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Freiwillig in der Therapie – nicht auf freiem Fuß?

Die Frage, ob der Verteidiger des Mandanten, der sich freiwillig in einer stationären Therapie befindet, den sog. Haftzuschlag nach Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG beanspruchen kann, ist umstritten. Ich meine, dass ist möglich und vertrete das auch so in Burhoff (Hrsg.) RVG Straf- und Bußgeldverfahren, 3. Aufl. 2011, Vorbem. 4 VV Rn. 88 (vgl. zu dem neuen Buch hier). Von der h.M. wird das anders gesehen.

Dazu zählt auch der Beschl. des LG München v. 08.01.2008 – 1 Ws 1/08, auf den ich über eine Diskussion im Rechtspflegerforum aufmerksam geworden bin und den ich mir dann beim OLG München besorgt habe. Das OLG hat ihn mir komplikationslos gefaxt. Hätte ich gar nicht mit gerechnet.

Beschluss ist schon etwas älter, aber aus „Fairnessgründen“ sollte man auch über ihn berichten. Das Argument mit den anderen Krankenhäusern liest sich ja ganz gut, ist m.E. aber nicht durchgreifend, weil die Folgen, wenn ich ein Krankenhaus verlasse, strafverfahrensrechtlich nicht so schwerwiegend sind, wie ein Therapieabbruch. Aber: Die h.M. sieht es anders. Muss man mit leben und ist ja auch nicht eine so ganz wesentliche Frage.

Betreutes Wohnen ist nicht Haft

Die Anwendung des im RVG vorgesehenen sog. Haftzuschlages (vgl. Vorbem. 4 Abs. 4 VV RVG) läuft in der Praxis nicht ganz problemlos.

Schwierigkeiten gibt es einmal, weil vielfach auf die Frage abgestellt wird, ob in der Person des Verteidigers aufgrund der Inhaftierung des Mandanten Erschwernisse tatsächlich entstanden sein müssen, was nicht der Fall ist, da es sich um eine Pauschalregelung handelt. Zum anderen gibt es auch Problem bei der Frage, was eigentlich „nicht auf freiem Fuß“ bedeutet. Klar, das U-Haft und Strafhaft „nicht auf freiem Fuß ist. Aber was ist mit dem offenen Vollzug und was ist mit der Unterbringung, wenn die schon in einem Wohnheim in der Form des betreuten Wohnens vollzogen wird.

Zu letzterem hat jetzt das OLG Stuttgart in einem Beschl. v. 27.07.2010 – 5 Ws 120/10 ausgeführt, dass das nicht „nicht auf freiem Fuß“ ist, da sich der Untergebrachte – anders als im offenen Vollzug – frei bewegen könne.

Stimmt m.E. Stimmt im Übrigen auch überein mit der Rechtsprechung des KG (RVGreport 2008, 463 = RVGprofessionell 2008, 212 = NStZ-RR 2009, 31 = JurBüro 2009, 83 = StRR 2009, 156).