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BayObLG III: Nachträgliche Berufungsbeschränkung, oder: Lag die „ausdrückliche Ermächtigung“ vor?

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Und dann noch als dritte Entscheidung heute der BayObLG, Beschl. v.16.06.2021 206 StRR 226/21 – mit einer Problematik aus dem Rechtsmittelrecht, nämlich die Frage der Wirksamkeit einer (nachträglichen) Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch. In dem Zusammenhnag spielt ja dann eine Rolle, ob der Verteidiger, der die Beschränkung erklärt über eine ausdrückliche Ermächtigung nach § 302 Abs. 2 StPO verfügt. Denn die ist (auch) in den Fällen erforderlich:

„Die zulässige Revision hat mit der Sachrüge – zumindest vorläufig – Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO).

1. Die von Amts wegen vorzunehmende Prüfung der Wirksamkeit der Berufungsbeschränkung (Paul in KK, StPO, 8. Aufl., § 318 Rdn. 1) ergibt, dass das Berufungsgericht zu Unrecht von einer wirksamen Berufungsbeschränkung auf den Strafausspruch ausgegangen ist und damit den Umfang des zur Überprüfung stehenden Prozessgegenstands verkannt hat. Durch den Schriftsatz seines Verteidigers vom 24. November 2020 ist keine wirksame Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch erfolgt.

a) Bei der erklärten Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch handelt es sich um eine Teilrücknahme des zunächst mit Schriftsatz vom 15. Juli 2020 unbeschränkt eingelegten Rechtsmittels, das mit Schriftsatz vom 24. November 2020 nachträglich als Berufung bezeichnet wurde und für die der Verteidiger gemäß § 302 Abs. 2 StPO einer ausdrücklichen Ermächtigung des Angeklagten bedarf. Es kann offenbleiben, ob dies für das Rechtsmittel der Berufung nur dann gelten soll, wenn die Beschränkung außerhalb der Frist zur Berufungsbegründung gemäß § 317 StPO erfolgt, oder in jedem Fall der nachträglichen Berufungsbeschränkung (vgl. dazu OLG München, Beschluss vom 14. Juli 2016 – 5 OLG 13 Ss 230/16 -, juris Rdn. 5; OLG Koblenz, Beschluss vom 8. Februar 2000 – 1 Ss 5/00 -, juris Rdn. 7). Vorliegend erfolgte die Beschränkung nämlich durch Verteidigerschriftsatz vom 24. November 2020 und damit jedenfalls außerhalb der mit Ablauf des 30. Juli 2020 endenden Frist zur Berufungsbegründung, nachdem das Urteil des Amtsgerichts dem Verteidiger am 23. Juli 2020 zugestellt worden war (§ 317 StPO).

b) Der zum Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes vom 24. November 2020 bei Gericht als Pflichtverteidiger bestellte Rechtsanwalt war nicht mit einer entsprechenden Vollmacht nach § 302 Abs. 2 StPO ausgestattet. Das Vorliegen einer „besonderen Vollmacht“ für die Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen (vgl. BGH, Beschluss vom 13. September 2018 – 5 StR 484/18 -, juris) hat der Pflichtverteidiger des Angeklagten nicht behauptet. Auch auf die allgemeine Strafprozessvollmacht, die den Verteidiger zur Rücknahme von Rechtsmitteln ermächtigt, kann insoweit nicht abgestellt werden, da diese mit der Niederlegung des Wahlmandats im Zusammenhang mit der Bestellung zum Pflichtverteidiger am 3. November 2020 erloschen ist (BGH, Beschluss vom 8. November 1990 – 4 StR 457/90 -, juris Rdn. 2).

c) Der Nachweis der Ermächtigung kann auch noch nach Abgabe der Erklärung geführt werden (BGH, Beschluss vom 10. September 2009 – 4 StR 120/09 -, juris Rdn. 5). Das Protokoll der Berufungshauptverhandlung enthält insoweit allerdings nur die gerichtliche Feststellung, dass der Angeklagte mit Verteidigerschriftsatz vom 15. Juli 2020 form- und fristgerecht Berufung eingelegt und die Berufung mit Schriftsatz vom 24. November 2020 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt hat. Wegen ihrer Unwiderruflichkeit sind strenge Anforderungen an die Eindeutigkeit einer Rücknahme- oder Verzichtserklärung zu stellen. Deshalb genügt das bloße Schweigen des Angeklagten auf die gerichtliche Feststellung der Beschränkung seiner Berufung nicht als Nachweis einer Ermächtigung des Verteidigers oder gar als Beleg einer eigenen Rücknahmeerklärung des Angeklagten in der Hauptverhandlung (vgl. OLG München, Beschluss vom 14. Juli 2016 – 5 OLG 13 Ss 230/16 juris Rdn. 7).

d) Der Nachweis der Ermächtigung kann gegenüber dem Revisionsgericht auch dann noch im Freibeweisverfahren erbracht werden, wenn das Berufungsgericht über die – von ihm als wirksam beschränkt behandelte – Berufung entschieden hat (OLG München a.a.O. Rdn. 8). Vorliegend wurde der Nachweis der Ermächtigung jedoch auch nicht im Freibeweisverfahren geführt. Der frühere (Pflicht)verteidiger des Angeklagten, der zwischenzeitlich nicht mehr als Rechtsanwalt tätig ist und seine Anwaltszulassung zurückgegeben hat, hat auf Anfrage der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, er berufe sich auf seine Verschwiegenheitspächt als Rechtsanwalt, die auch nach Rückgabe der Zulassung gelte. Die nunmehrige Verteidigerin des Angeklagten hat mit Schriftsatz vom 17. Februar 2021 mitgeteilt, dass der Angeklagte eine Ermächtigung gemäß § 302 Abs. 2 StPO nicht erteilt habe (RB S. 2). Danach ist der Nachweis nicht zu führen, dass zum Zeitpunkt der Erklärung der Beschränkung mit Schriftsatz vom 24. November 2020 eine Ermächtigung zur Berufungsbeschränkung durch den Verteidiger vorgelegen hat.

2. Das Fehlen der Ermächtigung zur Beschränkung der Berufung auf die Rechtsfolgen durch den Verteidiger (bzw. einer eigenen Beschränkung des Angeklagten in der Berufungshauptverhandlung) hat zur Folge, dass das Rechtsmittel als unbeschränkt eingelegt anzusehen ist. Mangels einer wirksamen Beschränkung war die Berufungskammer verpflichtet, über den Verfahrensgegenstand in vollem Umfang zu entscheiden. Das ist nicht erfolgt….“