Schlagwort-Archive: Klageerzwingungsverfahren

Klageerzwingungsverfahren, oder: Das OLG darf die GStA zu Ermittlungen anweisen…

© fotomek -Fotolia.com

Heute dann mal ein wenig OLG-Rechtsprechung, und zwar zunächst der OLG Bremen, Beschl. v. 21.09.2017 – 1 Ws 55/17 -, der in einem sog. Klageerzwingungsverfahren ergangen ist. Die StA hatte den Anfangsverdacht einer Urheberrechtsverletzung durch im Ausland ansässige Händler abgelehnt und das Verfahren nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Dagegen dann die Einstellungsbeschwerde und dann später nach deren Zurückweisung der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem.  § 172 Abs. 2 StP. Das OLG bejaht einen Anfnagsverdacht und weistdie GStA an, Ermittlungen durchzuführen:

Die dargelegten Umstände begründen nach Auffassung des Senats damit einen Anfangsverdacht im Sinne des Vorliegens der mit der Strafanzeige und dem Antrag auf gerichtliche Entscheidung behaupteten strafbaren Handlung, ohne dass sich die Anweisung zur Erhebung der öffentlichen Klage im gegenwärtigen Zeitpunkt rechtfertigte, da Ermittlungen bisher nicht durchgeführt worden sind.

Beim Fehlen jeglicher oder völlig unzureichender Ermittlungen der Staatsanwaltschaft kommt ausnahmsweise die Anordnung in Betracht, dass die Staatsanwaltschaft die nach der Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts erforderlichen Ermittlungen durchzuführen hat (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 27.08.1982 – Ws 71/82, vom 10.07.1989 – Ws 22/89 sowie vom 18.07.2007 – Ws 50/07). Dies ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte überwiegend anerkannt (so bereits OLG Zweibrücken, Beschluss vom 05.02.1980 – 1 Ws 424/79, juris Rn. 10; KG Berlin, Beschluss vom 26.03.1990 – 4 Ws 220/89, juris Ls.; OLG Brauchschweig, Beschluss vom 23.09.1992 – Ws 48/91, juris Rn. 19; OLG Koblenz, Beschluss vom 05.09.1994 – 1 Ws 164/94, juris Ls.; OLG Hamm, Beschluss vom 29.09.1998 – 1 Ws 227/98, juris Rn. 12 – 20; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 01.03.2001 – 1 Ws 83/01, juris Rn. 11; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 16.12.2002 – 1 Ws 85/02, juris Rn. 9; OLG München, Beschluss vom 27.06.2007 – 2 Ws 494/06 Kl, juris Rn. 8; OLG Brandenburg, Beschluss vom 17.03.2008 – 1 Ws 125/07, juris Rn. 6; KG Berlin, Beschluss vom 11.04.2013 – 3 Ws 504/12, juris Rn. 19 – 20; OLG Celle, Beschluss vom 21.01.2014 – 1 Ws 513/13, juris Rn. 7; OLG Stuttgart, Beschluss vom 06.07.2015 – 6 Ws 2/15, juris Rn. 66; OLG Celle, Beschluss vom 05.02.2016 – 2 Ws 1/16, juris Rn. 21; OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.12.2016 – 4 Ws 284/16, juris Rn. 12).

Die Möglichkeit bzw. – wie im gegebenen Fall – die Notwendigkeit einer solchen Anordnung ist zwar nicht ausdrücklich im Gesetz geregelt. Sie folgt jedoch aus dem Sinn und Zweck der Regeln über das Klageerzwingungsverfahren. Das Gesetz geht dabei offensichtlich von dem Verfahrensgang aus, der bei der gerichtlichen Kontrolle des Legalitätsgrundsatzes nach den §§ 172 ff. StPO die Regel bildet, dass nämlich die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, die nach ihrer pflichtgemäßen Auffassung erforderlichen Ermittlungen durchgeführt und dann unter Berücksichtigung des Ermittlungsergebnisses das Verfahren eingestellt hat. Dabei weisen die §§ 172 ff StPO dem Gericht grundsätzlich lediglich die Kontrollfunktion zu, ob die Staatsanwaltschaft als verantwortliche Ermittlungsbehörde entsprechend dem Legalitätsprinzip verfahren ist. An dieser grundsätzlichen Aufgabenverteilung, die der Gesetzgeber durch Abschaffung der gerichtlichen Voruntersuchung durch das 1. StVRG vom 09.12.1974 noch bestätigt hat, sollen die §§ 172 ff. StPO ersichtlich nichts ändern. In der Regel hat das Oberlandesgericht daher allein aufgrund der von der Staatsanwaltschaft in eigener Verantwortung geführten Ermittlungen zu entscheiden, ob diese das Ermittlungsverfahren zu Recht eingestellt hat oder ob Anklage zu erheben ist (vgl. OLG Hamm, a.a.O.)…..“

Wird teilweise in der Rechtsprechung anders gesehen…..

„Du musst mehr tun“, oder: Dienstrechtliche Ermahnung eines Richters als versuchte Nötigung durch die Präsidentin?

© canstockphoto5259235

So, der letzte Arbeitstag der Vorkarnevalswoche ist eingeläutet. Aber bevor es dann ggf. hoch her geht, muss noch ein wenig getan werden. Und dazu stelle ich den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 23.01.2017 – 2 Ws 336/16. Mit ihm wird ein weiteres Verfahren abgeschlossen, mit dem sich der RiOLG Thomas Schulte-Kellinghaus gegen eine Ermahnung „seiner“ Präsidentin gewendet hatte, die ihn 2012 dazu aufgefordert hatte, seine Erledigungszahlen zu verbessern. Da hatte es dienstrechtliche Verfahren gegeben und eben auch ein Strafverfahren gegen die Präsidentin. Das hatte der ermahnte Richter „eingeleitet“. Er warf seiner Dienstherrin versuchte Nötigung vor (sehr schön dargestellt alles hier bei LTO).

Die StA hatte die Einleitung eines Strafverfahrens abgelehnt. Dagegen dann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung (§ 172 StPO) des ermahnten Kollegen, den das OLG in dem o.a. Beschluss beschieden hat. Und – wie m.E. nicht anders zu erwarten: Der Antrag scheitert an der ([zu] hohen) Zulässigkeitshürde für diese Anträge. Dazu der Leitsatz des OLG – Rest gebe ich zum Selbststudium:

„Sieht ein Richter in einem – grundsätzlich zulässigen – Vorhalt und einer Ermahnung nach § 26 Abs. 2 DRiG eine versuchte Nötigung durch den Dienstvorgesetzten, umfasst die Darlegungsobliegenheit des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO auch die Mitteilung der in einem Widerspruchsbescheid enthaltenen Erwägungen des Dienstvorgesetzten sowie dessen Vorbringen in einem anschließenden gerichtlichen dienstrechtlichen Verfahren.“

Und das war es dann. Die dienstrechtlichen Verfahren sind allerdings noch nicht rechtskräftig.

Klageerzwingungsverfahren: Beschwerde gibt es nicht….

© Dan Race Fotolia .com

© Dan Race Fotolia .com

Im Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff. StPO) gibt es gegen die Entscheidung des OLG kein Rechtsmittel, und zwar nicht nur gegen die Entscheidung, durch die in der Hauptsache der Antrag auf gerichtliche Entscheidung abgelehnt wird, sondern auch gegen Nebenentscheidungen. Das ist – noch einmal – das Fazit aus dem BGH, Beschl. v.  10.08.2016 –  2 ARs 183/16 und 2 AR 97/16 – in einer Klageerzwingungssache wegen des Vorwurfes des Betruges:

„Die weitere Beschwerde des Anzeigeerstatters gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 5. April 2016 ist unzulässig. Beschlüsse und Verfügungen des Oberlandesgerichts sind nach § 304 Abs. 4 Satz 2 StPO grundsätzlich unanfechtbar.

Zwar sieht § 304 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz StPO eine Ausnahme für bestimmte Entscheidungen in Sachen vor, in denen die Oberlandesgerichte im ersten Rechtszug für die Verhandlung und Entscheidung der Sache, d.h. die Durchführung der Hauptverhandlung und den Erlass eines Urteils, zuständig sind. Im Klageerzwingungsverfahren ist das Oberlandesgericht zwar als erstes Gericht mit der Sache befasst, jedoch nicht im Sinne des § 304 Abs. 4 Satz 2 2. Halbsatz StPO im ersten Rechtszug zuständig. Dies ist vielmehr, wenn das Oberlandesgericht die Klageerhebung anordnet, ein Amts- oder Landgericht. Eine Anfechtbarkeit von Entscheidungen, die das Oberlandesgericht im Klageerzwingungsverfahren trifft, sieht das Gesetz nicht vor (Senat, Beschluss vom 28. Mai 2003 – 2 ARs 82/032 AR 53/03, NStZ 2003, 501). Dies gilt auch für Beschlüsse, durch welche – wie hier – die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit als unzulässig verworfen worden ist.“

Damit bleibt dann ggf. nur die Verfassungsbeschwerde.

Der Lebensgefährte der Mutter ist nicht „Verletzter“

© fotomek -Fotolia.com

© fotomek -Fotolia.com

Ganz gut zum BVerfG, Beschl. v. 27.07.2016 – 2 BvR 2040/15 – betreffend die Anforderungen an die Antragsschrift im Klageerzwingungsverfahren passt der OLG Celle, Beschl. v. 22.02.2016, 1 Ws 67/16. In ihm spielen nicht die Fragen der ausreichenden Begründung des Antrags eine Rolle, sondern es geht um darum, ob der Antragsteller als Verletzter und damit als antragsbefugt i.S. des § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO anzussehen ist. Den Antrag hatt nach einem Verkehrsunfall, bei dem ein Kind getötet worden war, der Lebenspartner der Mutter gestellt, der „mit der Mutter des getöteten Kindes seit dessen sechsten Lebensmonat in partnerschaftlicher Beziehung zusammenlebt und für den der Getötete wie ein „Ziehsohn“ war“. Er hatte am Unfalltag das getötete Kind an der Bushaltestelle, an der es zu dem Unfall gekommen ist, abholen wollen und war Zeuge des Unfallgeschehens geworden.

Das OLG Celle hat die Verletzteneigenschaft verneint:

a) Bezüglich der der Beschuldigten vorgeworfenen fahrlässigen Tötung zum Nachteil des Kindes E. T. I. fehlt es dem Antragsteller an der notwendigen Antragsbefugnis, weil er nicht Verletzter der der Beschuldigten zur Last gelegten fahrlässigen Tötung zum Nachteil des Kindes ist.

Nach § 172 Abs. 1 Satz 1 StPO kann das Klageerzwingungsverfahren nur von dem durch die behauptete Straftat Verletzten betrieben werden. Verletzter ist, wer durch die Straftat – bei Unterstellung ihrer tatsächlichen Begehung – unmittelbar in seinen Rechten, Rechtsgütern oder anerkannten Interessen beeinträchtigt ist (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Februar 2008 – 1 Ws 32/08NJW 2008, 1463; ebenso KK-Moldenhauer, StPO, 7. Aufl., § 172 Rndr. 19; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl., § 172 Rndr. 9; jew. m. w. N.). Dabei ist der Begriff des Verletzten zwar weit auszulegen, weil der Schutz des Legalitätsprinzips umfassend sein soll; andererseits besteht aber Einigkeit darüber, dass eine nur irgendwie geartete Betroffenheit nicht ausreichen kann, um eine vom Gesetz nicht gewollte Popularklage zu verhindern (vgl. Senat a. a. O.; KK-Moldenhauer a. a. O., Rndr. 18; Meyer-Goßner a. a. O., Rndr. 10; LR-Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 172 Rndr. 50; jew. m. w. N.). Entscheidend für die Verletzteneigenschaft ist, ob der von der behaupteten Straftat betroffene Antragsteller wegen einer Verletzung einer rechtlich anerkannten Position ein spezielles Interesse an der Ahndung des Normverstoßes hat (vgl. OLG Düsseldorf NJW 1992, 2370; LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O., Rndr. 53). Im hier betroffenen Bereich der Straftaten gegen das Leben (§§ 211 bis 222 StGB) hat der Gesetzgeber mit der Schaffung der Nebenklagebefugnis in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO zum Ausdruck gebracht, für welche Angehörigen des Opfers er ein spezielles Interesse an der Ahndung des Normverstoßes anerkennt; diese sind daher als Verletzte im Sinne des § 172 StPO anzusehen (vgl. OLG Celle MDR 1959, 60; OLG Hamm NStZ 1986, 327; LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O., Rndr. 82; KK- Moldenhauer, a. a. O. Rndr. 21). Nach der Wertung des Gesetzgebers gehören nur diejenigen zum Kreis der Nebenklageberechtigten, die zum engsten Familienkreis zählen, wozu beispielsweise die Großeltern eines Opfers nicht mehr gehören (vgl. BGH NJW 1967, 454); der Gesetzgeber erkennt also bei ihnen im Falle der Tötung eines Enkelkindes ein spezielles Strafverfolgungsinteresse – unabhängig von ihrer persönlichen Betroffenheit – nicht an, so dass sie auch nicht als Verletzte im Sinne des § 172 StPO anzusehen sind.

Soweit zum Teil die Ansicht vertreten wird, dass bei Straftaten gegen das Leben über die Nebenklageberechtigten hinaus auch andere, dem Getöteten nahe stehende Personen antragsbefugt sein können, „wenn eine enge Lebensgemeinschaft, insbesondere, aber nicht notwendig, eine häusliche Gemeinschaft dergestalt bestanden hat, dass die betroffene Person infolge ihres persönlichen Verhältnisses zum Getöteten in ihrem Leben selbst schwer betroffen ist und deshalb ein persönliches Leid empfindet“, wozu unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles die in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO nicht genannten Verwandten, wie etwa die Großeltern, Verlobte, Nichten oder Neffen und auch Pflegeeltern bzw. Pflegekinder oder auf Dauer angelegte nichteheliche Lebensgemeinschaftspartner gehören sollen (so LR-Graalmann-Scheerer, a. a. O. Rndr. 83; ähnlich KMR-Plöd, StPO, Stand November 2014, § 172 Rndr. 24), vermag der Senat dem nicht zu folgen. Wollte man den Betriff des Verletzten so weit ausdehnen, so würde jeder, der aufgrund persönlicher Verbundenheit aufgrund eines Tötungsdeliktes emotional betroffen ist, unter den Verletztenbegriff fallen können. Dann würde aber die Grenze zum unzulässigen Popularklageerzwingungsverfahren überschritten werden (KG JR 1967, 392; so auch BGH, Beschluss v. 14. Februar 2012 – 3 StR 7/12 -, juris, zur fehlenden Nebenklageberechtigung des Stiefvaters eines Getöteten). Auch würde die Einordnung, wann eine „enge Lebensgemeinschaft“ bzw. eine „Betroffenheit infolge des persönlichen Verhältnisses“ einen Grad erreicht hat, der dem eines Angehörigen aus dem „engsten Familienkreis“ gleichsteht, im Einzelfall große Schwierigkeiten bereiten. Der Senat hält daher an seiner Auffassung fest, dass der getöteten Person Nahestehende, die nicht zu den in § 395 Abs. 2 Nr. 1 StPO genannten Personenkreis gehören, nicht Verletzte im Sinne von § 172 StPO sind.“

BVerfG: Im Klageerzwingungsverfahren es bitte nicht mit der Begründung übertreiben

© fotomek - Fotolia.com

© fotomek – Fotolia.com

Im dritten Beitrag zu Entscheidungen des BVerfG (vgl. zum ersten Rechtsbeugung in Erfurt, oder: Wenn der OWi-Richter sauer ist…. und zum zweiten 4 x innerhalb von 10 Tagen BVerfG zur Durchsuchung – da liegt wohl was im Argen) geht es um das sog. Klageerzwingungsverfahren (§ 172 StPO). Dazu muss das das BVerfG auch immer wieder Stellung nehmen, weil nämlich hinsichtlich der Anforderungen an die Zulässigkeit eines Antrags auf gerichtliche Entscheidung die Hürden hoch liegen, m.E. fast noch höher als bei der Begründung der Verfahrensrüge bei der Revision (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Und das BVerfG hat schon mehrfach beanstandet, dass die Hürden von den OLG zu hoch gelegt werden. Mit den Fragen setzt sich dann jetzt im BVerfG, Beschl. v. 27.07.2016 – 2 BvR 2040/15 – das BVerfG noch einmal auseinander. Mein Fazit: Die OLG dürfen nicht zu streng sein. Im vorgestellten Fall hat es für das OLG Celle gerade noch einmal gereicht. Bedenken hatte das BVerfG, zur Aufhebung haben sie aber nicht geführt:

bb) Zu den tragenden Erwägungen der angegriffenen Entscheidung gehört der Umstand, dass die Antragsschrift eine den Beschuldigten entlastende Einlassung des Zeugen S. nicht wiedergegeben habe. Dies ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Allerdings begegnet der vom Oberlandesgericht insofern angelegte einfachgesetzliche Maßstab mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG verfassungsrechtlichen Bedenken.

(1) Der Zweck des Klageerzwingungsverfahrens darf nicht darauf verkürzt werden, den Oberlandesgerichten eine bloße Aufsicht über die Richtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Einstellungsbescheide zu überantworten. Für die gerichtliche Kontrolle im Klageerzwingungsverfahren kommt es vielmehr darauf an, ob zum Zeitpunkt der Entscheidung aus der Sicht des Oberlandesgerichts genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage besteht.

Verlangt das Gericht für die Zulässigkeit des Antrags eine Wiedergabe der Ermittlungsergebnisse auch dann, wenn diese für die in den Bescheiden der Staatsanwaltschaft und der Generalstaatsanwaltschaft dokumentierten Entscheidungen keine Rolle spielen und sich die Antragsschrift auch im Übrigen nicht auf die Ermittlungsakten bezieht, so verfehlt dies die norminternen Direktiven der Rechtsschutzgarantie in verfassungsrechtlich nicht mehr hinnehmbarer Weise.

Im Lichte von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG interpretiert, gestattet § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO allerdings, dass die Oberlandesgerichte in die Lage versetzt werden, ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Schlüssigkeitsprüfung vorzunehmen. Um sie vor einer Überlastung durch unsachgemäße und unsubstantiierte Anträge zu bewahren, kann für einen zulässigen Antrag gefordert werden, dass die Antragsschrift in groben Zügen den Gang des Ermittlungsverfahrens, den Inhalt der angegriffenen Bescheide und die Gründe für ihre Unrichtigkeit wiedergibt sowie eine aus sich selbst heraus verständliche Schilderung des Sachverhalts enthält, der bei Unterstellung eines hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage rechtfertigt. Entlastende Umstände, auf die sich auch Staatsanwaltschaft und Generalstaatsanwaltschaft nicht stützen und deren Angabe nicht erforderlich ist, um das Ermittlungsverfahren in groben Zügen darzustellen, sind für eine Schlüssigkeitsprüfung insoweit nicht unentbehrlich.

Der wesentliche Inhalt eines Beweismittels, der in den staatsanwaltschaftlichen Bescheiden keine Rolle spielt, muss nur dann dargestellt werden, wenn die Antragsschrift auf die Ermittlungsakten zurückgreift, insbesondere weil sie auf diesem Weg das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts aufzeigen möchte. In diesem Fall kann eine selektive Wiedergabe dem Zweck des § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO zuwiderlaufen. Gelingt es der Antragsschrift aber, die Unrichtigkeit der staatsanwaltschaftlichen Entscheidungen darzustellen und auf der Grundlage der dort verarbeiteten Ermittlungsergebnisse schlüssig das Vorliegen eines hinreichenden Tatverdachts zu belegen, ist diesem Zweck Genüge getan. Anders als das Oberlandesgericht meint, ist die Frage, ob aus seiner Sicht genügender Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage besteht, keine Voraussetzung für den Zugang des Antragstellers zu Gericht, sondern für die Anklageerhebung (§§ 170, 174 StPO). Dass sich aus den Ermittlungen insgesamt ein hinreichender Tatverdacht ergibt, darf daher nicht zu einer Voraussetzung der Zulässigkeit des Antrags gemäß § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO gemacht werden.

(2) Die Anwendung von § 172 Abs. 3 Satz 1 StPO im vorliegenden Fall genügt vorliegend jedoch den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Beschwerdeführerin hatte sich dazu entschieden, die Einlassungen des Beschuldigten und der Zeugen in der Antragsschrift wiederzugeben, und dabei umfangreich auf Inhalte der Ermittlungsakten zurückgegriffen. Sie war daher gehalten, zumindest den wesentlichen Inhalt der Beweismittel mitzuteilen, um eine nur selektive und dadurch gegebenenfalls sinnentstellende Darstellung der Ermittlungsergebnisse zu verhindern.

Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Antragsschrift gebe insoweit nicht den wesentlichen Inhalt der Ermittlungsergebnisse wieder, verfassungsrechtlich noch vertretbar. Die Antragsschrift gibt unter anderem die Angaben des Zeugen S. wieder, der als einziger etwas darüber aussagen konnte, ob der Geschädigte das Messer bei Abgabe des zweiten Schusses noch in der Hand hielt. Bei der Wiedergabe dieser Aussage hat sie die vom Oberlandesgericht hervorgehobenen Passagen jedoch ausgelassen, obwohl für die Beschwerdeführerin Anlass bestanden hätte, insofern vollständig vorzutragen. Der Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft schildert insoweit, dass der Beschuldigte der Auffassung gewesen sei, schießen zu müssen, weil der Geschädigte das noch unbeschädigte Messer in der erhobenen rechten Hand gehalten und so den Eindruck erweckt habe, angreifen zu wollen. Der Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft greift die Aussage des Zeugen S. auf, wonach das Messer in der Hand des Geschädigten unbeschädigt gewesen sei. Dagegen behauptet die Antragsschrift, zusätzliche Ermittlungen hätten zeigen können, dass das Messer durch den ersten Schuss bereits zerstört worden sei und der Geschädigte zum Zeitpunkt des zweiten Schusses das Messer nicht mehr in der Hand gehalten habe. Dieser Umstand ist maßgeblich für die rechtliche Erwägung, dass die Tötung des Geschädigten durch Notwehr gerechtfertigt war. Die Auffassung des Oberlandesgerichts, dabei handele es sich um einen den Beschuldigten entlastenden Umstand von solchem Gewicht, dass er neben den diesen belastenden Aspekten nicht habe verschwiegen werden dürfen, begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Solche zeigt auch die Beschwerdeführerin nicht auf.“