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Stark besoffen und brutal ==> Strafschärfung? So einfach nicht.

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Das LG trifft folgende Feststellungen: Die beiden Angeklagten wollten dem späteren Tatopfer, einem ihnen bekannten Obdachlosen, eine gewaltsame Abreibung erteilen. Sie schlugen dem Geschädigten zu-nächst gemeinsam mehrfach mit der Faust ins Gesicht, bis er zu Boden ging und dort wehrlos liegen blieb. Nunmehr traten sie gemeinsam – teilweise gleichzeitig – aus bloßer Freude an der Ausübung körperlicher Gewalt mit beschuhten Füßen mehrfach mit mindestens bedingtem Tötungsvorsatz wuchtig gegen den Kopf des Tatopfers ein. Das Tatopfer, das durch die sein Gesicht bis zur Unkenntlichkeit entstellenden Misshandlungen u.a. ein schweres Schädel-Hirn-Trauma und multiple Frakturen am Kopf sowie massive innere Blutungen erlitt, verstarb noch am Tatort an den Folgen der Gewalteinwirkung. Die – sachverständig beratene – Schwurgerichtskammer ist davon ausgegangen, dass beide Angeklagte aufgrund ihrer Alkoholisierung (Blutalkoholkonzentration zur Tatzeit von 3,39 ‰ bzw. 3,50 ‰) in ihrer Steuerungsfähigkeit erheblich vermindert waren (§ 21 StGB). In der Strafzumessung hat sie zu Lasten beider Angeklagten gewertet, dass sie besonders brutal vorgegangen seien.

Das passt dem BGH nicht. Er hat im BGH, Beschl. v. 18.06.2013 – 2 StR 104/13 – aufgehoben:

„Nach ständiger Rechtsprechung darf die Art der Tatausführung einem Angeklagten nur dann ohne Abstriche strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie in vollem Umfang vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in ei-ner von ihm nicht oder nur eingeschränkt zu vertretenen geistig-seelischen Be-einträchtigung liegt (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 1 StR 223/00, StV 2001, 615; Urteil vom 17. Juli 2003 – 4 StR 105/03, NStZ-RR 2003, 294; Beschluss vom 8. Oktober 2002 – 5 StR 365/02, NStZ-RR 2003, 104; Beschluss vom 31. Januar 2012 – 3 StR 453/11, NStZ-RR 2012, 169; Fischer, StGB, 60. Aufl., § 46 Rn. 32). Damit, ob den Angeklagten die ihnen vorgewor-fene „besondere Brutalität“ ihres Vorgehens trotz ihrer Rauschzustände, die ihre erheblich verminderte Steuerungsfähigkeit begründet haben, uneinge-schränkt vorwerfbar ist, setzt sich das Urteil indes nicht auseinander. Sie kann jeweils auch Ausdruck der verminderten Schuldfähigkeit gewesen sein. Dass das Landgericht diese Möglichkeit bei der strafschärfenden Berücksichtigung der Art der Tatausführung übersehen oder aus den Augen verloren haben könnte, lässt sich hier auch aus der Gesamtschau der Strafzumessungserwägungen nicht ausschließen.“

 

Strafzumessung: Art der Tatausführung muss vorwerfbar sein

Zum Wochenende dann mal wieder ein wenig Strafzumessung, und zwar aus dem BGH, Beschl. v.29.11.2011 – 3 StR 375/11 –:

Der Angeklagte ist wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 9 Jahren 6 Monaten verurteilt worden.  Das LG trifft u.a. folgende Feststellungen:

Der Angeklagte „verlor die Kontrolle“. Um Frau S. zu töten, fügte er ihr unter Verwendung zweier (vorgefundener) Messer zwölf Stichverletzungen zu, davon zehn im zentralen Bauchbereich, die teilweise die Bauchhöhle eröffneten und innere Organe verletzten. Anschließend versetzte er ihr mit einem Hammer zwei Schläge gegen den Kopf; jedenfalls beim zweiten Schlag lag Frau S. bereits auf dem Boden. Infolge der Bauchverletzungen verblutete sie nach wenigen Minuten. Die Hammerschläge verursachten Impressionsfrakturen mit Eröffnung der Hirnhaut, waren aber für sich nicht tödlich. Infolge einer tiefgre-fenden Bewusstseinsstörung „in Gestalt affektiver Entladung“, verbunden mit einem „extrem aggressiven Impulsdurchbruch“, war die Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zum Tatzeitpunkt erheblich vermindert. „

Bei der Bemessung der Strafe hat das LG zu Lasten des Angeklagten den „brutalen Tathergang“ berücksichtigt. Der Angeklagte habe „über den eigentlichen Tötungsakt hinaus“ in erheblichem Maße Gewalt angewandt, indem er seinem Opfer zunächst eine Vielzahl schwerer Stichverletzungen und sodann, auch als es bereits am Boden lag, noch erhebliche Kopfverletzungen beigebracht habe.

Der BGH sagt: Geht hier so nicht:

Diese Erwägung begegnet unter den hier gegebenen Umständen durch-greifenden rechtlichen Bedenken; denn die Art der Tatausführung darf einem Angeklagten nur dann strafschärfend zur Last gelegt werden, wenn sie vorwerfbar ist, nicht aber, wenn ihre Ursache in einer von ihm nicht zu vertretenen geistig-seelischen Beeinträchtigung liegt (BGH, Beschluss vom 29. Juni 2000 – 1 StR 223/00, StV 2001, 615; Urteil vom 17. Juli 2003 – 4 StR 105/03, NStZ-RR 2003, 294; Beschluss vom 8. Oktober 2002 – 5 StR 365/02, NStZ-RR 2003, 104; Beschluss vom 16. Juli 2003 – 1 StR 251/03, NStZ-RR 2003, 362). Damit, ob dem Angeklagten die ihm vorgeworfene „Brutalität“ seines Vorge-hens trotz des affektbedingten „extrem aggressiven Impulsdurchbruchs“ unein-geschränkt vorwerfbar ist, setzt sich das Urteil indes nicht auseinander. „