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Strafverteidiger aufgepasst, oder: Finger weg von falschen Einlassungen/Verdächtigungen

Entnommen wikimedia.org Urheber Mediatus

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Da kann man nur sagen: (OWi-)Verteidiger aufgepasst, wenn man zwei obergerichtliche Entscheidungen aus der letzten Zeit sieht/liest.

  • Zunächst ist es das BGH, Urt. v. 10.02.2015 – 1 StR 488/14 -, das sich zu den Grenzen der Selbstbegünstigung bei falscher Verdächtigung verhält: Im Pkw des Angeklagten waren zwei Feuer­werkskörper polizeilich sichergestellt worden. In dem wegen Verstoßes gegen das Sprengstoffgesetz eingeleiteten Verfahren be­hauptete der Angeklagte bewusst wahrheitswidrig, die beiden Gegenstände gehörten nicht ihm, sondern seinem Sohn, woraufhin das AG ihn freigesprochen. Wie von dem Angeklagten billigend in Kauf genommen, wurde nunmehr ein Ermittlungsverfah­ren gegen seinen Sohn eingeleitet. Das LG hat den Angeklagten u.a. wegen falscher Verdächtigung verurteilt. Der BGH hat die Revision verworfen. Eine auf zulässiges Verteidigungsverhalten eines Beschuldigten im Strafverfahren oder dessen Selbstbelastungsfreiheit gestützte Einschränkung des Tatbestandes der falschen Verdächtigung gem. § 164 Abs. 1 StGB kommt in der Konstellation nach Auffassung des BGH nicht in Betracht. Ob eine in der obergerichtlichen Rechtsprechung (BayObLG NJW 1986, 441, 442; OLG Düsseldorf NJW 1992, 1119; OLG Frankfurt DAR 1999, 225) befürwortete Tatbestands­einschränkung für Fallgestaltungen, in denen der Täter wahrheitswidrig eine allein als alternativer Täter in Frage kommende Person ausdrücklich als sol­chen bezeichnet, angenommen werden kann, lässt der BGH offen. Jedenfalls dann, wenn eine Person konkret verdächtigt wird, für deren Tatbegehung bzw. Tatbeteiligung bis dahin keine Anhaltspunkte bestanden, komme im Hinblick auf das durch § 164 StGB auch gewährleistete Rechtsgut des Schutzes der innerstaatlichen Strafrechtspflege vor unberechtigter Inanspruchnahme (BGH StraFo 2013, 79) eine Tatbestandseinschränkung nicht in Betracht. Anders als in Fallgestaltungen, in denen außer dem falsch Verdächtigenden überhaupt nur eine weitere Person als Täter der fraglichen rechtswidrigen Tat in Betracht kommt, werde in der hier vorliegenden Konstellation erstmals eine andere Person als vermeintlicher Täter bezichtigt. Erst dadurch würden die Ermittlungsbehör­den zu einer auf eine materiell unschuldige und bis zur Falschbezichtigung un­verdächtige Person bezogenen Ermittlungstätigkeit veranlasst.
  • Und zum Zweiten ist es das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15: Da war gegen den Angeklagten 1 ein Bußgeldverfahren wegen Über­schrei­tung der zuläs­si­gen Höchst­ge­schwin­dig­keit anhängig. mes­sen. Der Angeklagte 1 verabredete mit sei­nem Arbeits­kol­le­gen, dem Ange­klag­ten 2, dass die­ser sei­nen Namen und seine Adresse in den dem Ange­klag­ten 1 zuge­sand­ten Anhö­rungs­bo­gen ein­tragen sollte und an die Buß­geld­stelle zurück­schickt. Gegen den Buß­geld­be­scheid, der dann gegen diesen Angeklagten erging, legte die­ser Ein­spruch ein. Beim AG teilte der Ver­tei­di­ger dann mit, dass bei einem Licht­bild­ab­gleich nun/nachträglich fest­ge­stellt wor­den sei, dass der Angeklagte 2 nicht gefah­ren sei. Das Ver­fah­ren gegen den Angeklagten wurde ein­ge­stellt. Gegen den Angeklagten 1 war auch nichts mehr zu machen, da Ver­fol­gungs­ver­jäh­rung  ein­ge­tre­ten war. Es erfolgt Anklage gegen 1 und 2 mit dem Ergebnis der Verurteilung.

Der Leitsatz aus dem OLG Stutt­gart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15lautet:

„Führen der Täter einer Ordnungswidrigkeit und eine mit ihm zusammenwirkende, an der Tat unbeteiligte Person die Bußgeldbehörde bewusst in die Irre, indem sich die weitere Person selbst zu Unrecht der Täterschaft bezichtigt, kann dies für den Täter zu einer Strafbarkeit wegen falscher Verdächtigung in mittelbarer Täterschaft und für die weitere Person wegen Beihilfe hierzu führen.“

Also Vorsicht, wenn die Mandanten mit solchen „Verteidigungsstrategien“ kommen. Finger weg….