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OWi III: Letztes Wort nicht gewährt, oder: Rügeanforderungen

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Und die dritte und letzte Entscheidung greift dann noch einmal eine Problematik auf, die immer wieder eine Rolle spielt. Die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs im Rechtsbeschwerdezulassungsverfahren und der ausreichende Vortrag. Hier war es die Rüge, dass der Betroffene nicht das letzte Wort erhalten habe. Die hat das OLG Frankfurt im OLG Frankfurt, Beschl. v. 08.09.2020 – 2 Ss-OWi 817/20 – als unzulässig, weil nicht ausreichend begründet, angesehen:

„Soweit der Betroffene die Rüge der Verletzung rechtlichen Gehörs mit der Begründung erhebt, er habe „das letzte Wort“ nicht erhalten, ist die insoweit erforderliche Verfahrensrüge nicht in einer den Darlegungsanforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO i. V. m. § 80 Abs. 3 OWiG genügenden Weise erhoben worden und somit unzulässig. So ist es nicht nur erforderlich, den tatsächlichen Ablauf der Hauptverhandlung wiederzugeben sowie den für die Beurteilung der Beachtung des § 258 StPO maßgeblichen Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls (OLG Jena, Beschluss vom 27. Oktober 2004 — 1 Ss 229/04). Darüber hinaus ist in einem auf die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch unterbliebene Gewährung des letzten Wortes gestützten Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde auch mitzuteilen, was der Betroffene im Falle der Gewährung des letzten Wortes vorgebracht hätte (Senat, Beschluss vom 14. August 2018 — 2 S -OWi 651/18; OLG Jena, Beschluss vom 09. Dezember 2003 — 1 Ss 314/03; BayObLG, Beschluss vom 15. April 1996 — 3 ObOWi 42/96; BeckOK OWiG/Bär, 27. Edition 01. Juli 2020, OWiG § 80 Rdn. 20). Zweck der Zulassung der Rechtsbeschwerde wegen Versagung des rechtlichen Gehörs gem. § 80 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 OWi ist nämlich, dass in begründeten Fällen ein Verfassungsverstoß gegen Art. 103 GG innerhalb der Fachgerichtsbarkeit bereinigt wird (BVerfG NJW 1992, 2811, 2812; Göhler OWiG, 17. Auflage 2017, § 80 Rdn. 16a). Demnach muss für den Vortrag nach § 80 Abs. 1 Nr. 2 OWiG das gleiche verlangt werden wie für eine entsprechende Verfassungsbeschwerde. Es genügt somit nicht, wie sonst bei Versagung des letzten Wortes, den Verfahrensverstoß darzutun, weil das Revisions- bzw. das Rechtsbeschwerdegericht abstrakt von der Möglichkeit des Beruhens des Urteils auf diesen Verfahrensverstoß ausgeht (Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Auflage 2020, § 258 Rdn. 33f.), sondern es müssen konkrete Tatsachen dargelegt werden, aufgrund deren die Beruhensfrage geprüft werden kann (BayObLG MDR 1992, 802). Vorliegend fehlt jedoch der Vortrag, was der Betroffene im Fall der Gewährung des letzten Wortes vorgetragen hätte, so dass eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bereits aus diesem Grund ausscheidet.“

Das gilt übrigens nicht nur im OWi-Verfahren, sondern auch hinsichtlich der Begründung der Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) bei der Revision im Strafverfahren.

Hochreck Verfahrensrüge, oder: Wie begründe ich die Inbegriffsrüge richtig?

entnommen wikimedia.org Urheber Harald Bischoff

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In der Praxis häufig(er) sind die Fälle, dass im Urteil Erkenntnisse verwendet werden, die nach dem Protokoll der Hauptverhandlung nicht Gegenstand der Hauptverhandlung waren. Dann liegt ein Verstoß gegen § 261 StPO vor, der mit der Verfahrensrüge geltend zu machen ist. Für die gelten dann die besonderen Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO. Die Hürden liegen also hoch und man muss als Verteidiger sehen, dass man sie überwindet.

Was vorzutragen ist, zeigt sehr schön der OLG Hamm, Beschl. v. 15.04.2016 – 2 RBs 61/16. Da hatte der Verteidiger alles richtig gemacht und er war über die Hürde gesprungen:

„Das Urteil unterliegt bereits aufgrund der Rüge der Verletzung der §§ 77 Abs. 1, 46 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 261 StPO der Aufhebung, soweit der Betroffene geltend macht, das Messprotokoll und die Dienstanweisung sei nicht prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt, jedoch der Verurteilung zugrunde gelegt worden.

Die Verfahrensrüge ist in der gemäß § 79 Abs. 3 Satz 1 OWIG I.V.m. § 344 Abs. 2 StPO erforderlichen Form erhoben worden. Danach müssen, um die Zulässigkeit der Rüge zu begründen, die den Mangel enthaltenen Tatsachen so genau bezeichnet und vollständig angegeben werden, dass das Beschwerdegericht schon anhand der Rechtsbeschwerdeschrift ohne Rückgriff auf die Akte prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, falls die behaupteten Tatsachen zutreffen (zu vgl. Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 79 Rdn. 27 d m.w.N.). In Erfüllung dieser Voraussetzungen gehört zur ordnungsgemäßen Begründung auch der Vortrag, dass der Inhalt der Urkunde auch nicht anderweitig, insbesondere durch Vorhalt oder durch Vernehmung eines Zeugen, in die Hauptverhandlung eingeführt worden ist (zu vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 20. September 2007 — 3 Ss OWI 532/07 —, juris),

Diesen Anforderungen genügt die Begründung der Rechtsbeschwerde. Der Betroffene hat unter Zitierung des insoweit relevanten Wortlautes des Hauptverhandlungsprotokolls dargelegt, dass Messprotokoll und Dienstanweisung nicht durch Verlesung gemäß § 256 Abs. 1 StPO oder durch Bekanntgabe des wesentlichen Inhalts gemäß § 78 Abs. 1 OWiG in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind und vorgetragen, dass auch eine prozessordnungsgemäße Einführung in anderer Weise nicht erfolgt ist.

Die Rüge ist auch begründet, da das Amtsgericht Schwelm seine Überzeugung nach den schriftlichen -Urteilsgründen (auch) auf das „dem-wesentlichen Inhalt nach bekanntgegebene Messprotokoll und die „Dienstanweisung, BI. 6 der Akte“ stützt, sich insoweit jedoch weder eine Verlesung noch eine Bekanntgabe oder sonstige prozessordnungsgemäße Einführung aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt.

Es kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass das angefochtene Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht.“

Also sehr schön. Diese Rechtsbeschwerde hat also Erfolg. Und zwar endgültig, nicht nur „vorläufig“, wie das OLG meint. Habe ich übrigens nie verstanden, wie eine Rechtsbeschwerde/Revision „vorläufig“ Erfolg haben kann.