Heute dann ein Tag mit OWi-Entscheidungen. Da hat sich in der letzten Zeit einiges angesammelt. Allen Kollegen, die mir Entscheidungen geschickt haben, an dieser Stelle (noch einmal) ein herzliches Dankeschön.
Dieses erste Posting enthält verschiedene Entscheidungen zur (Akten)Einsicht bzw. besser: Zur Einsicht in Messunterlagen. Dazu stelle ich folgende Entscheidungen – hier nur mit dem Leitsatz – vor:
- KG, Beschl. v. 20.04.2021 – 3 Ws (B) 84/21 – in dem das KG zu den Anforderungen an die Verfahrensrüge des Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, mit der geltend gemacht wird, die Hauptverhandlung hätte wegen bislang nicht gewährter Einsicht in Rohmessdaten ausgesetzt werden müssen, Stellung genommen hat, und zwar:
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- Das Recht des Betroffenen auf Einsicht in nicht bei den Akten befindliche Messunterlagen hat seinen Ursprung im Recht auf Gewährleistung eines fairen Verfahrens nach Art. 6 EMRK.
- Die zulässige Verfahrensrüge erfordert insbesondere die Darlegung, dass der Betroffene den Zugang zu nicht zur Akte genommenen Unterlagen schon rechtzeitig im Bußgeldverfahren begehrt und im Verfahren nach § 62 OWiG weiterverfolgt hat.
- KG, Beschl. v. 03.06.2021 – 3 Ws (B) 148/21 – mit einem Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Verletzung rechtlichen Gehörs und wegen fehlender Urteilsgründe, und zwar mit:
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- Die geltend gemachte Verweigerung des Zugangs zu dem Gericht nicht vorliegenden (Mess-)Unterlagen stellt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar.
- Eine ausdehnende Auslegung oder analoge Anwendung der Regelung des § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG auf Fälle von Verstößen gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens kommt nicht in Betracht.
- Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör durch die Ablehnung eines Beweisantrages kann im Zulassungsverfahren nur dann vorliegen, wenn die Ablehnung willkürlich ist.
- Eine Zulassung der Rechtsbeschwerde erfolgt nicht allein deshalb, weil das amtsgerichtliche Urteil nicht mit Entscheidungsgründen versehen ist.
- AG Fürth, Beschl. v. 22.06.2021 – 4511 OWi 709 Js 105159/21 – mit dem Leitsatz:
Aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren ergibt sich daher, dass auch ein privater Gutachter Einsicht in die gesamte Messreihe bekommen muss.
- AG Grevenbroich, Beschl. v. 21.6.2021 – 12 OWi 92_21(b) – mit dem Leitsatz:
Für die Überprüfung einer Geschwindigkeitsmessung benötigt der Betroffene den Zugang zu den Messunterlagen, insbesondere zu den Rohmessdaten in Form des vollständigen Messfilms. Diese sind herauszugeben. Datenschutzrechtliche Belange stehen nicht entgegen.
- AG Herne, Beschl. v. 4.6.2021 – 22 OWi 697/21 – mit dem Leitsatz:
Die Einschätzung, ob bestimmte Informationen für die Verteidigung von Bedeutung sein können, obliegt in erster Linie der Verteidigung. Ungeachtet der Bedenken, die hinsichtlich der Relevanz der gesamten Messreihe im Hinblick auf die konkrete Messung des Betroffenen bestehen, kann die Möglichkeit aus der gesamten Messreihe potentielle Entlastungsmomente abzuleiten nicht von vorneherein und pauschal verneint werden. Die Daten sind herauszugeben. Datenschutzrechtliche Belange stehen nicht entgegen.