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Fahrtenbuch II: Verkehrsverstoß mit Firmenfahrzeug, oder: Verantwortlichkeit/Dokumentationspficht

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Und dann hier im zweiten Posting zwei weitere Entscheidungen zum Fahrtenbuch, und zwar zum Fahrtenbuch beim Firmenfahrzeug. Dazu gibt es aber nur die Leitsätze. Die Begründungen dann bitte in den verlinkten Volltexten selbst lesen:

Nach ständiger Rechtsprechung obliegt es dem kaufmännischen Halter eines Firmenfahrzeugs, Geschäftsfahrten insoweit längerfristig zu dokumentieren, dass solche Fahrten grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Erinnerung einzelner Personen rekonstruierbar sind und der jeweilige Fahrzeugführer im Einzelfall festgestellt werden kann. Unterbleiben dahingehende Angaben, trägt der betroffene Betrieb das Risiko, dass die fehlende Feststellbarkeit des Fahrers zu seinen Lasten geht und eine Fahrtenbuchauflage erlassen wird.

1. Der Halter bleibt im Zusammenhang mit der Nutzung von Geschäftsfahrzeugen unabhängig von vertraglichen Vereinbarungen im Innenverhältnis nach außen gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern und den Behörden verantwortlich, so dass er sich das Verhalten eines Mitarbeiters zurechnen lassen muss.

2. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage setzt nicht voraus, dass der Halter seine Mitwirkungsobliegenheiten schuldhaft nicht erfüllt hat oder die Unmöglichkeit der Feststellung des Fahrzeugführers sonst zu vertreten hat.

3. Die Zwei-Wochen-Frist gilt nicht bei Verkehrsverstößen, die – mit einem Firmenfahrzeug eines Kaufmannes im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind.

4. Die Anordnung einer Fahrtenbuchauflage schon bei erstmaliger Begehung eines mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoßes gerechtfertigt, ohne dass es auf besondere Umstände des Einzelfalles, namentlich die Gefährlichkeit des Verkehrsverstoßes, ankommt.

Zwei OVG-Entscheidungen zur Fahrtenbuchauflage, oder: Mitwirkungspflicht beim Firmenfahrzeug

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Und im Kessel Buntes dann heute (Verkehrs)Verwaltungsrecht.

Zunächst hier zwei OVG-Entscheidungen zum Fahrtenbuch (§ 31a StVZO). Ich stelle, da die Problematik ja weitgehend bekannt ist, hier nur die Leitsätze der beiden Entscheidungen ein, und zwar:

Aus der Perspektive des späteren Verfahrens zur Anordnung einer Fahrtenbuchführungspflicht obliegt einer GmbH als Halterin des Tatfahrzeugs einer Geschwindigkeitsüberschreitung auch dann eine hinreichende Mitwirkung an der Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers, wenn sie im Bußgeldverfahren nicht nur als Zeugin, sondern in erster Linie als Betroffene angehört wird.

1. Steht fest, dass die Fahrzeughalterin einen Zeugenfragebogen erhalten und darauf nicht reagiert hat, kommt es auf den Einwand, ein vorangegangenes Anhörungsschreiben nicht erhalten zu haben, nicht entscheidend an.
2. Auf die Einhaltung der sog. Zweiwochenfrist, die weder ein formales Tatbestandsmerkmal des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO noch eine starre Grenze darstellt, kann sich der Halter nicht bei Verkehrsverstößen berufen, die mit einem Firmenfahrzeug eines Kaufmanns im geschäftlichen Zusammenhang begangen worden sind. Denn bei Firmenfahrzeugen fällt es in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Rücksicht auf die Erinnerung Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat.

 

Fahrtenbuchauflage nach OWi mit Firmenfahrzeug, oder: Mitwirkungspflichten/Ermittlungsaufwand

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Und die zweite Entscheidung, das VG Düsseldorf, Urt. v. 21.12.2023 – 6 K 939/23 VG, äußert sich dann noch einmal zum verkehrsverwaltungsrechtlichen Dauerbrenner, nämlich der Fahrtenbuchauflage nach § 31a StVZO.

Gestritten wird mal wieder darum, ob die Ordnungsbehörde ausreichende Ermittlungen nach dem Fahrer zum Vorfallszeitpunkt angestellt hat. Die Beklagte hatte der Klägerin, die Halterin mehrerer Fahrzeuge ist, die vornehmlich von Mitarbeitern genutzt werden, einen Zeugenfragebogen zur Aufklärung der Verkehrsordnungswidrigkeit unter Beifügung des angefertigten Radarlichtbildes geschickt. Hierauf reagierte die Klägerin nicht. Die Behörde hat dann die Klägerin an die Beantwortung des Zeugenfragebogens erinnert. Ein  von der OWi-Behörde beauftragter Ermittlungsdienst versuchte zudem vergeblich, bei einem Besuch am Firmensitz den Fahrzeugführer festzustellen. Der Außendienstmitarbeiter notierte: „Der Fahrzeughalter konnte angeblich keine Personen auf dem Foto erkennen.“ Die OWi-Behörde stellte das Ermittlungsverfahren in der Folge am 30. November 2022 ein, weil der Fahrer nicht ermittelt werden könnte.

Gegen die dann später erlassene Fahrtenbuchanordnung wird geklagt, aber ohne Erfolg:

„Die Feststellung des Fahrzeugführers im Zeitpunkt der Begehung des Verkehrsverstoßes war der zuständigen Bußgeldbehörde nicht möglich. Unmöglichkeit im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO ist anzunehmen, wenn die Behörde nach den Umständen des Einzelfalls nicht in der Lage war, den Täter zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen ergriffen hat. Die Angemessenheit der Aufklärung beurteilt sich danach, ob die Behörde mit sachgerechtem und rationellem Einsatz der ihr zur Verfügung stehenden Mittel nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen ergriffen hat, die der Bedeutung des aufzuklärenden Verkehrsverstoßes gerecht werden und in gleichgelagerten Fällen erfahrungsgemäß Erfolg haben.

……

Gemessen an diesen Grundsätzen war hier die Feststellung des Fahrzeugführers unmöglich im Sinne des § 31a Abs. 1 Satz 1 StVZO. Die Ordnungswidrigkeitenbehörde war nach den Umständen des vorliegenden Falles nicht in der Lage, den Fahrer des Fahrzeugs, mit dem der Verkehrsverstoß begangen worden war, bis zum maßgeblichen Eintritt der Verfolgungsverjährung (vgl. § 26 Abs. 3 StVG) zu ermitteln, obwohl sie alle angemessenen und zumutbaren Maßnahmen getroffen hat. Ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit der Ordnungswidrigkeitenbehörde liegt nicht vor.

Ein Ermittlungsdefizit folgt insbesondere nicht auf dem Umstand, dass die Klägerin eine Vielzahl von Fahrzeugen hält und ihr Geschäftsführer angibt, den Fahrer zu erkennen. Bei Firmenfahrzeugen fällt es in die Sphäre der Geschäftsleitung, organisatorische Vorkehrungen dafür zu treffen, dass im Falle einer Verkehrszuwiderhandlung ohne Rücksicht auf die Erinnerung Einzelner festgestellt werden kann, welche Person zu einem bestimmten Zeitpunkt ein bestimmtes Geschäftsfahrzeug benutzt hat. Es entspricht ? unabhängig von der Reichweite gesetzlicher Buchführungspflichten ? sachgerechtem kaufmännischen Verhalten, die mit einem Firmenwagen vorgenommenen Fahrten längerfristig zu dokumentieren. Die Geschäftsleitung kann deshalb ihrer Verpflichtung als Fahrzeughalterin, bei der Feststellung des Fahrzeugführers im Ordnungswidrigkeiten- bzw. Verwaltungsverfahren mitzuwirken, regelmäßig nicht mit der Behauptung genügen, es sei nicht möglich, den Fahrzeugführer – zeitnah ? ausfindig zu machen.

Vgl. OVG NRW, Urteile vom 31. März 1995 ? 25 A 2798/93 ?, NJW 1995, 3335 = juris, Rn. 17, und vom 29. April 1999 ? 8 A 699/97 ?, NJW 1999, 3279 = juris, Rn. 16, sowie Beschlüsse vom 29. Juni 2006 ? 8 B 910/06 ?, juris, Rn. 16 ff., vom 15. März 2007 ? 8 B 2746/06 ?, juris, Rn. 16, vom 13. November 2013 ? 8 A 632/13 ?, juris, Rn. 9, m.w.N.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass aufgrund der schlechten Qualität des Fotos auf dem Zeugenfragebogen keine eindeutige Zuordnung habe erfolgen können, rechtfertigt dies ebenfalls keine andere Bewertung. Die Mitwirkungsobliegenheit besteht vor dem Hintergrund, dass ein Foto für die Verfolgung einer Verkehrsordnungswidrigkeit nicht erforderlich ist und oftmals auch gar nicht gefertigt werden kann, grundsätzlich unabhängig davon, ob dem Halter ein Foto vorgelegt wird. Nichts anderes kann gelten, wenn zwar ein Lichtbild vorgelegt wird, dieses aber ? gleich aus welchen Gründen ? keine Identifikation ermöglicht. Erst recht ist dies vor dem Hintergrund der aufgezeigten erhöhten Mitwirkungspflicht für den Halter eines Firmenfahrzeuges anzunehmen.

Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 30. Juni 2020 – 8 A 1423/19 -, juris, Rn. 23 sowie vom 9. Dezember 2013 ? 8 A 2166/13 ?, Seite 3 des Beschlussabdrucks, und vom 12. März 2015 – 8 B 1163/14 -, Seite 9 des Beschlussabdrucks, beide nicht veröffentlicht.

Abgesehen davon, dass die Kammer überzeugt ist, dass das der Klägerin übermittelte und dem Geschäftsführer vom Außendienst vorgelegte Foto so deutlich ausgefallen ist, dass der Fahrer von jedermann, der ihn kennt, ohne Weiteres zu identifizieren ist, kommt es auf die Qualität des Lichtbildes nicht an. Hiervon ausgehend kommt es auch nicht darauf an, ob der Klägerin die Digitalfotos bzw. der Fotosatz übersandt wurden. Hätte die Klägerin ihre Dokumentationsobliegenheit erfüllt, hätte es für eine ordnungsgemäße Mitwirkung nicht des Fotosatzes bzw. der Akteneinsicht bedurft.

Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Juni 2020 – 8 A 1423/19 -, juris, Rn. 20 und 22 f.

Aufgrund der fehlenden rechtzeitigen Mitwirkung der Klägerin und des daraus resultierenden Fehlens weiterer Ermittlungsansätze konnte die Ordnungswidrigkeitenbehörde von weiteren zeitaufwändigen und wenig erfolgversprechenden Ermittlungsmaßnahmen absehen.

BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 1982 – 7 C 3.80 -, juris, Rn. 7; OVG NRW, Beschlüsse vom 22. Juli 2020 – 8 B 892/20 ?, juris, Rn. 15 , vom 15. Mai 2018 – 8 A 740/18 -, juris, Rn. 35 sowie vom 23. Mai 2014 – 8 B 396/14 -, n.v.

Das gilt auch für die von der Klägerin angemahnten Befragungen von anderen Mitarbeitern oder Nachbarn.

Soweit die Klägerin vorträgt, es sei überzogen, vom Halter von Firmenfahrzeugen zu verlangen, dass dieser den Fahrer jederzeit nennen kann, überzeugt das nicht. Der Klägerin als Halterin von Fahrzeugen, die sie Dritten (z.B. Mitarbeitern) überlässt, kann sie vertraglich aufgeben, ihr den Fahrer zur Tatzeit mitzuteilen. Unterlässt sie das oder setzt sie entsprechende Vertragspflichten nicht durch, treffen sie die Halterpflichten nicht unangemessen.“