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Vereinsrecht meets Strafrecht – Insolvenzverschleppung im Vereinsrecht: ja oder nein?

Kein Angst :-), ich bin nicht übergelaufen zu den Zivilisten, sondern: Ich aktualisiere gerade mein Vereinsrechtsbuch, das es also demnächst dann in der 8. Aufl. geben wird (8. Aufl. ist doch schon mal was, oder). Wer es also noch nicht wusste: Ich habe also – wie man in Westfalen sagt – „Vorkinder“. Die stammen noch aus der Zeit als ich das Zivilrecht und noch nicht das Strafrecht für die Krone der Juristerei hielt 🙂 und an denen halte ich – auch, wenn es manchmal schwer fällt fest. Ist aber auch mal ganz lehrreich, mal was anderes als nur immer StPO, OWiG und StGB zu machen.

Bei den Arbeiten für die Neuauflage bin ich auf eine ganz interessante Frage gestoßen, die strafrechtlichen Bezug hat, nämlich: Macht sich der Vereinsvorstand, wenn er der sich aus § 42 Abs. 2 S. 1 BGB ergebenden Insolvenzantragspflicht nicht rechtzeitig nachkommt, ggf. der Insolvenzverschleppung nach § 15a Abs. 4 InsO strafbar macht. In der Vergangenheit stellte sich diese Frage nicht, da strafbewehrt nur Verstöße gegen eine spezialgesetzlich geregelte Insolvenzantragspflicht waren (vgl. z.B. § 84 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG a.F. oder § 148 Abs. 1 Nr. 2 GenG a.F.). § 42 Abs. 2 BGB enthält aber keine strafbewehrte Insolvenzantragspflicht, sondern nur eine zivilrechtliche Schadensersatzpflicht. Inzwischen sind jedoch durch das . „Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG)“ zum 1. 11. 2008 (BGBl I, S. 2026) diese Sondertatbestände aufgehoben und in § 15a Abs. 4 InsO eine allgemeine Strafbarkeit für den Fall aufgenommen worden, dass ein Insolvenzantrag nach § 15 Abs. 1 InsO pflichtwidrig nicht gestellt wurde. Vom Wortlaut her erfasst die Vorschrift des § 15 Abs. 1 InsO nun zwar auch den Vereinsvorstand. Allerdings stellt sich die Frage, ob nicht für Vereinsvorstände eine Sonderregelung gilt, weil der Gesetzgeber für diese die Spezialantragspflicht des § 42 Abs. 2 BGB aufrecht erhalten hat, während er die übrigen Antragspflichten zu Gunsten des § 15a Abs. 1 InsO aufgehoben hat. Letzteres wird man m.E. unter Hinweis auf die Gesetzesbegründung in der BT-Drucks. 16/6140, S. 55 bejahen müssen, da es dort ausdrücklich heißt: „Für den Verein wird die Sonderregelung in § 42 Absatz 2 BGB beibehalten, die der allgemeinen Vorschrift in § 15a InsO vorgeht.” (s. auch Brand/Reschke, NJW 2009 S. 2343). Hinzu kommt, dass auch, worauf Brand/Reschke (a. a. O.) zutreffend hinweisen, teleologische Gründe dafür sprechen, beim eingetragenen Verein die Insolvenzverschleppung seitens des Vorstands nicht unter Strafe zu stellen. Zwar sei der Verein gewissermaßen Grundtypus jeglicher juristischer Personen, jedoch unterscheide sich der Idealverein erheblich von anderen juristischen Personen, insbesondere in Ansehung des Gläubigerschutzes.

Ich finde es überzeugend :-), in entsprechenden Fällen die StA und die Gerichte hoffentlich auch. Aber dennoch: Der Vorstand sollte einen etwa erforderlichen Insolvenzantrag so früh wie möglich stellen, um allein dadurch den Vorwurf einer Insolvenzverschleppung auszuschließen. Den Rat sollte der um Rat gefragte Rechtsanwalt einem Vereinsvorstand geben, damit er nicht zum Verteidiger mutieren muss.