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(Akten)Einsicht a la AG Völklingen: Messunterlagen pp. gibt es auch ohne Anhaltspunkte für Messfehler

© momius - Fotolia.com

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Aus dem Fundus der AG-Entscheidungen zur Akteneinsicht bzw. zur Einsicht in Messunterlagen und Messdaten dann jetzt der Hinweis auf den AG Völklingen, Beschl. v. 13.07.2016 – 6 Gs 49/16, der sehr schön mit dem OLG Celle, Beschl. v. 16.06.2016 – 1 Ss (OWi) 96/16  (dazu OLG Celle: Messdaten und Token sind herauszugeben, oder: Sie – die OLG Rechtsprechung – bewegt sich doch) korrespondiert. Über den AG Völklingen, Beschl. hat ja auch schon der VerkehrsrechstBlog berichtet, besten Dank für die „Abdruckerlaubnis“. Der Amtsrichter macht mit der Frage nach dem Zuverfügungstellen der Messdaten „kurzen Prozess“ und meint (auch). Die gibt es:

„Der Antrag ist auch begründet. Den Ausführungen der Verteidigerin, zu denen die Bußgeldbehörde sich im Übrigen nicht geäußert hat, wird beigetreten. Auch im Falle eines sogenannten standardisierten Messverfahrens kann sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren ein Anspruch des Betroffenen auf Einsicht in vorhandene, sich nicht bei den Akten befindliche Messunterlagen und Messdaten ergeben, und zwar unabhängig davon, ob konkrete Anhaltspunkte für Messfehler vorliegen oder vorgetragen worden sind (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 24.02.2016 AZ: Ss (BS) 6/2016 (4/16 OWi)).

Einer solchen Datenherausgabe stehen jedenfalls im vorliegenden Fall mit der Herausgabe lediglich an die Verteidigerin und einen von ihr beauftragten Sachverständigen auch eventuelle datenschutzrechtliche Bedenken nicht entgegen (vgl. auch AG Jena ,Beschluss vom 5.11.2015 AZ: 3 OWi 1268/15, 92646284, AG Neunkirchen, Beschluss vom 27.04.2016 AZ: 19 Gs 55/16 und AG Kaiserslautern, Beschluss vom 13.06.2016 AZ: 5 OWi 1020/16).“

Chapeau, AG Landstuhl – so macht man bei ESO ES 3.0 dem Hersteller Beine; oder: Durchsuchung angedroht

entnommen wikimedia.org Urheber Jepessen

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Von zwei Seiten bin ich gestern auf den AG Landstuhl, Beschl. v. 06.11.2015 – 4286 Js 2298/15 – hingewiesen worden, nämlich einmal von meiner „Urteilsmutter“ = dem Kollegen Garcia, der mich immer wieder auf interessante Entscheidungen hinweist (wir betreiben einen kleinen Wettlauf dergestalt, ob ich die Entscheidungen schon kenne 🙂 ) und vom Kollegen Krenberger vom AG Landstuhl. Und den Beschluss will ich dann auch gleich heute „bringen“. Denn er zeigt m.E. sehr schön, dass es sich für den Verteidiger/Angeklagten „lohnen“ kann, hartnäckig zu bleiben und sich nicht zu früh mit den von der Verwaltungsbehörde gelieferten Messdaten/-unterlagen – es dürfte sich um ESO ES 3.0 gehandelt haben – zufrieden zu geben. Andererseits zeigt er aber auch, dass es sich eben – zum Glück – nicht alle AG so einfach machen, wie z.B. das AG Dillenburg im AG Dillenburg, Beschl. v. 02.11.2015 – 3 OWi 54/15, das den Betroffenen/Verteidiger in ein paar Sätzen „abfertigt hat: Basta, gibt es nicht.

Aus dem AG Landstuhl, Beschl. ist allein der Tenor schon berichtenswert. Der lautet:

  1. Dem Zeugen ppp. wird zur Vorbereitung auf die nächste Hauptverhandlung in dieser Sache aufgegeben, bei der Messstelle 511006, BAB62, km 219,6, Gem. Bann, die Länge des sog. Seitenstreifens binnen 2 Wochen zu verifizieren.
  2. Der Zentralen Bußgeldstelle Speyer wird aufgegeben, dem Sachverständigen ppp. die für den Messtag 16.07.2014 erstellten Rohmessdateien binnen 2 Wochen zu übersenden.
  3. Der Firma ppp. GmbH, ppp. , wird zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen nach §§ 94 ff. StPO, 46 OWiG aufgegeben, dem Sachverständigen ppp. den herstellerseits ohne Veranlassung der Zentralen Bußgeldstelle eingefügten Code zur Entschlüsselung der Messserie zu übermitteln, die am unter Ziffer 2. genannten Messtag bei der unter Ziffer 1. genannten Messstelle mit dem Messgerät ES3.0 mit der Gerätenr. 5099, Bauartzulassung 18.11/06.04 laut Eichschein des Regierungspräsidiums ppp. ., Nummer 1812262_14 vom 17.06.2014, binnen 2 Wochen zu übermitteln, um eine Begutachtung der verfahrensgegenständlichen Messung mittels Auswertung der Helligkeitsprofile der einzelnen Messungen vornehmen zu können.
  4. Das Gericht weist explizit darauf hin, dass es nicht angezeigt ist,

a) den Hersteller für diese Tätigkeit außerhalb des JVEG zu vergüten,
b) mglw. ein eigens vom Hersteller vorgesehenes Programm zur Überprüfung der Messung zu nutzen und
c) den Rohdatensatz zur Entschlüsselung an den Hersteller des Messgeräts zu übersenden, letzteres schon aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht.

Mir gefällt besonders die Ziffer 3 – „zur Vermeidung von Zwangsmaßnahmen nach §§ 94 ff. StPO, 46 OWiG aufgegeben“. Auf die Möglichkeit von Beschlagnahme und Durchsuchung hatte ja schon das OLG Celle hingewiesen. Vielleicht erleben wir es ja noch, dass bei einem Hersteller mal durchsucht wird/werden muss.