Und zum Abschluss des heutigen Tages dann eine vollzugsrechtliche Entscheidung vom KG. Es geht um einen wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten, der seine Strafe in der JVA Tegel, einer Haftanstalt der höchsten Sicherheitsstufe, verbüßt. Der hat beantragt, ihm drei DVDs mit pornographischen Filmen („Deutschland Swing Party“), die sich bei seiner Habe befinden, auszuhändigen. Die Filme sind von der „Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft“ (FSK) mit „FSK ab 18“ gekennzeichnet worden. Das KG sagt im KG, Beschl. v. 11.02.2016 – 2 Ws 312/15 Vollz: Die Filme gibt es nicht.
„Das Landgericht hat in seiner überzeugenden und sorgfältig begründeten Entscheidung zu Recht angenommen, dass die Überlassung von „FSK 18-Filmen“ „das Ziel des Vollzuges“ sowie „die Sicherheit und Ordnung der Anstalt“ im Sinne des § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG gefährden würde.
In der Vergangenheit ist dies in einzelnen obergerichtlichen Entscheidungen für die dortigen Vollzugsanstalten zwar anders bewertet worden. So hat das OLG Hamburg (Beschluss vom 25. Juni 2008 – 3 Vollz [Ws] 43/08 –, juris) die Auffassung vertreten, dass die Kennzeichnung „FSK 18“ kein geeignetes Kriterium sei, um eine Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt anzunehmen. Denn Kriterien für den Entwicklungsstand eines Kindes oder eines Jugendlichen könnten nicht als Maßstab für eine Gefährdung der Anstaltssicherheit im Erwachsenenvollzug herangezogen werden (OLG Hamburg a.a.O.; im Ergebnis ebenso OLG Frankfurt NStZ 2008, 220).
Die ganz überwiegende Anzahl der Oberlandesgerichte wie auch der angefochtene Beschluss gehen hingegen davon aus, dass (jedenfalls) bei Justizvollzugsanstalten mit einem erhöhten Sicherheitsstandard die Herausgabe von Medien mit einer FSK 18-Kennzeichnung wegen der von ihnen ausgehenden abstrakten Gefährdung der Sicherheit der Anstalt und der Vollzugsziele ohne weitere Prüfung des Einzelfalles abgelehnt werden kann (OLG Naumburg FS 2015, 201; OLG Hamm, Beschluss vom 23. September 2014 – III-1 Vollz [Ws] 352/14 –, juris; OLG Koblenz NStZ 2011, 350; OLG Brandenburg NJ 2008, 74; OLG Schleswig, Beschluss vom 25. Januar 2008 – 2 VollzWs 533/07 [291/07] –, juris; OLG Celle, Beschluss vom 9. Mai 2006 – 1 Ws 167/06 [StrVollz] –, juris). Dem schließt sich der Senat an.
Nach § 2 Satz 1 StVollzG soll der Gefangene im Vollzug der Freiheitsstrafe „fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung eine Leben ohne Straftaten zu führen“. Diesem vom Gesetzgeber allen anderen Grundsätzen des StVollzG vorangestellten Vollzugsziel würde es jedoch ersichtlich zuwiderlaufen, wenn Gefangenen einer Justizvollzugsanstalt ein schrankenloser Zugang zu Medien mit FSK 18-Freigabe oder gar ohne jede Freigabe gewährt würde. Denn derartige Medien weisen vielfach Inhalte auf, die im Widerspruch zu dem genannten Vollzugsziel stehen. Nicht selten werden darin Gewalt verherrlicht oder einzelne gesellschaftliche Gruppen diskriminiert. Gerade in den vom Beschwerdeführer begehrten „Pornofilmen“ wird häufig ein falsches, nämlich einem partnerschaftlichen Rollenverständnis der Geschlechter entgegenstehendes Bild vermittelt und Sexualität auf ein reines Instrumentarium der Triebbefriedigung reduziert (vgl. a.a.O. OLG Naumburg, OLG Hamm, OLG Brandenburg).
Es liegt auf der Hand, dass der Konsum solcher Medien in einer Anstalt mit einem hohen Anteil wegen Gewalt- und Sexualdelikten verurteilter Personen dem Resozialisierungsauftrag des Gesetzgebers widerspricht und ihn geradezu konterkariert (vgl. jeweils a.a.O. OLG Hamm, OLG Koblenz, OLG Schleswig). Zudem darf nicht übersehen werden, dass insbesondere pornografische Darstellungen im Strafvollzug beliebte Handels- und Tauschobjekte darstellen, damit zu Abhängigkeiten unter den Gefangenen und (auch) dadurch zur Gefährdung der Sicherheit und Ordnung der Anstalt führen kann (vgl. OLG Brandenburg a.a.O.).
Das Verbot des Besitzes solcherlei Medien kann – wie hier in einer Hausordnung geschehen – generell-abstrakt für allen Gefangenen einer JVA angeordnet werden. Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes als für andere gefährliche Sachen im Sinne des § 70 Abs. 2 Nr. 2 StVollzG (vgl. dazu mit jeweils weit. Nachweisen: Senat, Beschluss vom 28. Dezember 2015 – 2 Ws 289/15 Vollz – zu Spielkonsolen, Beschluss vom 19. April 2007 – 2/5 Ws 342/06 Vollz – zu DVBT-Decodern und OLG Celle StV 1994, 436 zu Computern). Denn die Vollzugsbehörde wäre mit den ihr zur Verfügung stehenden personellen und sachlichen Mitteln überfordert, wenn sie in jedem Einzelfall, mithin für jeden Strafgefangenen und erst nach vollständiger Durchsicht eines jeden Datenträgers, entscheiden müsste, ob ein Medium für einen Strafgefangenen geeignet ist oder nicht (vgl. jeweils a.a.O. OLG Hamm, OLG Koblenz). Zudem wäre selbst ein solch immenser Prüfungs- und Kontrollaufwand ersichtlich unzureichend. Denn dadurch könnte nicht verhindert werden, dass die Medien selbst oder Kopien ihrer Inhalte an andere (ungeeignete) Gefangene weitergegeben werden (vgl. a.a.O. OLG Hamm, Koblenz, Naumburg).“
Also: Kein Pornokino in der JVA.