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Die Missbrauchsgebühr beim BVerfG, oder: Beleidigen lassen wir uns nicht

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Manche Verfahren scheinen nie oder nur schwer ein Ende zu nehmen. So ist es offenbar mit dem Verfassungsbeschwerdeverfahren 1 BvR 2324/16. In dem ist der BVerfG, Beschl. v. 02.01.2017 – 1 BvR 2324/16 – ergangen, mit dem das BVerfG eine Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen und gegen den Bevollmächtigten der Beschwerdeführerin eine Missbrauchsgebühr von 500 € verhängt hat. Begründung: Er „äußert sich in herabsetzender Weise über die sowohl im Ausgangsverfahren tätig gewesenen Richter, als auch die Richter und Bediensteten des Bundesverfassungsgerichts.“

Wer meint, danach sei es jetzt gut, der irrt. Den der Bevollmächtigte hat nun noch gegen gegen den Kostenansatz der Missbrauchsgebühr Erinnerung eingelegt und die „Aussetzung der Vollziehung“ beantragt. Ohne Erfolg, das BVerfG hat die Erinnerung im BVerfG, Beschl. v. 28.06.2017 – 1 BvR 2324/16 – verworfen:

1. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO) in Verbindung mit § 66 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) sind Einwendungen, die den beizutreibenden Anspruch selbst, die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen, vom Schuldner bei Ansprüchen auf „Gerichtskosten“ nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 JBeitrO gerichtlich nach den Vorschriften über Erinnerungen gegen den Kostenansatz geltend zu machen.

Zwar gehört die Missbrauchsgebühr nach § 34 Abs. 2 BVerfGG zu den „Gerichtskosten“ im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 JBeitrO. Dies ergibt sich schon daraus, dass das Bundesverfassungsgericht in § 2 Abs. 2 JBeitrO als möglicher Anspruchsinhaber genannt wird, für den das Bundesamt für Justiz als Vollstreckungsbehörde tätig werden soll. Die Missbrauchsgebühr entsteht als gerichtliche Gebühr mit ihrer Auferlegung durch die Entscheidung des Senats oder der Kammer. Ihrer Einordnung als gerichtliche Gebühr steht nicht entgegen, dass sie Sanktionscharakter hat (vgl. BVerfGE 50, 217 <230>; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2008 – 1 BvR 1356/03 -, juris, Rn. 4; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Mai 2012 – 2 BvR 611/12 -, juris, Rn. 4 und vom 28. Oktober 2015 – 2 BvR 740/15 -, juris, Rn. 8; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. März 2017 – 2 BvR 871/16 -, juris, Rn. 4). § 34 Abs. 1 und Abs. 2 BVerfGG stehen in einem Regel-Ausnahme-Verhältnis zueinander. Absatz 2 regelt, unter welchen Voraussetzungen der Grundsatz der Kostenfreiheit verfassungsrechtlicher Verfahren durchbrochen werden kann. Die auf dieser Grundlage verhängte Gebühr ist eine Gegenleistung für die missbräuchliche Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts und mithin eine Gebühr im Rechtssinne (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2008 – 1 BvR 1356/03 -, juris, Rn. 4; BVerfG, Beschlüsse der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 31. Mai 2012 – 2 BvR 611/12 -, juris, Rn. 4 und vom 28. Oktober 2015 – 2 BvR 740/15 -, juris, Rn. 8; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 27. März 2017 – 2 BvR 871/16 -, juris, Rn. 4). Das Bundesverfassungsgericht hat demgemäß eine auf den Gesichtspunkt der Verjährung der Gebührenforderung gestützte Erinnerung gegen den Kostenansatz einer Missbrauchsgebühr für zulässig gehalten; die Einrede der Verjährung zähle zu den Einwendungen, die gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 JBeitrO in Verbindung mit § 66 GKG mit der Erinnerung geltend gemacht werden können (BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 9. Oktober 2008 – 1 BvR 1356/03 -, juris, Rn. 5).

Im vorliegenden Fall handelt es sich jedoch nicht um eine solche Einwendung. Der Kostenschuldner wendet sich gegen die Verhängung der Missbrauchsgebühr als solche. Diese ist – wie der Beschluss vom 2. Januar 2017 insgesamt – unanfechtbar.

2. Der Antrag auf „Aussetzung der Vollziehung“ ist im Wege der Auslegung als Antrag auf Anordnung der vorläufigen Einstellung der Beitreibung der Gerichtskosten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung mit Satz 1 Variante 1 JBeitrO zu behandeln, der entsprechend der Regelung in § 66 Abs. 7 Satz 2 GKG über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Erinnerung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG zulässig ist. Eine vorläufige Einstellung der Beitreibung nach § 8 Abs. 1 Satz 3 JBeitrO kann danach nur angeordnet werden, soweit und solange noch eine Entscheidung über eine Erinnerung begehrt wird und aussteht.

Der Antrag des Kostenschuldners hat sich mit der Entscheidung über die Erinnerung gegen den Kostenansatz der Kostenrechnung erledigt und ist unzulässig geworden. Er kann sich nicht mehr auf eine noch zu entscheidende Erinnerung gegen die Beitreibung nach § 8 Abs. 1 Satz 3 JBeitrO stützen.“

„Das Ermittlungsverfahren ist …. rassistische Diskriminierung“, oder: Das kostet beim BVerfG 500 EUR

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„We are not amused“, oder: Noch einmal und dann gibt es eine Missbrauchsgebühr

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Dem BVerfG, Beschl. v. 20.06.2016 –1 BvR 1223/16, 1 BvR 1224/16, 1 BvR 1225/16, 1 BvR 1226/16 – ist deutlich anzumerken, dass das BVerfG über die in einem Zivilverfahren deutlich verärgert – eben „not amused“ – ist:

Erst gibt es in dem Beschluss eine Klatsche zu den Verfassungsbeschwerden:

„Die Verfassungsbeschwerden sind offensichtlich unzulässig, weil sie nicht den gesetzlichen Bestimmungen der §§ 92, 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 BVerfGG entsprechend begründet worden sind (vgl. BVerfGE 99, 84 <87>; 101, 331 <345 f.>; 130, 1 <21>; stRspr). Die Beschwerdeführerin verkennt den Maßstab für die Nachprüfung fachgerichtlicher Entscheidungen im Verfassungsbeschwerdeverfahren. Die Auslegung des einfachen Rechts und seine Anwendung auf den konkreten Fall ist grundsätzlich Sache der dafür zuständigen Fachgerichte und der Nachprüfung durch das Bundesverfassungsgericht entzogen (vgl. BVerfGE 18, 85 <92 f.>; 34, 384 <397>; stRspr). Das gilt auch für die Frage, ob die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 oder 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorliegen (vgl. BVerfGE 67, 90 <95>; 87, 282 <284 f.>; BVerfGK 2, 202 <204>; 19, 467 <473>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 25. März 2015 – 1 BvR 2120/14 -, WM 2015, S. 1049 <1050> m.w.N.; stRspr). Dass die Ausgangsgerichte Bedeutung und Tragweite der von ihren Entscheidungen berührten Grundrechte und grundrechtsgleichen Rechte nicht hinreichend berücksichtigt haben könnten (vgl. BVerfGE 7, 198 <205 ff.>; 115, 320 <367>; stRspr), zeigt die Beschwerdebegründung unter keinem tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkt auf.“

…oh ha, das kann teuer werden….Missbrauchsgebühr

Der BVerfG, Beschl. v. 02.07.2013 – 1 BvR 1478/13 ruft noch einmal in Erinnerung: Im verfassungsgerichtlichen Verfahren gibt es eine Missbrauchsgebühr (§ 34 Abs. 2 BVerfGG). Und von der Möglichkeit, die festzusetzen, macht das BVerfG auch (gnadenlos) Gebrauch. Eine unsubstantiierte Verfassungsbeschwerde kann also ganz schön teuer werden. Man sollte sich also als Rechtsanwalt mit deren Voraussetzungen schon befasst haben, wenn man nicht lesen will:

Hätte sich der Beschwerdeführer in gebotener Weise mit den Zulässigkeitsvoraussetzungen befasst, wäre ihm nicht verborgen geblieben, dass die Verfassungsbeschwerde mangels hinreichender Substantiierung (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG) für jedermann ersichtlich unzulässig ist. Dennoch hat er erneut eine völlig substanzlose Verfassungsbeschwerde eingelegt. Zu den gerügten Grundrechten – mit Ausnahme des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG – fehlen jegliche Ausführungen. Ungeachtet der zweifelhaften verfassungsrechtlichen Relevanz gehen die Darlegungen des Beschwerdeführers zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG bereits in tatsächlicher Hinsicht fehl. Entgegen seinem Vortrag hat im vorliegenden Verfahren bereits kein ausschließlich mit Anwälten besetztes Anwaltsgericht abschließend entschieden, sondern aufgrund der eingelegten Rechtsmittel die mit Berufsrichtern und Rechtsanwälten besetzten Senate des Anwaltsgerichtshofs und des Bundesgerichtshofs (vgl. §§ 104 Satz 2, 106 Abs. 2 Satz 1 BRAO).“

Wann darf Musik von Richard Wagner aufgeführt werden – das BVerfG soll es wissen.

Das BVerfG hat mal wieder eine Missbrauchsgebühr verhängt (s. den Beschl. v. 14.09.2010 – 1 BvR 2070/10). Da heißt es dann:

1. Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegen. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil die Beschwerdeführerin nicht einmal ansatzweise die Mindestanforderungen an eine substantiierte Begründung (§ 92, § 23 Abs. 1 Satz 2 BVerfGG) erfüllt. Mit dem angegriffenen Beschluss hat das Bundesverwaltungsgericht eine Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen einen Beschluss des (damaligen) Oberverwaltungsgerichts Berlin vom 12. November 2004 verworfen. Dass diese Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Grundrechte oder grundrechtsgleiche Rechte der Beschwerdeführerin verletzen könnte, ist ihrem Vorbringen in keiner Weise zu entnehmen. Sie beschränkt sich vielmehr im Wesentlichen auf eine Kritik an Kulturschaffenden und begehrt vom Bundesverfassungsgericht eine Grundsatzentscheidung zu der Frage, ob die Musik von Richard Wagner an bestimmten Tagen aufgeführt werden darf. Sie hat dem Bundesverfassungsgericht ferner mitgeteilt, dass „Richter Bärli“ vom „Bundesbärengericht“ zwei Tage über eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts geweint habe.

2.  Die Verfassungsbeschwerde ist rechtsmissbräuchlich im Sinne von § 34 Abs. 2 BVerfGG. Das Bundesverfassungsgericht muss es nicht hinnehmen, dass seine Arbeitskapazität durch sinn- und substanzlose Verfassungsbeschwerden behindert wird und dass es dadurch den Bürgern den ihnen zukommenden Grundrechtsschutz nur verzögert gewähren kann (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. August 2010 – 2 BvR 1354/10 -, www.bverfg.de, Rn. 3). Trotz des zutreffenden Hinweises des Präsidialrats auf die völlig unzureichende Begründung der Verfassungsbeschwerde hat die Beschwerdeführerin auf einer Behandlung durch die Kammer bestanden und ihr völlig neben der angegriffenen Entscheidung liegendes Vorbringen vertieft, zuletzt etwa durch den Hinweis, dass es kein Zufall sein könne, dass in der Bundesversammlung am 30. Juni 2010 alle Politiker blaue Sachen getragen hätten.“

Man ist ja schon erstaunt, was das BVerfG alles regeln/klären soll. Allerdings eine teure Auskunft :-). Obwohl: Wenn man es so liest, hat man schon den Eindruck, dass die Beschwerdeführerin vielleicht „nicht ganz dicht“ ist. Die Prozessfähigkeit lässt grüßen…..