Das BGH, Urt. v. 17.06.2014 – VI ZR 281/13 – betreffend das Mitverschulden des Radfahrers an Verletzungen, wenn er keinen Fahrradhelm trägt, hat die Blogs ja nun schon reichlich beschäftigt. Auch wir haben darüber – und über andere Entscheidungen zu der Problematik – ja berichtet. Die Serie schließen wir dann jetzt vorerst mal ab mit dem Hinweis auf den Volltext der BGH-Entscheidung, der inzwischen vorliegt. Der BGH hat der nicht (!!) für BGHZ vorgesehenen Entscheidung den Leitsatz vorangestellt:
Der Schadensersatzanspruch eines Radfahrers, der im Straßenverkehr bei ei-nem Verkehrsunfall Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, ist jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemäß § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB gemindert.
Endgültig/Allgemein entschieden ist damit m.E. in der Frage nichts. Das ergibt sich auch aus den Ausführungen des BGH, in denen es u.a. heißt:
„Allerdings hat der Arbeitskreis IV des 47. Verkehrsgerichtstages 2009 ei-ne Empfehlung beschlossen, in der es unter Nr. 6 heißt: „Teilnehmern am Radfahrverkehr wird das Tragen eines Helmes sowie dringend der Abschluss einer Haftpflichtversicherung empfohlen“ (47. VGT 2009, 8). Der Verordnungsgesetzgeber hat aus verkehrspolitischen Erwägungen bislang jedoch bewusst davon abgesehen, eine Helmpflicht für Radfahrer einzuführen. Die Bundesregierung hat im Jahr 2012 auf eine kleine Anfrage von Abgeordneten und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur Verkehrssicherheit im Radverkehr erklärt, dass die Freiwilligkeit des Tragens eines Fahrradhelmes der Ansatz des gerade verabschiedeten Verkehrssicherheitsprogramms 2011 sei (BT-Drucks. 17/8560, S. 13). Die Einführung einer Helmpflicht wird auch von der derzeitigen Bundesregierung bislang nicht verfolgt. So heißt es im Koalitionsvertrag „Deutschlands Zukunft gestalten“ zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode (abrufbar unter http://www.bundesregierung.de/Content/DE/_Anlagen/2013/2013-12-17-koalitionsvertrag.pdf?__blob=publicationFile&v=2, S. 45) zum Thema Fahrradverkehr vielmehr, man wolle darauf hinwirken, dass deutlich mehr Fahrradfahrer Helm tragen. Solche Aussagen und Empfehlungen mögen langfristig dazu beitragen, die Akzeptanz des Tragens von Fahrradhelmen zu erhöhen. Einen Beleg für ein entsprechendes allgemeines Verkehrsbewusstsein im Jahr 2011 vermögen sie nicht zu liefern.
d) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist daher mit der bisherigen obergerichtlichen Rechtsprechung und der überwiegenden Auffassung der Literatur daran festzuhalten, dass Schadensersatzansprüche eines Radfahrers, der im Straßenverkehr bei einem Verkehrsunfall Kopfverletzungen erlitten hat, die durch das Tragen eines Schutzhelms zwar nicht verhindert, wohl aber hätten gemildert werden können, jedenfalls bei Unfallereignissen bis zum Jahr 2011 grundsätzlich nicht wegen Mitverschuldens gemäß § 9 StVG, § 254 Abs. 1 BGB gemindert sind (vgl. OLG Stuttgart, VRS 97, 15, 18 f.; OLG Hamm, VersR 2001, 1257, 1259; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 38, 39 mit Anm. Kettler; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 614, 618 f.; OLG Saarbrücken, NZV 2008, 202, 203 f. mit Anm. Jahnke, jurisPR-VerkR 1/2008 Anm. 3; OLG Celle, VD 2014, 101, 102 ff. mit Anm. Wenker, jurisPR-VerkR 5/2014 Anm. 3; Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 5. Aufl., § 22 Rn. 62; Jahnke in FS Gerda Müller, 2009, S. 396 mwN; Kettler, Recht für Radfahrer, 3. Aufl., S. 174 ff.; Hufnagel, DAR 2007, 289, 292; Kettler, NZV 2007, 603 f.; Prelinger, juris-PR-VerK 21/2013 Anm. 2 [Anm. zum Urteil des Berufungsgerichts]; Türpe, VRR 2013, 404, 405 f. [Anm. zum Urteil des Berufungsgerichts]; aA: Geigel/Knerr, Der Haftpflichtprozess, 26. Aufl. Kap. 2 Rn. 58; Staudinger/Schiemann, aaO; vgl. dazu auch Stöhr, zfS 2010, 62, 66 sowie Scholten, SVR 2012, 161 ff.). Inwieweit in Fällen sportlicher Betätigung des Radfahrers das Nichtragen eines Schutzhelms ein Mitverschulden begründen kann (vgl. dazu OLG Düsseldorf, NZV 2007, 614, 618; OLG Düsseldorf, NZV 2007, 619, 622; OLG Saarbrücken, NJW-RR 2008, 266, 267 f.; OLG München, Urteil vom 3. März 2011 – 24 U 384/10, juris Rn. 32; OLG Celle, aaO; MünchKommBGB/Oetker, aaO Rn. 42; Kettler, NZV 2007, 603 ff.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.“