgrund des ausländischen Wohnsitzes einer verdächtigen Person ergeben. Denn bislang ist es in einigen Mitgliedstaaten möglich, Verdächtige mit ausländischem Wohnsitz in U-Haft zu nehmen, weil durch die Möglichkeit der Rückkehr an den Wohnsitz, Fluchtgefahr bejaht wird. Eine Aussetzung der Haft gegen Auflagen findet regelmäßig nicht statt, weil die Auflagen im Ausland nicht überwacht werden müssen. Künftig wollen wir vermeiden, dass Verdächtige mit einem Wohnsitz in einem anderen EU-Land nur deshalb in Haft genommen werden, weil keine Verpflichtung zur Überwachung der Auflagen im europäischen Ausland besteht“, sagte Bundesjustizministerin Zypries.

Anders als in Deutschland besteht in einigen Mitgliedstaaten der EU die Möglichkeit, einen Beschuldigten in Untersuchungshaft zu nehmen, wenn die Gefahr besteht, dass er in sein Heimatland zurückkehren könnte. Wird zum Beispiel ein deutscher Staatsangehöriger in Frankreich eines Raubes verdächtigt und besteht die Gefahr, dass er an seinen Wohnort nach Deutschland zurückkehrt, so könnte diese Person in Frankreich wegen Fluchtgefahr in Haft genommen werden. Der zuständige Richter wird in diesem Fall die Haftentscheidung regelmäßig auch nicht gegen Auflagen (z. B. Meldeauflage) aussetzen, da die in Frankreich verhängten Auflagen in der Bundesrepublik Deutschland bislang nicht überwacht werden müssen. Der neue Rahmenbeschluss schafft nunmehr eine rechtliche Verpflichtung zur Überwachung derartiger Auflagen. Damit wird in Zukunft auch in solchen Fällen die Möglichkeit einer Haftaussetzung gegen Auferlegung von Auflagen erleichtert und eine eventuelle Ungleichbehandlung von Verdächtigen mit ausländischem Wohnsitz im Vergleich zu Verdächtigen mit inländischem Wohnsitz vermieden.

In Deutschland kann der Vollzug eines Haftbefehls regelmäßig dann ausgesetzt werden, wenn weniger einschneidende Maßnahmen möglich sind und der Zweck der Untersuchungshaft – die geordnete Durchführung des Strafverfahrens – auch durch alternative Maßnahmen erreicht werden kann. Beispielsweise kann der Fluchtgefahr in geeigneten Fällen dadurch begegnet werden, dass dem Betroffenen auferlegt wird, sich regelmäßig zu bestimmten Zeiten bei einer Polizeidienststelle zu melden. Allein die drohende Gefahr, dass ein Verdächtiger mit ausländischem Wohnsitz in sein Heimatland zurückkehrt, reicht in Deutschland bereits nach geltendem Recht nicht aus, um ihn in Haft zu nehmen. Denn die Rückkehr zum Wohnsitz bedeutet nicht zwingend, dass die betreffende Person sich dem Strafverfahren entziehen wird.

Die Überwachung der Auflagen im EU-Ausland wird künftig durch den Staat, der die Auflagen erlassen hat, mittels eines Formblattes bei dem Staat, der die Auflagen überwachen soll (Aufenthaltsstaat des Verdächtigen), beantragt. Die Überwachung erfolgt dann durch den Aufenthaltsstaat wie bei inländisch erlassenen Auflagen.

Quelle: PM des BMJ

Bundesrat lehnt BKA-Gesetz ab

Das umstrittene Gesetz zur Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus durch das Bundeskriminalamt („BKA-Gesetz“) ist am 28.11.2008 im Bundesrat gescheitert. Mehrere Bundesländer mit Regierungsbeteiligung von SPD, FDP und Grünen hatten sich wie erwartet in der Bundesratsabstimmung über das BKA-Gesetz enthalten. Damit hat die Länderkammer das Projekt von Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) vorerst zu Fall gebracht. Auch für die Anrufung des Vermittlungsausschusses zwischen Bundestag und -rat fand sich keine Mehrheit. Nur die Bundesregierung oder der Bundestag haben jetzt noch die Möglichkeit doch noch ein Vermittlungsverfahren einzuleiten, um einen Kompromiss zu erzielen. Mit dem Gesetz sollte das Bundeskriminalamt (BKA) zur Terrorbekämpfung neue Kompetenzen erhalten und erstmals auch vorbeugend ermitteln dürfen. Hauptstreitpunkte waren die im Eilfall auch ohne richterliche Anordnung vorgesehenen Online-Durchsuchungen von Computern und das eingeschränkte Zeugnisverweigerungsrecht von Journalisten, Rechtsanwälten und Ärzten.

Bußgeld wegen Verstoßes gegen das Hessische Nichtraucherschutzgesetz

Die beiden verurteilten Betroffenen sind Geschäftsführer einer GmbH, die in Frankfurt am Main drei hochpreisige Gaststätten betreibt. Durch Mitarbeiter des Ordnungsamtes der Stadt Frankfurt am Main wurde festgestellt, dass in keiner dieser Gaststätten auf das Rauchverbot hingewiesen wird, was nach dem Hessischen Nichtraucherschutzgesetz erforderlich ist. Stattdessen findet sich an den Gaststätten der Aushang „Für kostenlose Mitgliedschaft in unserem privaten Raucherclub wenden Sie sich bitte an einen Mitarbeiter am Empfang“. Die beiden Betroffenen vertreten die Auffassung das Hessische Nichtraucherschutzgesetz sei nicht anzuwenden, da die Gaststätten „Raucherclubs“ seien.
Dieser Auffassung folgte das Gericht nicht. Da den Gästen nur mitgeteilt wird, dass auf den Tischen Mitgliedsausweise liegen, die sie unterschreiben können, eine entsprechende Unterschrift aber nicht gefordert wird und die Gäste dennoch bedient werden, könne nicht von einem „Raucherclub“ im Sinne einer „geschlossenen Gesellschaft“ gesprochen werden. Es sei zwar ein Eingriff in den grundgesetzlich geschützten sogenannten eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb gegeben, das Rauchverbot habe jedoch den legitimen Gesetzeszweck Nichtraucher vor den erheblichen Gesundheitsgefahren durch Passivrauchen“ in der Öffentlichkeit zu schützen. Gegen das Urteil war Rechtsmittel eingelegt worden. Am 20.08.2008 hat das OLG Frankfurt am Main (Az. 2 Ss – OWi 388/08) in zweiter Instanz die Rechtsbeschwerden der beiden Betroffenen verworfen.

Beschluss des AG Frankfurt am Main vom 14.05.2008, Az.: 941 OWi – 752 Js 14719/08
Quelle: LNCA 2008, 151095 vom 26.11.2008

Das AG Frankfurt am Main hat wegen Verstoßes gegen das Hessische Nichtraucherschutzgesetz erstmals Bußgelder ausgesprochen.

Einziehung der Erträge aus Straftaten soll EU-weit gefördert werden

Die EU-Kommission hat vor einigen Tagen Prioritäten zur Beschlagnahmung und Einziehung von Erträgen aus Straftaten vorgeschlagen. Dadurch soll auf die Prävention von Straftaten hingewirkt werden, weil die meisten Verbrechen aus finanziellen Motiven heraus geschehen. Dem Vorschlag zufolge sollen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, dass wirksame Vermögensabschöpfungsstellen in allen 27 EU-Mitgliedstaaten absolute Priorität haben. Solche Stellen erleichtern das Aufspüren von Erträgen aus Straftaten, die Beschlagnahmeverfahren und die ordnungsgemäße Verwaltung der beschlagnahmten Vermögenswerte. Die Mitgliedstaaten sollten ferner dafür sorgen, dass der grenzüberschreitende Informationsaustausch reibungslos erfolgt, und weitere Hindernisse für Beschlagnahmeverfahren entfernen. Über Europol könnten regelmäßige Kontakte zwischen den Vermögensabschöpfungsstellen in den einzelnen Mitgliedstaaten gewährleistet werden. EUROJUST sollte beim Einfrieren und bei der Beschlagnahme zunehmend in die Zusammenarbeit von Richtern und Staatsanwälten eingebunden werden. Ein einheitliches EU-Ausbildungsprogramm für Finanzermittler wird eingerichtet. Schließlich ist die Verbesserung des Informationsaustauschs mit Vermögensabschöpfungsstellen in Drittländern eine weitere Priorität. Diese Maßnahmen können ergänzt werden durch eine künftige Straffung und Aktualisierung der bestehenden EU-Rechtsvorschriften.

RAF-Terrorist C. Klar wird entlassen

Das OLG Stuttgart hat heute die vorzeitige Entlassung des ehemaligen RAF-Terrorist Christian Klar für den 03.01.2009 beschlossen. Für ihn werden sich nach 26 Jahren Haft die Gefängnistore öffnen, nachdem die Vollstreckung des Restes der gegen Klar verhängten lebenslangen Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden ist. Der GBA hatte das ebenfalls beantragt. Sicherlich eine Entscheidung, die nicht überall auf Zustimmung stoßen wird. Nur es gilt: Gleiches Recht für alle, oder?