In der zweiten Entscheidung, dem OLG Hamm, Beschl. v. 28.05.2019 – 4 RBs 147/19 -, geht es auch um eine Vernehmung, und zwar um die Vernehmung der sog. Verhörsperson nach Zeugnisverweigerung eines Zeugen. Aus dem Aktenzeichen erkennt man: Ergangen ist der Beschluss in einem (straßenverkehrsrechtlichen) Bußgeldverfahren. Das hatte der Verwaltungsbeamte die Mutter des Betroffenn befragt, die den Sohn als Fahrer identifiziert hatte. Später hat die Mutter von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Das OLG sagt: Die Vernehmung der Verhörsperson ist/war unzulässig:
„Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat in ihrer Antragsschrift Folgendes ausgeführt:….
„….Die gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 2 OWiG statthafte Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden und daher zulässig. Ihr ist auch in der Sache ein – zumindest vorläufiger – Erfolg nicht zu versagen, da das Amtsgericht verfahrensfehlerhaft unter Verletzung von § 252 StPO i. V. m. § 71 Abs. 1 OWiG Angaben der Mutter des Betroffenen gegenüber einem im Wege der Amtshilfe für die Verwaltungsbehörde ermittelnden Bediensteten des Amts für öffentliche Sicherheit und Ordnung des Kreises X in die Hauptverhandlung eingeführt und im Urteil verwertet hat. Im Einzelnen:
3. Im Bußgeldverfahren dürfen die Angaben eines vor der Hauptverhandlung vernommenen oder informatorisch befragten Zeugen, der sich erst in der Hauptverhandlung berechtigt auf sein Zeugnisverweigerungsrecht beruft, gemäß § 252 StPO i. V. m. § 71 Abs. 1 OWiG weder verlesen noch – über den Wortlaut der Vorschrift hinaus – durch Vernehmung nichtrichterlicher Verhörspersonen oder anderer Zeugen in die Hauptverhandlung eingeführt werden. Nachdem die Mutter des Betroffenen am 21.08.2018 gegenüber dem Zeugen T Angaben zur Fahrerermittlung gemacht hatte, sich jedoch später auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht nach § 46 Abs. 1 OWiG i. V. m. § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO berufen hat, hätten ihre Angaben daher – anders als geschehen – nicht durch Einvernahme des Zeugen T in die Hauptverhandlung eingeführt und zu Lasten des Betroffenen verwertet werden dürfen. Für einen Verzicht der Zeugin auf das Verwertungsverbot – zu den Anforderungen zu vgl. Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Auflage, § 252 Rdnr. 16a – ist nichts ersichtlich.
4. Es ist nicht auszuschließen, dass das Urteil auf diesem Verfahrensfehler beruht, da das Gericht seine Überzeugung von der Täterschaft des Betroffenen maßgeblich auch damit begründet hat, dass dessen Mutter angegeben habe, dass im Tatzeitraum außer dem Betroffenen kein weiteres Familienmitglied das Tatfahrzeug genutzt habe.
5. Das angefochtene Urteil ist daher gemäß § 79 Abs. 6 OWiG auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen aufzuheben und zur erneuten Prüfung und Entscheidung an das Amtsgericht Siegen zurückzuverweisen, wobei es einer Aufhebung der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung und zu deren Höhe nicht bedarf.“
Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an und ergänzt, dass es eines Widerspruchs gegen die Verwertung der Angaben der Mutter des Betroffenen in der Hauptverhandlung nicht bedurfte (vgl. Schmitt/Meyer-Goßner, StPO, 61. Aufl., § 252 Rdn. 18). Für eine Zurückverweisung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts hat der Senat keinen Anlass gesehen.“
Ist ein in meinen Augen klassischer Fehler des AG. Denn die mit der Problematik zusammenhängenden Fragen sind so etwas von ausgekaut……