Wer kennt ihn nicht den Spruch: „Wer nicht hören will, muss fühlen…“? An ihn wurde ich erinnert beim Lesen des OLG Brandenburg, Beschl. v. 27.08.2015 – (2 Z) 53 Ss-OWi 299/15 (141/15), ergangen in einem (straßenverkehrsrechtlichen) Bußgeldverfahren. Das AG hatt in dem Verfahren nach Einspruchseinlegung Termin zur Hauptverhandlung auf den 19.03.2015 anberaumt und den Betroffenen und seinen Verteidiger zu diesem geladen. Mit Schriftsatz vom 27.01.2015 hatte der Verteidiger beantragt, den anberaumten Termin zu verlegen, weil er an jenem Tag bereits vor das LG Berlin geladen sein. Er hat dabei darum gebeten, den Termin auf „die spätere Mittagszeit“ zu verlegen, um ihm die Anreise aus Berlin zu ermöglichen. Mit Verfügung vom 29.01.2015 hat das AG dem Verteidiger mitgeteilt, seine Verhinderung sei nicht belegt. Daraufhin hat der Verteidiger unter dem 19.02. 2015 seine Ladung vor das LG Berlin vom 29.08.2014 zum 19.03.2015, 12.00 Uhr, zu den Akten gereicht. Mit Verfügung vom 24.02.2015 hat das AG dem Verteidiger mitgeteilt, die Ladung des LG Berlin sei an seine Kanzlei gerichtet und belege seine Verhinderung nicht. In der Hauptverhandlung hat das AG dann den Einspruch des Betroffenen gem. § 74 Abs. 2 OWiG verworfen.
Das OLG Brandenburg hebt auf:
„Mit dieser Verfahrensweise hat das Amtsgericht zwar nicht dem Betroffenen das rechtliche Gehör versagt (BayObLG, Beschluss vom 31. Mai 1994, Az.: 2 ObOWi 194/94, zitiert nach juris; OLG Hamm BeckRS 2013, 00035). Denn Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet nur das rechtliche Gehör als solches, nicht aber gerade durch einen Rechtsanwalt (BVerfG NJW 1984, 862).
Das Amtsgericht hat aber durch die Ablehnung des Terminsverlegungsantrages des Verteidigers gegen die prozessuale Fürsorgepflicht verstoßen.
Nach §§ 46 Abs. 1 OWiG, 137 Abs. 1 Satz 1 StPO kann sich der Betroffene in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Verteidigers bedienen. Dies ist Ausdruck des Rechts auf ein faires Verfahren und ist nicht auf Fälle notwendiger Verteidigung beschränkt (BayObLG a.a.O.; OLG Hamm a.a.O.).
Zwar ist die Terminierung grundsätzlich Sache des Vorsitzenden. Dieser ist aber gehalten, über Anträge auf Terminsverlegung nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der eigenen Terminplanung, der Gesamtbelastung des Spruchkörpers, des Gebotes der Verfahrensbeschleunigung und der berechtigten Interessen der Verfahrensbeteiligten zu entscheiden (vgl. OLG Karlsruhe NZV 2006, 217, Meyer-Goßner, StPO, 58. Aufl., § 213 Rn. 7 m.w.N.). Dabei kommt es maßgeblich auch darauf an, ob die prozessuale Fürsorgepflicht eine Verlegung geboten hätte (OLG Karlsruhe a.a.O.).
Hier hat der Verteidiger rechtzeitig und mit nachvollziehbarer Begründung erstmals einen Antrag auf Verlegung des Termins zur Hauptverhandlung gestellt (vgl. dazu OLG Karlsruhe a.a.O.). Umstände, die die Ablehnung dieses Antrages bei Ausübung pflichtgemäßen Ermessens rechtfertigen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere hat der Verteidiger seine Verhinderung durch die Vorlage seiner Ladung vor das Landgericht Berlin hinreichend glaubhaft gemacht. Der Umstand, dass diese Ladung nicht an ihn selbst, sondern an seine Kanzlei gerichtet ist, steht dem nicht entgegen, wenn nicht Anhaltspunkte vorliegen, die entsprechende Erklärungen des Rechtsanwalts zu seiner persönlichen Verhinderung zweifelhaft erscheinen ließen. Das ist hier aber nicht der Fall.“
Tja, wer nicht hören will, muss fühlen. Oder: Wer nicht will, der hat schon, bzw. Das dicke Ende kommt dann hinterher.