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„Absolute Narrenfreiheit gibt es nicht“ – schöne Urteile zum Karneval

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So, heute ist es denn so weit. Um 11.11 beginnt im Rheinland die 5. Jahreszeit der Karneval, oder wie die Kölner sagen: Fastelovend. Allen die feiern gehen wollen/müssen: Viel Spaß. Mein Ding ist es nicht (mehr) 🙂 .

Aber: Wer meint, Karneval/Fastelovend sei eine jurafrei Zeit. Weit gefehlt. Es gib eine ganze Reihe von Gerichtsentscheidungen, die sich mit dem Karneval und Ereignissen um den Karneval in der Vergangenheit beschäftigt haben. Die sind in den vergangenen Tagen auch über die Tagespresse gelaufen und waren z.B. hier im Focus unter der Überschrift: „Absolute Narrenfreiheit? – Urteile rund um Karneval“ zusammengefasst. Einige davon hatte ich – glaube ich – hier auch schon mal im Blog. Das sind z.B.

  • die Geschichte mit den beiden geworfenen  Schokoriegeln vom AG Köln 123 C 254/10
  • der geworfene Pralinenkastenb (AG Aachen 13 C 250/05
  • die geworfene Tulpe (AG Eschweiler 6 C 599/85)
  • der Hörschaden durch eine abgefeuerte Kanone (LG Trier 1 S 18/01,

usw., usw. Wer Näheres lesen will, bitte den Artikel nehmen.

Ich feiere übrigens auch Karneval. An der Nordsee. Ein paar Tage ohne Jura, nun ja, nicht so ganz.

8 bis 10 Kölsch?, oder: Offenbar noch kein „generell … problematisches Trinkverhalten ….“

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Die zweite „karnevalistische“ Entscheidung – na ja, zumindest eine, bei der die Suche mit dem Schlagwort „Karneval“ Erfolg hatte – ist der VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.2016 – 7 L 1951/16. Es geht (mal wieder, obwohl ich lange dazu keine Entscheidung vorgestellt habe) um die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 3 StVG. Dem Verfahren lag ein MPU-Gutachten zugrunde, um dessen Verwertbarkeit gestritten wurde. In dem Zusammenhang macht das VG dann folgende Ausführungen zum „Trinkverhalten“:

„Das Gutachten geht – entgegen der Auffassung des Antragstellers – weder von falschen Angaben zum Trinkverhalten des Antragstellers aus noch zieht es daraus falsche Schlüsse.

Das Gutachten geht nachvollziehbar von der Tatsache aus, der Antragsteller habe 8 bis 10 Kölsch am 8. Februar 2016 getrunken. Der Antragsteller muss sich an diesen in der Exploration im Rahmen der Begutachtung gemachten Angaben zu seinem Trinkverhalten seit der letzten Trunkenheitsfahrt, insbesondere an Karneval 2016, festhalten lassen. Die nunmehr erst im vorliegenden Verfahren bzw. Klageverfahren angegebene längere Trinkdauer derselben Menge Alkohol über den gesamten Karnevalszeitraum ist nicht glaubhaft. Sie steht im Widerspruch zu seiner Angabe, er sei „da auf Karneval“ letztmalig betrunken gewesen. Denn es spricht vieles dafür, dass der Antragsteller, wenn er eine Alkoholkonsummenge von 8 bis 10 Kölsch verteilt über mehrere Tage getrunken hätte, dadurch nicht – wie er aber erklärt hat – betrunken gewesen wäre. Anhaltspunkte dafür, dass die Mengenangaben des Antragstellers zu seinem Alkoholkonsum an Karneval sich auf das gesamte Wochenende beziehen, sind zudem aus der dokumentierten Exploration nicht ersichtlich. Seine Antwort auf die Frage, wann er letztmalig Alkohol getrunken habe, ist vielmehr eindeutig auf einen einzelnen Tag bezogen, soweit er angibt, „Karneval in Köln am 8. Februar 2016 da waren es 8 bis 10 Kölsch…“ (Bl. 9 des Gutachtens). Ob eine Trinkmenge von 8 bis 10 Kölsch generell auf ein problematisches Trinkverhalten schließen lässt oder ohne eine entsprechende Vorgeschichte mit alkoholbedingter Verkehrsauffälligkeit akzeptabel ist, namentlich wenn diese ausnahmsweise zu Anlässen wie Karneval konsumiert wird, bedarf hier keiner Bewertung.

Das Gutachten zieht aus dem Trinkverhalten des Antragstellers an Karneval 2016 keine unzulässigen Schlüsse auf den die Verhaltenssteuerung nachteilig beeinflussenden Berauschungsgrad. Die gutachterliche Beurteilung der Trinkmenge von 8 bis 10 Kölsch, die auf einen Berauschungsgrad schließen lasse, welcher eine gravierende, nachteilige Beeinflussung der rationalen Verhaltenssteuerung erwarten lasse (Bl. 13 des Gutachtens), ist nämlich in folgendem Kontext zu sehen: Im Kern ist für diese Schlussfolgerung des Gutachtens maßgeblich, dass der Antragsteller weder sein Alkoholkonsumverhalten grundlegend verändert hat noch eine ausreichende Einsicht in die Notwendigkeit einer solchen Veränderung erkennen lässt. Es fehlt eine angemessene Bewertung seines früheren – als deutlich normabweichend einzuschätzenden – Alkoholkonsums im Sinne einer Selbstreflexion und zudem eine als hinreichend zu bewertende Reduzierung der Trinkmenge gegenüber früher. Die eigene Beurteilung des Antragstellers, sein Trinkverhalten sei seit der letzten aktenkundigen Trunkenheitsfahrt „super eingeschränkt“ (Bl. 9 des Gutachtens) ist nicht realitätsnah. Jedenfalls im Fall des Antragstellers bietet aber vor dem Hintergrund seiner Vorgeschichte – wie das Gutachten nachvollziehbar feststellt (Bl. 13 des Gutachtens) – nur eine geplante Dauer und Art des Alkoholkonsums bei konsequenter Einhaltung fester Obergrenzen hinreichende Aussicht auf die Vermeidung erneuten exzessiven bzw. problematischen Alkoholkonsums. Der Antragsteller hat in der Vergangenheit nämlich gezeigt, dass er bereits bei BAK-Werten um ca. 1,3 Promille (erste aktenkundige Trunkenheitsfahrt am 16. Februar 2006) bzw. AAK-Werten um ca. 0,5 mg/l (zweite aktenkundige Trunkenheitsfahrt am 2. Dezember 2015) in seiner rationalen Verhaltenssteuerung derart nachhaltig beeinflusst ist, dass er in diesem Berauschungszustand mehrfach ein Kraftfahrzeug geführt hat.“

Das beruhigt mich, dass eine Menge von 8 bis 10 Kölsch – das soll ja so etwas Ähnliches wie Bier sein 🙂 – offenbar noch nicht „generell auf ein problematisches Trinkverhalten schließen lässt“. 🙂 . Die haben wahrscheinlich alle die, die um 11.11 Uhr angefangen haben zu feiern, schon drin 🙂

Das sozial adäquate Verhalten an Karneval

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Bei meiner Recherche nach Entscheidungen zu Karneval – heute/jetzt startet die 5. Jahreszeit im Rheinland und die Entscheidung mit der Terminierung auf 11.11. am 11.11. ist schon oft gelaufen – bin ich auf das LG Ravensburg, Urt. v. 26.09.2013 – 4 O 47/13 – gestoßen, das sich mit „sozialadäquatem Verhalten“ am Rande eines Fasnachtsumzuges befasst. Nun, es geht nicht um die erlaubte bzw. unerlaubte/nicht angemessene Menge Alkohol, die ggf. jemand zu sich genommen hat, sondern um das Verhalten von jungen Leuten bei einer Tanzveranstaltung nach einem Fasnachtsumzug (ja, nicht ganz Karneval, aber immerhin 🙂 .

Folgender Sachverhalt:

„Am 28.1.2012 fand nachmittags in E (R) ein Fasnachtsumzug statt. Der Beklagte nahm hieran als Mitglied der Narrengruppe R, einer Unterabteilung des TSV A e.V., teil. Im Anschluss an den Umzug fand in der Turnhalle, immer noch im Rahmen der Fasnachtsveranstaltung, eine Party statt. Die damals 20 Jahre alte Klägerin kam mit ihrer jüngeren Schwester M, ihrem damaligen Freund P H und dem Bekannten St H gegen Ende des Umzugs nach E; die jungen Leute begaben sich dann direkt zum Bereich der Turnhalle.

Dort trafen sie auf den Beklagten, der zumindest P H bereits kannte. Während die jungen Leute beieinander standen, hob der Beklagte die Klägerin hoch und legte sie über seine Schulter, drehte sich mit ihr und setzte sie wieder ab. Er machte dies wenig später ein zweites Mal. Wie das Absetzen der Klägerin aussah und ob sie sich sogleich hierbei verletzte ist streitig. Jedenfalls lag die Klägerin dann auf dem Boden, musste von Mitarbeitern des Sanitätsdienstes versorgt und schließlich mit dem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht werden.

Das LG lehnt eine Haftung des Beklagten, eines „überaus stämmigen jungen Mannes“ ab:

3. Dem Beklagten ist jedenfalls kein Verstoß gegen rechtlich vorgegebene Verhaltensmaßstäbe anzulasten.

a) Das Aufnehmen der Klägerin geschah im unmittelbaren Umfeld des Fasnachtstreibens in Form eines Umzuges mit anschließender Party in der Turnhalle; der Beklagte hatte bereits am Umzug teilgenommen, die Klägerin und ihre Begleiter kamen spätestens zur anschließenden Party. Angesichts dieser Rahmensituation, ergänzend aber auch mit Blick auf das Alter der Beteiligten, war das Verhalten des Beklagten sozialadäquat. Die Klägerin selbst macht nicht einmal geltend, dass sie bereits das erste Aufnehmen entschieden abgelehnt oder gar dem Beklagten danach deutlich zu verstehen gegeben habe, dass er dies gefälligst zu unterlassen habe. Erst als er sie ein zweites Mal aufnahm, erklärte sie, er solle aufhören, was er dann auch gleich zum Anlass nahm, sie wieder abzusetzen. Dem Beklagten ist deshalb nicht vorzuwerfen, dass er die Klägerin überhaupt ein zweites Mal hochnahm.

Auch im Zusammenhang mit dem Absetzen der Klägerin ist dem Beklagten nichts vorzuwerfen. Es gibt – auch außerhalb des sozialen Nahbereichs – zahlreiche Situationen, in denen Menschen in unzweifelhaft sozialadäquater Weise im unmittelbaren Körperkontakt auf andere einwirken, beispielsweise bei Begrüßungs- oder Verabschiedungsritualen oder bei Sport und Tanz. Welche Sorgfaltsanforderungen hierbei zu beachten sind, richtet sich ganz nach der konkreten Situation und dem jeweiligen Gegenüber. Hier hatte es der Beklagte nicht mit einem kleinen Kind zu tun, einem Körperbehinderten oder einem gebrechlichen alten Menschen, sondern mit einer erwachsenen jungen Frau von zwar eher zierlicher Statur, aber ohne irgendwelche wahrnehmbare gesundheitliche Einschränkungen. Der Beklagte musste deshalb die Klägerin, als er sie nach dem spielerischen Hochnehmen wieder absetzen wollte, nicht wie ein rohes Ei oder eine Porzellanvase behandeln und denkbar behutsam auf dem Boden absetzen. Er durfte sie ohne weiteres in aufrechter Haltung bei einem nur noch relativ geringen Abstand der Füße zum Boden aus seinen Händen hinabgleiten lassen; denn er musste dabei nicht damit rechnen, dass die Beklagte sich beim Auftreffen auf den Boden verletzen würde.

b) Eine Haftung des Beklagten ist daher nicht gegeben.

Nimmt man eine erfolgsbezogene Rechtswidrigkeitsprüfung vor, ist zwar die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Beklagten durch die hierbei (mit)herbeigeführte Rechtsgutsverletzung indiziert; da dem Beklagten aber nicht anzulasten ist, dass er die gebotene Sorgfalt verletzt habe, fehlt es dann am Verschulden. Bei einer verhaltensbezogenen Beurteilung der Rechtswidrigkeit dagegen ist trotz der bewirkten Verletzung bereits die Rechtswidrigkeit zu verneinen, nachdem der Beklagte in sozialadäquater Weise und unter Beachtung der gebotenen Sorgfalt agiert hat. Weiterer Ausführungen zu diesem rechtsdogmatischen Theorienstreit bedarf es – zumal Fragen der Notwehr oder von Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüchen nicht aufgeworfen sind – nicht (vgl. näher Palandt-Sprau a.a.O. § 823 Rn. 24 mit zahlr. Nachw.).

Also: Alaaf, Helau und was man sonst so sagt/ruft.

Die Narren vor dem Kadi – für Weiberfastnacht

© Spiky83 - Fotolia.com

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Im Rheinland hat er gerade begonnen – der Straßenkarneval. Da passt ganz gut eine Zusammenstellung von Entscheidungen unter dem Thema: „Narren vor dem Kadi“, die angelehnt ist an die Zusammenstellung aus dem Jahr 2013 bei LTO (vgl. hier „Karneval und Recht„).

Hinzuweisen möchte ich auf:

  • Es gibt an Karneval keinen Anspruch auf bezahlte Freizeit. Weiberfastnacht, Rosenmontag und Karnevalsdienstag sind keine gesetzlichen Feiertage. Wer nicht arbeiten will, muss im Zweifel Urlaub nehmen.
  • Man darf ggf. kostümiert zur Arbeit kommen, aber immer noch passend. Ein Krümelmonster in der Bank soll nicht passend sein – kommt auf die Bank an, oder? 😀
  • Und wir schließen den Reigen mit Münster (ja, auch da soll es Karneval geben): Nachdem sich die Tanzmariechengruppe „1. Bischöfliche Münsterische Offizierscorps“ von ihren Verein getrennt hatte, wollten der den Mariechen das Tanzen verbieten. Per einstweiliger Verfügung verlangte er, dass das Tanzcorps sofort seinen Namen und die Uniformen ablegt. Ein Gerichtsvollzieher beschlagnahmte die Kostüme. Das LG Münster hatte  mehr Verständnis: Es kassierte die Verfügung und gab den Mariechen ihre Hüte, Röcke und Spitzenhöschen rechtzeitig zur Session zurück (LG Münster, Beschl. v. 21.11.2005 – 2 O 664/05).

Und als Bild gibt es dann eins vom für Karneval prächtig herausgeputzten Prinzipalmarkt. Helau 🙂 .

Sonntagswitze: Heute zum Karneval…

Der „fünften Jahreszeit“ angemessen:

Polizist hält einen Faschingnarren am Aschermittwoch mit seinem PKW an: “Führerschein Kontrolle. Haben Sie noch Restalkohol?”
Der Faschingnarre erbost: “Ist das ein Witz? Ich besteche niemand, der Rest Alkohol bleibt bei mir”

Bei einem Ball im Karneval: “Sind Sie für den nächsten Walzer frei?”
“Ja sicher, ich bin noch frei!”
“Würden Sie dann wohl auf mein Sektglas aufpassen?”

Was haben Berliner mit Karneval am Hut? –
Sie werden gegessen!”

und dann war da noch der Bundespräsident und der Kölner Karneval