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Piep, piep, piep – wir – 2. und 4. Strafsenat des BGH – haben uns wieder lieb

© Blackosaka - Fotolia.com

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Im vergangenen Jahr hat es einen (Zuständigkeits)Streit beim BGH gegeben, in dem es darum ging, ob denn nun der 2. Strafsenat  oder der 4. Strafsenat des BGH aufgrund seiner Sonderzuständigkeit für das Verkehrsstrafrecht über eine Revision zu entscheiden hat. Das war die Frage nach dem Vorliegen eines räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer (§ 316a StGB) bei vorgetäuschter Polizeikontrolle. Der 2. Strafsenat hatte die  Frage u.a. im BGH, Beschl. v. 23.07.2014 – 2 StR 104/14 bejaht, allerdings die Sache an den 4. Strafsenat abgegeben, das aber erst nach durchgeführter Revisionshauptverhandlung. Der 4. Strafsenat war darüber „not amused“ und hatte die Übernahme – getreu dem Grundsatz: „Berührt, geführt“ – abgelehnt (vgl. BGH, Beschl. 09.09.2014 – 4 ARs 20-1/14), was der 2. Strafsenat dann mit einer erneuten Abgabe an den 4. Strafsenat beantwortet hat (BGH, Beschl. v. 08.10.2014 – 2 StR 104/14), der dann mit BGH, Beschl. v. 18.11.2014 – 4 ARs 20-1/14 die Sache dem Präsidium des BGH vorgelegt hat. Entschieden hat dann nach dem „Kompetenzgerangel“ – wohl aufgrund einer Entscheidung des Präsidiums – jetzt der 4. Strafsenat.

Uff, so weit sind wir dann also (endlich). Und nach dem ganzen Hin und Her muss man sich dann aber nicht auch noch darüber wundern, dass der 4. Strafsenat die Sachfrage dann anders sieht als der 2. Strafsenat und ggf. dann noch den Großen Senat für Strafsachen anruft 🙂 . In der Sache  sind sich die Senate einig, wie man dem BGH, Urt. v. 23.04.2015 – 4 StR 607/14 – entnehmen kann und auf das ich, um Wiederholungen zu vermeiden, verweise. Na, dann ist ja alles wieder gut.

Von Ibbenbüren nach Berlin wegdrücken – so einfach ist das nicht

entnommen wikimedia.org Urheber Markus Schweiß

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Vorab, für alle diejenigen, die nicht wissen, wo Ibbenbüren liegt. Das ist ein kleiner Ort am/im Teutoburger Wald, also (noch) in NRW. In der Nähe liegt das „Hockende Weib“, vielleicht hat davon der ein oder andere schon mal gehört. Kleiner Ort, aber mit einem eigenen AG. An dem war ein Jugendstrafverfahren wegen sexuellen Missbrauchs widerstandsunfähiger Personen anhängig. Nun, macht man nicht unbedingt gern. Und das hatte sich der Amtsrichter wohl auch gedacht und hat versucht, die Sache an das AG Berlin Tiergarten „abzugeben“, nachdem der Angeklagte dorthin umgezogen war. Der Amtsrichter in Berlin wollte die Sache aber nun auch nicht haben und so ist der BGH damit befasst worden. Der hat im BGH, Beschl. v. 12.03.20134 – 2 ARs 54/14 und 2 AR 46/14 – die Sache in Ibbenbüren gelassen:

Auf die zulässige Vorlage des Amtsgerichts Ibbenbüren ist dessen Abgabebeschluss aufzuheben. Den Sachakten lässt sich zwar nicht entnehmen, ob der Angeklagte seinen Aufenthaltsort nach Berlin bereits vor Erhebung der Anklage oder erst zwischen Anklageerhebung (3. Juli 2013) und Eröffnungsbeschluss des Amtsgerichts Ibbenbüren (31. Oktober 2013) verlegt hat. Letztlich kann dieses hier aber dahin stehen.

Hat der Angeklagte seinen Aufenthalt bereits vor Erhebung der Anklage gewechselt, kommt eine Abgabe der Sache nach § 42 Abs. 3 JGG von vornherein nicht in Betracht (st. Rspr., vgl. Senat, Beschluss vom 3. Juli 2013 – 2 ARs 244/13 mwN).

Hat der Angeklagte seinen Aufenthalt erst zwischen Anklageerhebung und Eröffnungsbeschluss verlegt, ist die Abgabe der Sache an das für seinen jetzigen Aufenthaltsort zuständige Amtsgericht Berlin-Tiergarten insgesamt nicht zweckmäßig. Der mittlerweile 21-jährige Angeklagte, der zur Tatzeit bereits volljährig war, hat die Tat bestritten. Es sind – worauf auch das Amtsgericht Berlin-Tiergarten hinweist – die vier in der Anklage der Staatsanwaltschaft Münster vom 27. Juni 2013 benannten Zeugen zu hören, die allesamt im Bereich des abgebenden Amtsgerichts wohnen. Der Angeklagte hat einen Vertei-diger aus Ibbenbüren gewählt. Das abgebende Gericht ist zudem mit der Sache vertraut und hatte bereits einen Hauptverhandlungstermin anberaumt, zu dem es u.a. auch einen Sachverständigen des Landeskriminalamts Niedersachsen geladen hatte. Angesichts dieser Besonderheiten tritt der Gesichtspunkt der Entscheidungsnähe in den Hintergrund.“