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U-Haft III: Begriff „derselben Tat“, oder: „besondere Schwierigkeit“/„besonderer Umfang der Ermittlungen“

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Und als dritte U-Haft-Entscheidung dann noch der OLG Oldenburg, Beschl. v. 25.01.2021 – 1 HEs 1/21 -, auch im Haftprüfungsverfahren nach den §§ 121, 122 StPO ergangen.

Die amtlichen Leitsätze befassen sich mit dem Begriff „derselben Tat“. Insoweit hat das OLG dem Beschluss folgende Leitsätze mitgegeben:

  1. Im Rahmen des § 121 StPO ist ein von demjenigen des § 264 StPO abweichender, erweiterter Tatbegriff zugrunde zu legen.
  2. Dies hat zur Folge, dass im Falle des Erlasses eines Urteils – welches auf eine Freiheitsstrafe oder freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung in einem Verfahren erkennt, in welchem ein weiterer Haftbefehl vorliegt, welcher auf Taten gestützt wird, die in den ersten Haftbefehl hätten einbezogen werden können, da sie dem erweiterten Tatbegriff unterfallen – eine Prüfung der Haftfortdauer gem. § 121 StPO hinsichtlich beider Haftbefehle jedenfalls vom Erlass des Urteils an bis zum Abschluss des Verfahrens bzw. zur Aufhebung des (weiteren) Haft-befehls nicht zu erfolgen hat.
  3. In die im Anschluss daran für die Vorlage maßgebende Frist gem. § 121 Abs. 2 StPO ist zumindest die Zeitspanne vom Erlass des Urteils bis zum Verfahrensabschluss bzw. der Aufhebung des Haftbefehls in diesem Verfahren auch dann nicht einzubeziehen, wenn das Parallelverfahren nicht mit einer Verurteilung endet.
  4. Die Frist bestimmt sich alleine nach der vom Zeitpunkt möglicher Einbeziehung der Taten in den Haftbefehl bis zum Erlass des Urteils verstrichenen Zeit unter Hinzuziehung der nach Verfahrensabschluss laufenden Zeitspanne.
  5. Ob darüber hinaus auch die Dauer der Hauptverhandlung selbst auf dem Hintergrund des § 121 Abs. 3 Satz 2 StPO unberücksichtigt zu bleiben hat, kann vorliegend angesichts der Urteilsverkündung am ersten Hautverhandlungstag dahinstehen.

Aber das OLG macht auch Ausführungen zur „Beschleunigung“, und zwar:

„b) Die besonderen Voraussetzungen für den Vollzug von Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen ebenfalls vor. Auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Akten erst nach Fristablauf vorgelegt worden sind und deshalb erhöhte Anforderungen an die Prüfung des wichtigen Grundes zur Fortdauer der Untersuchungshaft zu stellen sind (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20.01.2013 – 2 BL 3/03, NStZ-RR 2003, 143; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.03.1997 – 3 HEs 91/97, NStZ 1997, 452), rechtfertigen die besondere Schwierigkeit der Ermittlungen sowie der besondere Umfang der Sache die Fortdauer der Untersuchungshaft.

Der Verlängerungsgrund der „besonderen Schwierigkeit“ und des „besonderen Umfangs der Ermittlungen“ lässt sich vor allem mit der Anzahl und den Besonderheiten der aufzuklärenden Taten, dem Ausmaß der erforderlichen Ermittlungen – auch wenn sie dadurch mitbedingt sind, dass der Beschuldigte von seinem Schweigerecht nach § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO Gebrauch macht –, der Notwendigkeit, aufgetretene Widersprüche zu klären, der zeitraubenden Auswertung einer Vielzahl von Dokumenten, der Anzahl der Beschuldigten, Zeugen und Sachverständigen sowie der Schwierigkeiten ausländischer Ermittlungen rechtfertigen (vgl. Schultheis, in KK-StPO8, § 121 Rn. 14 m.w.N.).

Dies ist hier der Fall.

Die Strafverfolgungsorgane haben insbesondere seit der Festnahme des Beschuldigten sowie der Mitbeschuldigten alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen getroffen, die Ermittlungen so schnell wie möglich voranzutreiben. Von den Ermittlungsbehörden zu vertretende Verfahrensverzögerungen sind nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Staatsanwaltschaft und die mit den polizeilichen Ermittlungen betraute Ermittlungsgruppe der Zentralen Kriminalinspektion Osnabrück, die seit dem 2. Juni 2020 über einen beachtlichen Personalbestand von 25 Beamten/-innen verfügt, – wie aus dem Übersendungsbericht der Staatsanwaltschaft Osnabrück vom 5. Januar 2021 ersichtlich – nahezu werktäglich das Verfahren gefördert.

Der Umstand, dass die Ermittlungen in der hiesigen Sache gleichwohl bis heute nicht abgeschlossen werden konnten, ist allein dem Umfang der Ermittlungen und der Vielzahl der im Raume stehenden Straftaten der Beschuldigten, die nach Lage der Akten einen Gesamtschaden im zweistelligen Millionenbereich zu verantworten haben, geschuldet. Es sind weit mehr als 1000 Urkunden auf ihre Echtheit zu prüfen. Von insgesamt ca. 130 Datenträgern, die bislang bei den Beschuldigten sichergestellt wurden und die einen Gesamtdatenbestand von mehreren Terabyte aufweisen, sind bislang etwa 100 ausgewertet worden. Das Einlassungsverhalten der Beschuldigten trägt ebenfalls zur besonderen Schwierigkeit der Ermittlungen bei: Auch wenn der Beschuldigte die Begehung der Taten zulasten der EE GmbH, der FF GmbH und der CC GmbH eingeräumt hat, ist dies durch weitere Ermittlungen zu überprüfen, da dessen schriftliche Einlassung an zahlreichen weiteren Punkten nach Aktenlage nachweislich wahrheitswidrig ist. Ob und in welchem Umfang der Beschuldigte im Rahmen seiner Vernehmung vom 17. November 2020 die Wahrheit gesagt hat, wird zur Zeit ermittelt. Das Einlassungsverhalten des Mitbeschuldigten GG erschwert ebenfalls die Ermittlungen, indem er etwa erst unter dem 3. September 2020 den PIN-Code seines sichergestellten Mobiltelefons den Ermittlungsbehörden mitgeteilt, dessen Auslesen bis dato nicht möglich war. Seine am 18. September 2020 eingegangene Einlassung ist bereits nach Aktenlage widerlegt und ersichtlich von dem Bestreben getragen, Mitbeschuldigte zu schonen. Nach Aktenlage besteht ferner der Verdacht, dass auch die Mitbeschuldigte HH lediglich Teile ihres Tatwissens preisgegeben hat. Der Mitbeschuldigte II schweigt hingegen bis heute; auf seine Computer konnten die Ermittlungsbehörden bis dato keinen Zugriff nehmen, da sie verschlüsselt sind. Nennenswerte Aufklärungsbemühungen gehen einzig von der Mitbeschuldigten JJ aus, die allerdings nach Aktenlage eine Vielzahl an offenen Fragen schlichtweg nicht beantworten kann. Zudem tragen die derzeitige Covid-19-Pandemie und die damit einhergehenden Maßnahmen zum Zwecke des Arbeits- und Infektionsschutzes ebenfalls nicht zur Beschleunigung des Verfahrens bei. Schließlich sind Rechtshilfeersuchen nach Andorra und Großbritannien, die in separaten AR-Vorgängen gestellt wurden, bis heute nicht beantwortet worden.

Von der Möglichkeit, aus Gründen des Beschleunigungsgebotes Teilanklage gegen den Beschuldigten und die weiteren Beschuldigten zu erheben, konnte kein Gebrauch gemacht werden, da keiner der – auch für sich genommenen äußerst umfangreichen – Ermittlungskomplexe aufgrund des Umfangs und der besonderen Schwierigkeit der Sachlage polizeilich ausermittelt werden konnte.“