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Betrug II: Betrugsmasche „falsche Polizeibeamte“, oder: Versuch und Rücktritt vom Versuch

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Und als dritte Entscheidung dann noch etwas zum Betrug (§ 263 StGB), nämlich den OLG Bremen, Beschl. v. 19.03.2024 – 1 Ws 28/24. Der verhält sich zum Versuch und zum Rücktritt vom Versuch bei der Betrugsmasche „falsche Polizeibeamte bzw. Bankmitarbeiter“.

Das LG hatte eine umfangreiche Betrugsanklage nicht zur Hauptverhandlung zugelassen. Dagegen die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft, die Erfolg hatte.

Ich beschränke mich hier auf die Leitsätze der Entscheidung, und zwar:

    1. Bei der Betrugsmasche „falsche Polizeibeamte bzw. Bankmitarbeiter“ liegt ein unmittelbares Ansetzen zum Betrug im Rahmen der telefonischen Kontaktaufnahme nicht erst dann vor, wenn der Täter den angerufenen Geschädigten tatsächlich zur Vornahme der angestrebten Vermögensverfügung auffordert, sondern bereits bei vorangegangenen Täuschungen im Rahmen desselben Telefonats, die ohne weitere wesentliche Zwischenschritte in die angestrebte Vermögensverschiebung münden sollten.
    2. Bei der Betrugsmasche „falsche Polizeibeamte bzw. Bankmitarbeiter“ kann der Täter nicht mehr strafbefreiend vom Versuch zurücktreten, wenn im Rahmen der telefonischen Kontaktaufnahme mit dem Geschädigten dieser auf die telefonische Betrugsmasche nicht eingeht und damit der Versuch fehlgeschlagen ist und die Erzielung des angestrebten Taterfolgs nicht ohne eine zeitliche Zäsur im unmittelbaren Handlungsfortgang für möglich zu halten gewesen wäre.

Strafzumessung III: “ du bist nicht vom Versuch zurückgetreten“, oder: „die rauschende Silversternacht“

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Und als dritte Entscheidung zu Strafzumessung dann hier noch der BGH, Beschl. v. 27.11.2019 – 5 StR 467/19. Der Angeklagte wirde wegen schwerer räuberischer Erpressung in Tateinheit mit unerlaubtem Führen einer Schusswaffe verurteilt. Der BGH hebt auf die Revision des Angeklagten den Strafausspruch auf:

„Das Landgericht hat zur Begründung der Ablehnung eines minder schweren Falles gemäß § 255, § 250 Abs. 3 StGB unter anderem ausgeführt: „Zu Lasten des Angeklagten sprach auch, dass er die Tat trotz des Umstandes, dass er den Mitarbeiter zwar als ehemaligen Schulkameraden erkannte und aufgrund dessen kurzfristig erwog, sein bisheriges Vorgehen als scherzhaftes Verhalten auszugeben, (…) gleichwohl fortsetzte, obwohl er alternative Handlungsmöglichkeiten zur weiteren Tatfortsetzung für sich erkannte“ (UA S. 35). Bei der konkreten Strafzumessung ist die Strafkammer erneut von allen bei der Prüfung des minder schweren Falles berücksichtigten Umständen ausgegangen.

Die vorgenannte Erwägung lässt besorgen, dass das Landgericht schon bei der Strafrahmenwahl fehlerhaft dem Angeklagten entgegen § 46 Abs. 3 StGB zur Last gelegt hat, dass er die Tat überhaupt vollendete, anstatt davon Abstand zu nehmen und damit vom Versuch der räuberischen Erpressung zurückzutreten (vgl. BGH, Urteil vom 9. Oktober 2019 – 5 StR 299/19; Beschlüsse vom 25. August 1989 – 3 StR 286/89, BGHR StGB § 46 Abs. 2 Wertungsfehler 14; vom 20. Dezember 2001 – 4 StR 530/01, NStZ-RR 2002, 106; vom 15. Oktober 2003 – 2 StR 332/03, BeckRS 2003, 9605; vom 7. September 2015 – 2 StR 124/15, NStZ-RR 2016, 74; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Aufl., Rn. 692 mwN).

3. Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich bereits dieser Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten bei der Strafzumessung ausgewirkt hat, zumal die Strafkammer bei der Prüfung, ob die von dem bis dahin und auch in der Folgezeit unbestraften Angeklagten begangene, mehrere Jahre zurückliegende Tat als minder schwerer Fall zu werten ist, eine Vielzahl gewichtiger Strafmilderungsgründe angeführt hat.

Es bedarf daher keiner weiteren Erörterung, ob auch der als ein Anzeichen krimineller Energie strafschärfend gewertete Gesichtspunkt, dass er bereit gewesen sei, sich „für eine rauschende Silvesternacht“ mit einem vermeintlichen Drogendealer anzulegen, durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. Bei dieser Erwägung hat das Landgericht nicht erkennbar bedacht, dass der zum Tatzeitpunkt noch junge Angeklagte, dem es ohnehin eine „gewisse Unreife“ attestierte (UA S. 34), nach den Feststellungen bei dem geplanten Überfall nicht mit einer Anzeige rechnete, da bei illegal erworbenem Drogengeld als Beute sich der Inhaber des Kiosks andernfalls selbst der Strafverfolgung aussetzen würde (UA S. 5). Damit trug das Vorstellungsbild des Angeklagten von dem durch seine Tat Geschädigten eher zu einer Senkung seiner Hemmschwelle bei.“

Rücktritt vom Versuch, oder: Das ernsthafte Bemühen der Erfolgsverhinderung

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Als zweite „Versuchsentscheidung“ stelle ich den BGH, Beschl. v. 05.07.2018 – 1 StR 201/18 – vor. Das LG hatte den Angeklagten u.a. wegen versuchten Mordes in vier tateinheitlichen Fällen verurteilt. Der Angeklagte hatte für einen Fall strafbefreienden Rücktritt nach §§ 211, 23 Abs. 1 StGB geltend gemacht.

Der BGH hat das anders gesehen: ) .

„1. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu Fall III.1. der Urteilsgründe setzte der Angeklagte, der Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr R. war, am späten Abend des 5. Januar 2016 ein bewohntes dreistöckiges Wohnhaus im Erdgeschoss in Brand, um dadurch einen Feuerwehreinsatz auszulösen und an der Bekämpfung des Feuers mitzuwirken. Ihm kam es hierbei allein darauf an, die ausgelobte Einsatzvergütung zu erlangen und so seine schlechte Vermögenssituation zu verbessern.

Aufgrund des durch den Brand entstandenen Rauches und hochgiftiger Brandgase, die in die Wohnbereiche des 1. und 2. Obergeschosses des Hauses zogen, war den vier zu dieser Zeit im Haus befindlichen Bewohnern der Fluchtweg durch das Treppenhaus abgeschnitten. Während die Gebrüder P. vom 1. Obergeschoss aus über den Balkon des Nebenhauses aus dem Haus gelangten, brachten sich G. und ihr Mann zunächst auf dem Balkon ihrer Wohnung im 2. Obergeschoss in Sicherheit. Dort machten sie eine Nachbarin auf sich aufmerksam, die dann die Feuerwehr alarmierte. Die Feuerwehr evakuierte das Ehepaar G. dann nach einigen Minuten mittels einer Leiter von dem Balkon. Der Angeklagte hatte bereits nach der Brandlegung das Haus verlassen und abgewartet, bis sein Feuerwehrpiepser den Feueralarm meldete. Danach machte er sich mit dem Fahrrad auf den Weg zum Feuerwehrhaus, wo er anschließend in der Funkzentrale für über vier Stunden seinen Dienst versah.

2. Die Annahme des Landgerichts, dass es hier für einen Rücktritt gemäß § 24 Abs. 1 StGB nicht ausreichend war, sich nach Eingang eines erst durch Dritte ausgelösten Feueralarms auf seinem Feuerwehrpiepser zum Feuerwehrhaus zu begeben und dort die Funkzentrale zu besetzen, hält im Ergebnis rechtlicher Nachprüfung stand.

Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Versuch des Mordes und der Brandstiftung mit Todesfolge aus Sicht des Angeklagten beendet war, als er einen in der Waschküche abgestellten Altpapiersack entzündet und anschließend das Haus verlassen hatte, nachdem er sich versichert hatte, dass der Brand weiterbrennen würde und er deshalb alles zur Erfolgsherbeiführung Erforderliche getan habe. Für einen strafbefreienden Rücktritt hätte der Angeklagte daher entweder die Vollendung der Tat freiwillig verhindern müssen (§ 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB) oder sich zumindest freiwillig und ernsthaft um die Abwendung des Erfolgseintritts bemühen müssen (§ 24 Abs. 1 Satz 2 StGB). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor.

a) Allerdings hat das Landgericht für die Beantwortung der Frage, ob der Angeklagte gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB durch Mitwirkung an der Erfolgsverhinderung vom Versuch zurückgetreten ist, unrichtige Maßstäbe angelegt. Es nahm rechtsfehlerhaft an, der Angeklagte wäre auch bei diesem Rücktrittsgrund verpflichtet gewesen, nach besten Kräften für die Erfolgsvermeidung zu sorgen. Der Senat kann aber ausschließen, dass das Urteil auf dem unzutreffenden rechtlichen Ansatz des Landgerichts beruht, weil ausgehend von den rechtsfehlerfrei getroffenen Urteilsfeststellungen die Voraussetzungen eines strafbefreienden Rücktritts vom (beendeten) Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB auch bei Zugrundelegung zutreffender Maßstäbe für die erforderlichen Rettungsbemühen nicht gegeben waren.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt ein Rücktritt vom Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 StGB schon dann in Betracht, wenn der Täter unter mehreren Möglichkeiten der Erfolgsverhinderung nicht die sicherste oder „optimale“ gewählt hat, sofern sich das auf Erfolgsabwendung gerichtete Verhalten des Versuchstäters als erfolgreich und für die Verhinderung der Tatvollendung als ursächlich erweist. Es kommt nicht darauf an, ob dem Täter schnellere oder sicherere Möglichkeiten der Erfolgsabwendung zur Verfügung gestanden hätten; das Erfordernis eines „ernsthaften Bemühens“ gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB gilt für diesen Fall nicht (BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2002 – 2 StR 251/02, BGHSt 48, 147, 149 f.; zum Meinungsstand in der Literatur vgl. die Nachweise bei Fischer, StGB, 65. Aufl., § 24, Rn. 32 ff.). Erforderlich ist aber stets, dass der Täter eine neue Kausalkette in Gang gesetzt hat, die für die Nichtvollendung der Tat ursächlich oder jedenfalls mitursächlich geworden ist (vgl. BGH, Urteile vom 22. August 1985 – 4 StR 326/85, BGHSt 33, 295, 301; vom 13. März 2008 – 4 StR 610/07, NStZ 2008, 508, 509; Beschluss vom 20. Mai 2010 – 3 StR 78/10, NStZ-RR 2010, 276, 277). Ohne Belang ist dabei, ob der Täter noch mehr hätte tun können, sofern er nur die ihm bekannten und zur Verfügung stehenden Mittel benutzt hat, die aus seiner Sicht den Erfolg verhindern konnten (vgl. BGH aaO, BGHSt 33, 295, 301 mwN).

Nach den Feststellungen des Landgerichts setzte der Angeklagte durch sein Handeln keine neue Kausalkette zur Rettung der Hausbewohner in Gang, die für die Nichtvollendung der Tat zumindest mitursächlich werden konnte. Die Gebrüder P. hatten sich bereits selbst auf den Balkon des Nebenhauses gerettet. Die beiden weiteren Bewohner wurden bereits nach einigen Minuten aufgrund einer Benachrichtigung durch eine Nachbarin von der Feuerwehr gerettet. Der Angeklagte trug zu der Rettung durch eigenes Verhalten nicht bei. Er wies weder auf den Brand hin noch machte er – als der Notruf Dritter bei der Feuerwehr eingegangen war – Angaben zu rettungsbedürftigen Personen, Brandherd oder Brandursache. Auch leistete der Angeklagte selbst keine aktiven Beiträge zur Rettung der Personen. Allein dadurch, dass er zunächst auf die Mitteilung des Feueralarms auf seinem Feuerwehrpiepser wartete, um dann in der Funkzentrale seinen Dienst zu verrichten, setzte er keine neue Kausalkette zur Rettung der Hausbewohner in Gang. Ausgehend von den Urteilsfeststellungen schließt der Senat auch aus, dass die Tätigkeit des Angeklagten in der Funkzentrale für die Erfolgsverhinderung kausal oder zumindest mitursächlich geworden sein könnte.

b) Ein Rücktritt des Angeklagten vom Versuch gemäß § 24 Abs. 1 Satz 2 StGB ist ebenfalls nicht gegeben. Wird – wie hier – der Taterfolg durch Dritte verhindert, setzt ein strafbefreiender Rücktritt voraus, dass der Täter alles tut, was in seinen Kräften steht und nach seiner Überzeugung zur Erfolgsabwendung erforderlich ist, und dass er die aus seiner Sicht ausreichenden Verteidigungsmöglichkeiten ausschöpft, wobei er sich auch der Hilfe Dritter bedienen kann (vgl. BGH, Urteile vom 22. August 1985 – 4 StR 326/85, BGHSt 33, 295, 301 f.; vom 13. März 2008 – 4 StR 610/07, NStZ 2008, 508, 509; Beschluss vom 20. Mai 2010 – 3 StR 78/10, NStZ-RR 2010, 276, 277). Hierfür genügt die bloße Dienstverrichtung des Angeklagten in der Funkzentrale der Freiwilligen Feuerwehr R. erst recht nicht. Insbesondere hat der Angeklagte die Rettungskräfte vor Ort nicht über die ihm bekannten Informationen über die Brandursache und den Brandherd informiert, was aber erforderlich gewesen wäre, um sie möglichst effektiv bei der Rettung zu unterstützen.“