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Verjährungsunterbrechung bei OWi: Man muss schon wissen, von wem die Verfügung kommt…

© ferkelraggae - Fotolia.com

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Ein schöner Erfolg für die Verteidigung ist im Bußgeldverfahren immer die Einstellung wegen Eintritts der Verfolgungsverjährung, um die häufig heftig gestritten wird. Ob das in dem dem OLG Hamm, Beschl. v. 25.03.2014 – 1 RBs 45/14 – zugrunde liegenden Verfahren auch der Fall war, kann man an dem Beschluss nicht erkennen. Aber eingestellt worden ist 🙂 , und das, weil die Unterschrift unter einer behördlichen Verfügung fehlte.

Das angefochtene Urteil war auf die zulässige Rechtsbeschwerde des Betroffenen hin aufzuheben und das Verfahren nach §§ 46 OWiG, 206a StPO einzustellen, da Verfolgungsverjährung nach § 26 Abs. 3 StVG eingetreten ist.

Der Betroffene soll die ihm zur Last gelegte Tat am 08.02.2013 begangen haben. Zunächst lief die dreimonatige Verjährungsfrist nach § 26 Abs. 3 StVG. Der am 27.02.2013 erlassene Bußgeldbescheid konnte ihm zunächst nicht zugestellt werden, da die Adressangabe (möglicherweise aufgrund einer Verwechslung des Wohnortes schon bei Aufnahme des Sachverhalts durch die Polizei) falsch war. Der Erlass dieses Bußgeldbescheides hat die Verjährung zum Zeitpunkt des Erlasses nicht unterbrochen, da er nicht binnen zwei Wochen zugestellt werden konnte (§ 33 Abs. 1 Nr. 9 OWiG).


Mit einer nicht unterzeichneten und auch sonst die Person des Ausstellers namentlich nicht erkennen lassenden, offensichtlich nicht automatisierten Verfügung vom 08.03.2013 wurde das Verfahren vorläufig eingestellt. In der Folgezeit erließ die Verwaltungsbehörde am 21.03.2013, 08.04.2013, 08.05.2013 und 29.05.2013 Anordnungen zur Feststellung des Aufenthalts des Betroffenen. Die vorläufige Einstellung war vorliegend nicht geeignet die Verjährung nach § 33 Abs. 1 Nr. 5 OWiG zu unterbrechen. Nach § 33 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ist die Verjährung bei – wie hier – schriftlichen Anordnungen in dem Zeitpunkt unterbrochen, in dem die Anordnung unterzeichnet wird. Mangels Unterzeichnung lässt sich dieser Zeitpunkt nicht feststellen. In der Rechtsprechung wird als Unterzeichnung auch ein Handzeichen für ausreichend erachtet (OLG Dresden DAR 2004, 534; OLG Hamm, Beschl. v. 11.08.2005 – 2 SsOWi 312/05 – […]; OLG Zweibrücken NZV 2001, 483). Darüber hinaus soll selbst das Fehlen eines solchen Handzeichens unschädlich sein, wenn sich der behördliche Wille der Unterbrechungshandlung auf andere Weise mit Gewissheit feststellen lässt (OLG Hamm a.a.O.; BayObLG, Beschl. v. 20.11.2003 – 1 ObOWi 459/03 -[…] LS; vgl. auch OLG Saarbrücken ZfSch 2009, 532). Ob an dieser Ansicht im Hinblick auf den Wortlaut des § 33 Abs. 2 OWiG in dieser Allgemeinheit festgehalten werden kann, mag hier dahinstehen. Im vorliegenden Fall lässt sich der o.g. behördliche Wille nicht mit Sicherheit feststellen. Die Verfügung über die vorläufige Einstellung lässt noch nicht einmal ihren Aussteller (etwa durch einen aufgedruckten Namenszusatz) erkennen und während die Verfügungen zur Aufenthaltsermittlung jeweils eine – wenn auch unleserliche – Unterschrift aufweisen, ist dies bei dieser Verfügung nicht der Fall. Angesichts dessen kann nicht mit letzter Sicherheit entschieden werden, ob es sich bei der Verfügung lediglich um einen Entwurf oder aber um eine vom behördlichen Willen getragene Unterbrechungshandlung handelt. Angesichts dessen hatten auch die nachfolgenden Anordnungen zur Aufenthaltsermittlung keine verjährungsunterbrechende Wirkung.

Als der Bußgeldbescheid dem Betroffenen am 26.06.2013 schließlich zugestellt wurde, war bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, da ansonsten keine verjährungsunterbrechenden Handlungen ersichtlich sind.

Verjährungsunterbrechung im Bußgeldverfahren

Der OLG Bamberg, Beschl. v. 14.01. 2011 – 3 Ss OWi 2062/10 -(mir erst jetzt bekannt geworden) ist u.a. wegen der angesprochenen Frage der Verjährungsunterbrechung von Interesse. Das AG hatte ein anthropologisches SV-Gutachten eingeholt und das Gutachten dann dem Verteidiger zur Stellungnahme übersandt. Darin liegt – so das OLG – eine Unterbrechung der Verjährung nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OWiG. Dazu im Einzelnen:

Die hierdurch nach § 33 III 1 OWiG in Lauf gesetzte Verjährungsfrist von 6 Monaten wurde durch die Anordnung der Übersendung des schriftlichen Sachverständigengutachtens an den Verteidiger der Betroffenen zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen am 08.07.2010 nach § 33 I 1 Nr. 2 OWiG wiederum unterbrochen. Denn hierin liegt eine Anordnung der richterlichen Vernehmung der Betr. i.S.v. § 33 I 1 Nr. 2 OWiG. Der Begriff der Vernehmung ist im OWiG nicht bestimmt, sondern über § 46 I OWiG den §§ 136, 163 a StPO zu entnehmen (Rebmann/Roth/Herrmann OWiG 3. Aufl. § 33 Rn. 10). Nach § 163 a I 2 StPO liegt eine Vernehmung in einfachen Sachen, um die es sich in Bußgeldsachen im Regelfall handelt, vor, wenn dem Betr. Gelegenheit gegeben wird, sich zu äußern (OLG Oldenburg NJW 1970, 719 f.; OLG Brandenburg NStZ-RR 1999, 279 f.; Rebmann/Roth/Herrmann a.a.O.; Göhler OWiG 15. Aufl. § 33 Rn. 10). Auch sind die bei der Vernehmung als Mindestvoraussetzung gemäß §§ 46 Abs. 1, 55 OWiG i.V.m. §§ 163 a, 136, 136 a StPO zu wahrenden Förmlichkeiten beachtet. Die Betr. wurde gemäß § 136 I StPO i.V.m. § 71 I OWiG in der Hauptverhandlung gemäß § 136 StPO belehrt.

Zu der anderen Frage dann gleich mehr.