Das OLG Oldenburg hat sich jetzt in einem brandaktuellen Beschluss vom 22.12.2009 – 1 Ss 210/09 – mit dem Begriff der sexuellen Handlung auseinandersetzen müssen. Die vietnamesische Angeklagte hatte es zugelassen habe, dass ihr zur Tatzeit 6jähriger Sohn mehrmals ihre unbekleidete Brust ergriff und an der Brust saugte bzw. leckte, ohne dass dies einem Stillvorgang gedient habe. Das LG hatte festgestellt, dass die Angeklagte bewusst in Kauf genommen habe, dass der Sohn ihre Bekleidung hochschob, um an die nackte Brust zu gelangen. Die Angeklagte habe ihn in seiner von ihm ausgehenden Initiative bestärkt, indem sie während des Vorgangs von je etwa 30 Sekunden Dauer ihre Hand zärtlich um den Kopf oder den Rücken des Kindes legte, ohne ihn zurückzuweisen. Bei der rechtlichen Würdigung hatte das Landgericht u. a. ausgeführt, das Verhalten der Angeklagten stelle nach seinem äußeren Erscheinungsbild eine eindeutig sexualbezogene Handlung von einiger Erheblichkeit dar. Die Duldung der Intimitäten im Brustbereich könne im Laufe der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit der Kinder zu einer ungezügelten Sexualisierung des kindlichen Verhaltens führen.
Das OLG hat das Vorliegen einer sexuellen Handlung verneint. Eine solche liege objektiv vor, wenn die Handlung das Geschlechtliche im Menschen zum unmittelbaren Gegenstand hat und für das allgemeine Verständnis nach ihrem äußeren Erscheinungsbild eine Sexualbezogenheit erkennen lässt, Dies treffe zwar für das Betasten einer unbekleideten weiblichen Brust grundsätzlich zu, gelt jedoch nicht für diese festgestellten Vorgänge. Denn diese weisen in ihrem Erscheinungsbild keinen sexuellen Bezug auf. Die Erwägung des LG, dass die Duldung der ´Intimitäten im Brustbereich im Laufe der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit der Kinder zu einer ungezügelten Sexualisierung des kindlichen Verhaltens führen´ könne, erschien dem OLG abwegig. Der Sohn habe äußerlich erkennbar aufgrund eines spielerischen Impulses gehandelt oder weil er Geborgenheit suchte, ohne dass Sexualität dabei irgendeine Rolle gespielt hätte. Das Verhalten der Angeklagten war nach seinem objektiven Erscheinungsbild in keiner Weise sexualbezogen.