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OWi I: Dauerbrenner Einsicht in Messunterlagen, oder: Verfassungsbeschwerde in Bayern und einige AG

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Urheber Jepessen

Und heute dann mal ein wenig OWi.

Und ich starte mit Entscheidungen zur (Akten)Einsicht, dem Dauerbrenner im OWi-Verfahren.

Zunächst der Hinweis auf den BayVerfGH, Beschl. v. 13.01.2022 – 61-VI-19. Ergangen ist er in einem Verfahren, in dem um beim OLG Bamberg um die (Akten)Einsicht in Unterlagen und Daten von Geschwindigkeitsmessungen gestritten worden ist. Die „Besonderheit“: Die Einsicht war im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht und demgemäß auch kein Antrag nach 3 62 OWiG gestellt. Erst im gerichtlichen Verfahren ist Überlassung der Daten beantragt worden.

Das BayVerfGH hat die Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf den Grundsatz der materiellen Subsidiarität als unzulässig angesehen, weil eben nicht schon bei der Verwaltungsbehörde Einsicht beantragt worden ist. Insoweit m.E. nichts Neues.

Geltend gemacht worden war dann noch, das die Entscheidung über die Rechtsbeschwerde nicht gemäß § 80a Abs. 3 OWiG auf den Senat übertragen worden war und die Sache nicht nach § 121 Abs. 2 GVG dem BGH vorgelegt worden ist. Das sagt der BayverfGH: Zulässig, aber unbegründet:

„Entsprechend kommt hier ein Verstoß gegen Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV dadurch in Betracht, dass der Einzelrichter am Bayerischen Obersten Landesgericht die Sache nicht gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG auf den mit drei Richtern besetzten Senat übertragen hat, der dann in eigener Verantwortung über eine Vorlage an den Bundesgerichtshof gemäß § 121 Abs. 2 GVG i. V. m. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG hätte entscheiden müssen (vgl. Bär in Graf, BeckOK OWiG, § 80 a Rn. 11; Hadamitzky in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Auflage 2018, § 80 a Rn. 10). Zu einer eigenständigen Vorlage der Rechtsbeschwerde gemäß § 121 Abs. 2 GVG wäre der Einzelrichter nicht befugt gewesen (BGH vom 28.7.1998 BGHSt 44, 144).

2. Vorliegend ist aber nicht davon auszugehen, dass der Richter, der den angegriffenen Beschluss erlassen hat, in willkürlicher, offensichtlich unhaltbarer Weise die Voraussetzungen des § 80 a Abs. 3 Satz 1 OWiG verneint hat……“

Und dann noch ein wenig von den AG:

Der Verteidiger hat auch bei einem standardisierten Messverfahren Anspruch auf Zurverfügungstellung des Schulungsnachweises des Messbeamten und einer Kopie der digitalen Falldaten im gerätespezifischen Formal nebst dazugehörigem öffentlichen Schlüssel (Token) für die gesamte Messreihe des Vorfallstages.

Benötigt der Verteidiger die Daten der kompletten Messserie, um die Vollständigkeit des Messfilms und das Vorliegen von Besonderheiten im Rahmen von Messungen zu überprüfen, ist die Bußgeldbehörde aufgrund der Entscheidung des BVerfG vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18 – verpflichtet, die digitalen Daten der kompletten Messserie des Tattages an den Verteidiger herauszugeben. Ein Anspruch auf Einsicht in die sogenannte Lebensakte des Messgeräts besteht nicht.

Der Betroffene hat ein Recht auf Zugang zu den nicht bei der Bußgeldakte befindlichen, aber bei der Bußgeldbehörde vorhandenen Informationen zu dem ihn betreffenden Messvorgang.