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Pflichti II: Wenn nur Polizeibeamten Zeugen sind, oder: Nicht unbedingt Pflichtverteidiger, aber…

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Ich habe hier ja schon mehrfach in Zusammenhang mit der Bestellung eines Pflichtverteidigers über die Konstellation/den Bestellungsgrund „Nur Polizeibeamte sind Zeugen“ berichtet (vgl. zuletzt den LG Dortmund, Beschl. v. 14.01.2019 – 32 Qs 6/19 – und dazu: Pflichti I: Bestellungsgrund: Ausschließlich Polizeibeamte als Zeugen, oder: Aber auch andere Umstände, oder auch LG Bielefeld, 15.06.2016 – 8 Qs 246/16).

M.E. kann man ausd er Rechtsprechung die Tendenz ableiten, dass in den Fällen ein Pflichtverteidiger zu bestellen ist. Etwas anders sieht das allerdings inzwischen das AG Ebersberg im AG Ebersberg, Beschl. v. 06.09.2019 – 1 Ds 37 Js 16717/19, den mir der Kollege Alte aus Anzing geschickt hat.

Das AG bestellt zwar einen Pflichtverteidiger, aber mit einem „Aber“:

„Zwar ist dem Angeschuldigten nicht ein Pflichtverteidiger zu bestellen, weil eine sachgerechte Verteidigung nur durch Kenntnis des gesamten Akteninhalts gewährleistet ist und als Zeugen hauptsächlich Polizeibeamte in Betracht kommen. Die Entscheidung des LG Dortmund vorn 14.01.2019, Az. 32 Qs 6/19, verkennt insoweit, dass gem. § 147 IV StPO dem Angeschuldigten ein umfassendes Akteneinsichtsrecht zusteht. Die vom LG Dortmund zitierte Entscheidung des LG Bielefeld vom 15.06.2016, Az. 8 Qs 246/16, erging vor der entsprechenden Gesetzesänderung. Die Entscheidung des LG München I vom 29.01.2019, Az. 28 Qs 5/19, die sich mit einem ähnlichen Antrag beschäftigt, betrifft einen anders gelagerten Fall, in welchem maßgeblich darauf  abgestellt wurde, dass der geschädigte Polizeibeamte als Nebenkläger auftrat und anwaltlich vertreten war.

Unabhängig davon ist jedoch die Rechtslage im vorliegenden Fall für einen Laien nicht einfach zu erfassen. Es wird zu prüfen sein, inwieweit eine Vollstreckungshandlung und deren Rechtsmäßigkeit gegeben ist, sodass aus diesem Grund die Bestellung eines Pflichtverteidigers zu erfolgen hat.“

Im Grunde ist die Begründung für die Bestellung noch „schöner“. Denn die Prüfung der Rechtslage beim Widerstand dürfte für einen Laien immer schwierig sein.

Flucht ist kein „Widerstand gegen die Polizei“

© rcx - Fotolia.com

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Wenn ich mich an meine Strafkammerzeit erinnere – lang, lang ist es her – dann erinnere ich mich auch noch daran, dass Verfahren, in denen es um Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) ging, nicht sehr beliebt waren. Denn häufig hatte man zwei gänzlich unterschiedliche Sachverhaltsdarstellungen durch die involvierten Polizeibeamten und durch den (angeblich) Widerstandleistenden. Die Erinnerung kam wieder, als ich den BGH, Beschl. v. 15.01.2015 – 2 StR 204/14 – gelesen habe. Da konnte die Kammer allerdings offenbar eindeutige Sachverhaltsfeststellungen treffen, sie hat sie „nur“ nicht richtig gewürdigt.

Ausgangspunkt war folgender Sachverhalt. Beamte einer zivilen Ermittlergruppe verfolgten mit drei zivilen Fahrzeugen einem von dem Angeklagten, der nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis ist, gesteuerten PKW Smart, in dem sich Diebesgut und Einbruchswerkzeuge befanden, um einen gegen den Mitangeklagten S. , der auf dem Beifahrersitz saß, bestehenden Haftbefehl zu vollstrecken. Als der PKW Smart an einer roten Ampel hielt, erfolgte der Zugriff der Polizeibeamten. Der PKW Opel Astra mit den Polizeibeamten F. und A. stellte sich quer vor den Smart, der PKW Vectra mit den Beamten E. und St. hielt rechts neben dem Smart in einem Abstand von 40 cm an, der PKW Suzuki mit den Polizeibeamten G. und K. stellte sich schräg dahinter. Die Polizeibeamten stiegen aus ihren Fahrzeugen aus. Jedenfalls die Polizeibeamten G. , E. und F. trugen ihre Dienstausweise offen und gut sichtbar, so dass sie als solche erkennbar waren. G. und K. riefen laut und deutlich „Polizei! Türen auf! Aussteigen!“, G. und St. zogen ihre Waffe und nahmen die Sicherungshaltung ein. Der Angeklagte D. , der er-kannt hatte, dass es sich um einen Polizeieinsatz handelte, legte abrupt den Rückwärtsgang ein, lenkte stark nach rechts und setzte das Fahrzeug hastig zurück, um sich der Festnahme zu entziehen. Dabei wurde der Opel Vectra beschädigt. Außerdem wurde der Polizeibeamte E. zwischen der hinteren Ecke des PKW Smart und dem hinteren linken Radhaus des Opel Vectra eingeklemmt, wodurch er am Knie verletzt wurde. Der Angeklagte D. nahm die Beschädigung des Opel Vectra zu Fluchtzwecken billigend in Kauf. Die Kammer konnte dagegen nicht feststellen, dass der Angeklagte D. annahm, auch hinter dem Smart befänden sich Polizeibeamte.

Die Strafkammer hat diesen Sachverhalt als Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte gemäß § 113 Abs. 1 und 3 StGB sowohl in Tateinheit mit Sachbeschädigung (§§ 303 Abs. 1, 303c StGB, als auch mit Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG) gewertet. Indem der Angeklagte D. versucht habe, sich der Polizeikontrolle durch Festnahme zu entziehen und zu diesem Zweck den PKW Smart abrupt trotz der ihn einkeilenden drei Fahrzeuge zurücksetzte, habe er bewusst und gewollt mit Gewalt Widerstand gegen die rechtmäßige Diensthandlung der Polizeibeamten geleistet.

Der BGH sagt: Nein, ist nicht richtig, denn:

„…Unter Widerstand ist eine aktive Tätigkeit gegenüber dem Vollstreckungsbeamten mit Nötigungscharakter zu verstehen, mit der die Durchführung einer Vollstreckungsmaßnahme verhindert oder erschwert werden soll (BGH NStZ 2013, 336). Nach dem Schutzzweck des § 113 StGB muss die Gewalt gegen den Amtsträger gerichtet und für ihn – unmittelbar oder mittelbar über Sachen – körperlich spürbar sein (BGHSt 18, 133; Lackner/Kühl, 28. Aufl. 2014, § 113 StGB Rn. 5). Bloße Flucht vor der Polizei ist kein (gewaltsamer) Widerstand, auch wenn dadurch gegebenenfalls Dritte gefährdet oder unvorsätzlich verletzt werden (BGH NStZ 2013, 336; Fischer StGB, 62. Aufl. 2015, § 113 Rn. 23).

Danach fehlt es hier an einem Widerstandleisten im Sinne von § 113 StGB. Da der Polizeibeamte E. vom Angeklagten unbemerkt um das Heck des PKW Smart herumlief, als der Angeklagte das Fahrzeug zurücksetzte, fehlt es bereits an der für den äußeren Tatbestand erforderlichen, gewaltsamen, gegen die Person des Vollstreckenden gerichteten Handlung. Ebenso wenig wird der für die Verwirklichung des § 113 StGB notwendige Vorsatz deutlich, durch eine nötigende Handlung gegen den Vollstreckungsbeamten die Vollstre-ckungsmaßnahme zu verhindern oder zu erschweren; festgestellt ist lediglich, dass der Angeklagte D. die Beschädigung des Opel Vectra billigend in Kauf nahm, nicht jedoch, dass er die Verletzung eines der Polizeibeamten im Rechtssinne gebilligt hat.“