Und, damit das Trio komplett wird, als dritte Entscheidung dannnoch ein Beschluss des BayObLG. In der Entscheidung, dem BayObLG, Beschl. v. 28.10.2019 – 202 StR 1438/19 -, also schon etwas älter, geht es um die Anerkennung der ausländischen EU-Fahrerlaubnis beim Umtausch einer in einem EU-Mitgliedsstaat unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip erteilten Fahrerlaubnis in die Fahrerlaubnis eines anderen EU-Mitgliedsstaats.
Die Feststellungen verdeutlichen etwas besser, worum es geht:
„a) Nach den Feststellungen des Landgerichts zum Erwerb und Verlust von Fahrerlaubnissen durch den Angeklagten verfügte dieser noch nie über eine deutsche Fahrerlaubnis. Der Angeklagte erwarb jedoch am 07.12.2004 eine tschechische Fahrerlaubnis der Klasse B, in der als Hauptwohnsitz Leipzig eingetragen war. Tatsächlich lebte der Angeklagte zum Zeitpunkt des Erwerbs der tschechischen Fahrerlaubnis bzw. Ausstellung des tschechischen Führerscheins in Leipzig. Über einen Wohnsitz in der Tschechischen Republik verfügte er weder zum Zeitpunkt des Erwerbs der Fahrerlaubnis noch danach, sondern hielt sich lediglich zum Zwecke des Erwerbs der tschechischen Fahrerlaubnis wenige Wochen in der Tschechischen Republik auf. Diesen tschechischen Führerschein ließ der Angeklagte im Jahr 2010 während eines neunmonatigen Aufenthalts in Großbritannien umschreiben. Eigenen Angaben zufolge soll er zum damaligen Zeitpunkt in London gewohnt haben. In seinem am 03.10.2010 ausgestellten britischen Führerschein ist als Wohnort eine Anschrift in London eingetragen. Unter Ziffer 13 des britischen Führerscheins befindet sich der Vermerk „70 CZ“, aus dem sich ergibt, dass der britische Führerschein auf der Grundlage einer tschechischen Fahrerlaubnis ausgestellt wurde.“
Die Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG) hat das LG darauf gestützt, dass der Angeklagte zum Tatzeitpunkt nicht berechtigt war, in der Bundesrepublik Deutschland fahrerlaubnispflichtige Kraftfahrzeuge zu führen. Die dem Angeklagten am 07.12.2004 erteilte tschechische Fahrerlaubnis sei unter Verstoß gegen das Erfordernis eines Wohnsitzes im Ausstellerstaat erteilt worden (§ 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV), was sich unmittelbar aus der festgestellten Eintragung des Wohnsitzes Leipzig im Führerschein ergebe. Dieser „Wohnsitzmangel“ wirke in dem vom Angeklagten durch Umtausch der tschechischen Fahrerlaubnis am 03.10.2010 erworbenen britischen Führerschein fort.
Das BayObLgG hat aufgehoben. Es stellt seiner Entscheidudng folgende Leitsätze voran.
1. Ein Umtausch einer ausländischen (hier: tschechischen) EU-Fahrerlaubnis nach Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/126/EG stellt nicht lediglich eine bloße Dokumentation oder Fortschreibung einer früher erteilten Fahrerlaubnis dar, sondern – auch ohne erneute Eignungsprüfung – eine eigenständige Neuerteilung einer anderen ausländischen (hier: britischen) Fahrerlaubnis, auf die der Ausnahmetatbestand des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV uneingeschränkt Anwendung findet (Anschluss an OLG München, Beschl. v. 11.12.2017 – 4 OLG 15 Ss 336/ 17 [unveröffentlicht] und OLG Jena, Beschl. v. 08.07.2013 – 1Ss 17/13 = NZV 2013, 509 = VRS 125 [2013], 40 = Blutalkohol 50 [2013], 302).
2. Als Neuerteilung löst damit auch eine im Wege des Umtauschs erteilte EU-/EWR-Fahrerlaubnis grundsätzlich die Anerkennungspflicht nach § 28 Abs. 1 Satz 1 FeV aus, sofern nicht Ausnahmen nach § 28 Abs. 4 Satz 1 FeV greifen, wobei ein früherer Wohnsitzverstoß bei Erteilung der umgetauschten EU-/EWR Fahrerlaubnis nicht automatisch auf die Gültigkeit der von einem anderen EU/EWR-Mitgliedsstaat umgeschriebenen Fahrerlaubnis fortwirkt. Einer analogen Anwendung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV auf den Fall des Umtauschs einer unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip erlangten EU-/EWR-Fahrerlaubnis in eine andere (ausländische) Fahrerlaubnis stehen der strafrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG) und das daraus folgende Analogieverbot (§ 1 StGB) entgegen.
Rest bitte selbst lesen 🙂 .