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StPO II: Verfahrensverbindung durch Vereinbarung? oder: Gleiche Ordnung der Gerichte?

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Die zweite Entscheidung, der BGH, Beschl. v. 06.07.2022 – 2 StR 53/22 – äußert sich zu einer Verbindungsentscheidung des LG, das den Angeklagten wegen „Diebstahls in 17 Fällen, in Tatmehrheit mit Betrug in 29 Fällen, wobei es in 5 Fällen beim Versuch blieb, davon in den 24 übrigen Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung, in Tatmehrheit mit Computerbetrug in 7 Fällen, wobei es in 4 Fällen beim Versuch blieb, in Tatmehrheit mit Unterschlagung in 1 Fall“ verurteilt hat. Der Angeklagte hatte Revision eingelegt. Die hatte Erfolg. Wegen eines Teils der ausgeurteilten Fälle moniert der BGH eine fehlerhafte Bewesiwürdigung und hat deshlab aufgehoben. Wegen einer anderer Fälle hat der BGH das Verfahren an das AG Fulda zurückgegeben. Dazu führt er aus:

„1. Die Verurteilung des Angeklagten in den Fällen II. 51 bis 56 der Urteilsgründe kann wegen eines von Amts wegen zu beachtenden Verfahrenshindernisses nicht bestehen bleiben. Die Strafkammer des Landgerichts Kassel war für die Entscheidung nicht zuständig.

a) Die Taten II. 51 bis 56 der Urteilsgründe waren Gegenstand einer Anklage der Staatsanwaltschaft Fulda vom 8. Oktober 2020, die zum Amtsgericht Fulda – Strafrichter – erhoben und mit Beschluss vom 30. November 2020 zur Hauptverhandlung zugelassen wurde. Bei den den Angeklagten betreffenden Fällen II. 1 bis 48 der Urteilsgründe handelt es sich um Vergehen, die die Staatsanwaltschaft Kassel am 5. Januar 2021 beim Landgericht Kassel angeklagt hat.

Nach Korrespondenz zwischen dem Amtsgericht Fulda und dem Landgericht Kassel wurde das beim Amtsgericht Fulda rechtshängige Verfahren vor Beginn der Hauptverhandlung mit Zustimmung der beteiligten Staatsanwaltschaften und nach Gelegenheit zur Stellungnahme für den Angeklagten mit Verfügung des Vorsitzenden vom 7. Mai 2021 vom Landgericht Kassel „übernommen“.

Mit Beschluss vom 27. Oktober 2021 hat das Landgericht Kassel unter Ziffer 1 der Entscheidung die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Kassel vom 5. Januar 2021 zur Hauptverhandlung zugelassen und vor der 9. Großen Strafkammer des Landgerichts eröffnet. Zugleich hat die Strafkammer unter Ziffer 2 des Beschlusses vom 27. Oktober 2021 das vom Amtsgericht Fulda übernommene Verfahren zu dem bei ihm anhängigen Verfahren hinzu verbunden.

b) Die Übernahme und Verbindung ist unwirksam (vgl. BGH, Beschluss vom 11. Juli 2013 – 3 StR 166/13 Rn. 3 mwN). Eine hier offensichtlich ins Auge gefasste Verfahrensverbindung gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 StPO durch Vereinbarung der Gerichte kam nicht in Betracht, weil eine solche Verbindung nur bei Strafsachen möglich ist, die bei verschiedenen örtlich zuständigen Gerichten gleicher Ordnung anhängig sind. Soll aber – wie hier ‒ eine nicht nur die örtliche, sondern auch die sachliche Zuständigkeit ändernde Verbindung erfolgen, kann dies, wenn die Gerichte nicht alle zum Bezirk des ranghöheren Gerichts gehören, nur nach § 4 Abs. 2 Satz 2 StPO durch eine Entscheidung des gemeinschaftlichen oberen Gerichts erfolgen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 11. Juli 2013 – 3 StR 166/13, Rn. 4; vom 8. Juni 2021 ‒ 4 StR 68/21, Rn. 4). Dies wäre hier allein das Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Eine solche Entscheidung ist aber nicht ergangen. Eine „Heilung“ dieses Mangels durch einen Verbindungsbeschluss des Bundesgerichtshofs im Revisionsverfahren kommt unter anderem auch deshalb nicht in Betracht.

c) Die Sache ist daher insoweit nicht beim Landgericht Kassel anhängig geworden. Das sich hieraus ergebende, nach § 6 StPO von Amts wegen zu beachtende Verfahrenshindernis bedingt die beantragte Teilaufhebung des angefochtenen Urteils in den Fällen II. 51 bis 56 der Urteilsgründe. Die Sache ist in diesem Umfang noch beim Amtsgericht Fulda rechtshängig und deshalb an dieses entsprechend § 355 StPO zurückzugeben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Juni 2021 – 4 StR 68/21; vom 11. Juli 2013 – 3 StR 166/13).

Aus neun mach eins – aus eins mach (wieder) neun – ist für die Kasse interessant

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Gebührenrechtlich interessant ist der LG Bremen, Beschl. v. v. 13.06.2012 – 5 Qs 146/12. Nicht wegen der allgemeinen Ausführungen des LG zur Terminsgebühr, denn es  ist unebstritten, dass der Rechtsanwalt/Verteidiger die Terminssgebühr bereits dann verdient, wenn ein (gerichtlicher) Termin stattgefunden hat, an dem er teilgenommen hat. Dabei ist grundsätzlich ausreichend, wenn der Rechtsanwalt anwesend ist. Er muss im Termin keine besonderen Tätigkeiten erbracht haben. Der Umfang der Tätigkeiten hat nur über die Zeitdauer und damit mittelbar Auswirkungen.

Nein interessanter wegen der Häufigkeit des Anfalls der Gebühren bei folgender Konstellation: Gegen den Betroffenen sind neun Bußgeldverfahren anhängig, die zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden werden (als keine Verschmelzungsverbindung). In der Hauaptverhandlung nimmt der Betroffene dann den Einspruch im führenden Verfahren zurück. Es ergeht dann „Auf Antrag des Betroffenen und seines Verteidigers“ folgender Beschluss: Die verbundenen Verfahren 73 OWi 630 Js 6155/11, 6963/11, 12684/11, 13223/11, 16869/11, 19310/11, 21843/11 und 620 Js 24772/11 werden jeweils abgetrennt und gemäß § 47 Abs.2 OWG eingestellt. Die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen fallen der Staatskasse zur Last.“

Ergebnis: Die verbundenen Verfahren folgen (wieder) eigenen Regeln. Dazu das LG Bremen:

Deshalb hat der Verteidiger in diesem Verfahren nach Abtrennung von dem führenden Verfahren die Terminsgebühr in allen verbunden gewesenen Verfahren verdient, denn sie sind „jeweils“ von dem führenden Verfahren abgetrennt und sonach (gesondert) eingestellt worden. Zumindest bis zur Verfahrenseinstellung ist über die Verfahrenseinstellung auch Hauptverhandlung geführt worden, denn die Verfahrenseinstellung ist innerhalb und nicht außerhalb der Hauptverhandlung erfolgt.“

Und verdient wird nicht nur achtmal die Terminsgebühr, sondern auch die übrigen Gebühren mal acht.Die insoweit bereits entstandenen Gebühren sind durch die Verbindung nicht verloren gegangen. 🙂

Den Rechtsanwalt freut das sicherlich. 😀