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Teilwahlanwaltsvergütung neben Prozesskostenhilfe, oder: Eine ganz „besondere“ Vergütungsvereinbarung

Heute bei den RVG-Tag zunächst etwas zur Vergütungsvereinbarung, und zwar das OLG Brandenburg, Urt. v. 25.04.2023 – 6 U 78/22. Allerdings nicht eine der „normalen“ Entscheidungen zu § 3a RVG, sondern etwas Ungewöhliches. Und zwar:

Kläger und Beklagter sind in S. zugelassene Rechtsanwälte. Der Kläger begehrt von dem Beklagten, es zu unterlassen, mit Mandanten Vergütungsvereinbarungen zu treffen, durch die diese für den Fall der Bewilligung von Prozesskostenhilfe verpflichtet werden, an ihn zusätzlich zu der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung (Abschlags-)Zahlungen in Höhe der Differenz zur Wahlanwaltsvergütung (§ 13 RVG) zu leisten. Weiterhin verlangt er von dem Beklagten, es zu unterlassen, entsprechende Gebühren zu verlangen bzw. in Empfang zu nehmen.

Der Klage liegt der folgende Sachverhalt zugrunde:

Am 23.11.2020 hatte der Beklagte mit seiner damaligen Mandantin Frau B… eine „Vergütungsvereinbarung“ getroffen, die auszugsweise lautete:

„I Vergütung

Die Auftraggeberin schuldet dem Rechtsanwalt gemäß § 49b BRAO mindestens die gesetzliche Vergütung.

Der Rechtsanwalt erhält für die Vertretung im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Cottbus wegen Kündigung eine Abschlagszahlung in Höhe von insgesamt 252,30 €. Dieser Berechnung liegt ein Gegenstandswert von 6.000,00 € zu Grunde. Sollte durch das Gericht ein anderer Gegenstandswert festgelegt werden, ist eine Neuberechnung erforderlich.

Diese Abschlagszahlung wird bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühr durch die im Rahmen der Prozess-/Verfahrenskostenhilfe aus der Landeskasse geleisteten Zahlungen ergänzt. (…)

Die Summe von Abschlagszahlung und die von der Landeskasse geleisteten Zahlung entsprechen der gesetzlichen Mindestgebühr.“ (…)

III Fälligkeit

Die vereinbarte Abschlagszahlung ist in monatlichen Raten zu je 50,– auf das Konto der … zu zahlen.“ (Anlage K1, Bl. 8 d.A.).

Am 25.11.2020 fertigte der Beklagte als Prozessbevollmächtigter der Mandantin B… eine Klageschrift verbunden mit einem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und reichte diese bei dem Arbeitsgericht Cottbus ein. Mit Schriftsatz vom 2.12.2020 erweiterte der Beklagte die Klage um 2.000 €. Der Rechtsstreit endete in mündlicher Verhandlung vom 17.12.2020 mit einem Vergleich (vgl. Anlage K3, Bl. 13f. d.A.). Mit Beschluss vom 07.01.2021 gewährte das Arbeitsgericht der Mandantin des Beklagten unter dessen Beiordnung antragsgemäß Prozesskostenhilfe mit Rückwirkung zum 25.11.2020 (Anlage K4, Bl. 15 d.A.). Unter dem 26.01.2021 berechnete der Beklagte gegenüber seiner Mandantin die von ihm beanspruchte Anwaltsvergütung auf Grundlage des nach Klageerweiterung auf 8.000 € erhöhten Gegenstandswerts. Diese übersandt er der Mandantin mit Anschreiben vom selben Tag, in dem er u.a. ausführte: „Ich erlaube mir daher, Ihnen die Neuberechnung, die in der Anlage beigefügt ist, bekannt zu geben und bitte Sie, diesen neuen Betrag in Höhe von 686,14 € bei Ihrer Ratenzahlung zu berücksichtigen“ (Anlage K 5, Bl. 16 f. d.A.).

Der Kläger sah dieses Abrechnungsverhalten des Beklagten als unlauter im Sinne des §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 122 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. §§ 4, 50 RVG, § 307 BGB, § 3a RVG und § 352 StGB an, weil der Beklagte Gebühren verlange und entgegennehme bzw. sich versprechen lasse, die ihm nicht zustünden. Er forderte den Beklagten mit Schreiben vom 01.02.2021 auf, dies künftig zu unterlassen und eine entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Dem kam der Beklagte nicht nach.

Der Kläger hat dann Klage erhoben und beim LG Recht bekommen. Dagegen dann die Berufung des Beklagten, die weitgehend keinen Erfolg hatte.

Das OLG hat sein Urteil umfassen begründet. Ich stelle daraus hier nichts ein, sondern verweise auf den verlinkten Volltext. Das OLG setzt sich umfassend mit der Zulässigkeit einer solchen Vereinbarung auseinander. M.E. lesenswert.