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Einziehung I: Einziehung des Wertes der Beute, oder: Surrogateinziehung

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Heute am „Tag der deutschen Einheit“ dann mal wieder ein paar Entscheidungen zu Einziehungsfragen (§§ 73 ff. StGB). Man merkt m.E. im Übrigend eutlich, dass die Änderung des Rechts der Vermögensabschöpfung zum 01.07.2017 inzwischen bei den Gerichten angekommen ist. Es ist eine deutliche Zunahme von Entscheidungen, die sich mit den damit zusammenhängenden Fragen befassen, festzustellen.

Im BGH, Beschl. v. 03.07.2018 – 2 StR 117/18 – waren die Angeklagten u.a. wegen schweren Raubes verurteilt worden. Außerdem ist eine Goldkette eingezogen sowie die Einziehung von Wertersatz gegen einen Angeklagten S. in Höhe von 55.720 € und gegen Angeklagten B. in Höhe von 55.100 €, davon in Höhe von 44.000 € als Gesamtschuldner, angeordnet worden.Die Revisionnen der Angeklagten hatten hinsichtlich der Einziehungsentscheidungen Erfolg.

„2. Hingegen halten die Einziehungsentscheidungen in mehrfacher Hinsicht rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Zu Recht hat das Landgericht zwar im Fall 1 der Urteilsgründe die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe des erbeuteten, aber bei dem Angeklagten S. und seinen gesondert verfolgten Mittätern nicht mehr vorhandenen Bargelds von 720 € gegen diesen angeordnet (§ 73c Satz 1 StGB). Es hat aber versäumt, insoweit eine gesamtschuldnerische Haftung auszusprechen.

b) Im Fall 2 der Urteilsgründe hat die Strafkammer ohne Rechtsfehler angenommen, dass sämtliche Tatbeteiligte, darunter die Angeklagten S. und B. , die tatsächliche Mitverfügungsgewalt über die gesamte Beute im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB erlangt haben. Im Grundsatz nicht zu beanstanden ist deshalb die Einziehung eines dem Wert des Goldschmucks entsprechenden Geldbetrags. Insoweit ist die Strafkammer zwar rechtlich unbedenklich von einem Wert des gesamten erbeuteten Schmucks von 44.000 € ausgegangen, hat aber bei der Bemessung des einzuziehenden Werts des veräußerten Goldschmucks nicht den Wert der beim Angeklagten S. sichergestellten Goldkette in Abzug gebracht, deren Einziehung sie zusätzlich angeordnet hat. Hinsichtlich der „Königskette“, die der Angeklagte B. nach der Tat getragen hat, bleibt im Übrigen offen, ob insoweit die Voraussetzungen einer Einziehung von Wertersatz gemäß § 73c Satz 1 StGB gegeben sind. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, ob sich diese Kette nach wie vor im Besitz des Angeklagten befindet oder ob sie zwischenzeitlich veräußert wurde oder zumindest nicht mehr auffindbar ist. Nur im zweiten Fall wäre auch insoweit die Einziehung von Wertersatz zulässig (§ 73c Satz 1 StGB), während ansonsten die Einziehung der Goldkette – unter gleichzeitiger Reduzierung des Betrags von 44.000 € für die Einziehung des Wertes von Taterträgen um den Wert der „Königskette“ – anzuordnen gewesen wäre (§ 73 Abs. 1 StGB).

Rechtsfehlerhaft ist auch die über den Wert des Goldschmucks hinausgehende (zusätzliche) Anordnung der Einziehung des Werts des Erlöses, den beide Angeklagte durch Veräußerung ihres Beuteanteils erzielt und anschließend verbraucht haben. Zwar hätte der Erlös von 11.000 € bzw. 11.100 € als Veräußerungssurrogat gemäß § 73 Abs. 3 Nr. 1 StGB eingezogen werden können, wenn er noch beim Angeklagten vorhanden gewesen wäre. In diesem Fall hätte neben der Surrogateinziehung aber nur noch auf Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe der Differenz zwischen dem Gesamtwert des ursprünglich erlangten Goldschmucks und dem Surrogatwert erkannt werden dürfen (vgl. § 73c Satz 2 StGB). Eine Einziehung des Werts eines Veräußerungssurrogats, das – wie hier – nicht mehr vorhanden ist und daher nicht eingezogen werden kann, sieht das Gesetz nicht vor. § 73c StGB bezieht sich, wie sich aus Satz 2 der Vorschrift ergibt, nicht auf die Einziehung des Werts von Surrogaten, sondern allein auf die Einziehung des Werts des zunächst durch die Tat Erlangten. Erst recht kann nicht zusätzlich zur Einziehung des (vollen) Werts des zunächst Erlangten die Einziehung des Werts eines nicht mehr vorhandenen Surrogats angeordnet werden. Durch eine solche Kumulation sowohl des Wertes des zunächst Erlangten als auch des Surrogatwerts würde mehr abgeschöpft, als dem Vermögen des Täters zugeflossen ist. Dies ließe sich mit Sinn und Zweck der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung, die keine Nebenstrafe darstellt, nicht vereinbaren.“

Strafzumessung II: Bandendiebstahl, oder: Wert der Beute von Bedeutung?

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Auch die zweite Entscheidung des heutigen Tages, der BGH, Beschl. v. 30.05.2017 – 3 StR 136/17 – behandelt einen Klassiker. Dass das der Fall ist, kann man m.E. immer aus den vorhandenen Hinweisen/Zitaten der eigenen Rechtsprechung des BGH ableiten. So auch hier, wenn es bei einer Verurteilung u.a. wegen schweren Bandendiebstahls um die Berücksichtigung des Wertes der gestohlenen Sachen geht. Das ist – nach auch schön älterer Rechtsprechung – zulässig:

1. Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung, um den Er-folgsunwert der Diebstahlstaten zu bestimmen, rechtsfehlerfrei auf den Bruttoverkaufspreis der in den Geschäftsräumen des Einzelhandels entwendeten Kleidungsartikel abgestellt; es war nicht gehalten, den Nettoeinkaufspreis zu ermitteln:

Der objektive Verkehrswert der gestohlenen Sache zum Zeitpunkt der Tat stellt ein taugliches Strafzumessungskriterium dar. Die Grenze der Geringwertigkeit nach § 243 Abs. 2 und § 248a StGB, in der nach der gesetzlichen Wertung ein erheblich verminderter Erfolgsunwert zum Ausdruck kommt (vgl. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 581), richtet sich ebenfalls nach diesem Wert (vgl. BGH, Beschluss vom 29. Oktober 1980 – 4 StR 534/80, NStZ 1981, 62, 63; ferner RG, Urteil vom 12. November 1917 – 1 D 437/17, GA 65 [1918], 545, 546; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. März 1987 – 5 Ss 44/87 – 48/87 I, NJW 1987, 1958).

Ist die Sache beim Gewahrsamsinhaber zum Verkauf bestimmt, so bemisst sich der objektive Verkehrswert nach ihrem konkreten Verkaufspreis als dem tatsächlichen Marktpreis (vgl. SSW-StGB/Kudlich, 3. Aufl., § 243 Rn. 43; MüKoStGB/Schmitz, 2. Aufl., § 243 Rn. 67; LK/Vogel, StGB, 12. Aufl., § 243 Rn. 58). Auch die im Einzelhandel ausgewiesene Umsatzsteuer ist dabei Bestandteil dieses Preises (s. AG Kassel, Urteil vom 12. Dezember 2012 – 282 Ds – 2820 Js 13802/12, juris Rn. 35). Auf Wiederbeschaffungs- oder Herstellungskosten kommt es für die Verkehrswertbemessung hingegen nicht an (vgl. LK/Vogel, aaO). Das gilt umso mehr, als anderenfalls der Verkehrswert von schuldindifferenten Zufälligkeiten abhinge, beispielsweise davon, ob in Verkaufsräumlichkeiten Ware, die ein Kunde bereits an sich genommen hat, vor oder nach dem Bezahlvorgang gestohlen wird.

2. Ebenso ohne Rechtsfehler hat das Landgericht davon abgesehen, bei der Tat II. 5 etwaige saisonbedingte Preisreduzierungen zur Verkaufsförderung in Abzug zu bringen. Der dem zugrundeliegende Gedanke, dass der reguläre Verkaufspreis die Wertvorstellung der Marktteilnehmer prägt, ist sachlich nicht zu beanstanden.