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Jugendstrafe I: Jugendstrafe muss erziehen

© eyetronic Fotolia.com

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Das Jugendrecht ist hier im Blog in der letzten Zeit ein wenig zu kurz gekommen. Daher dann heute mal zwei Entscheidungen aus dem Jugendstrafrecht. Beide betreffen Probleme der „besonderen Schwere der Schuld2 (§ 18 JGG). Zunächst der Hinweis auf den BGH, Beschl. v. 19.04.2016 – 1 StR 95/16. Die Jugendkammer hat den Angeklagten wegen Totschlags zu einer Jugendstrafe von sieben Jahren verurteilt sowie ge-gen den Angeklagten M. wegen vorsätzlicher Körperverletzung zwei Freizeitarreste verhängt. Seine Revision hat dann mit der Sachrüge Erfolg:

„Die erhobene Sachrüge deckt zum Schuldspruch und in Bezug auf die Verhängung einer Jugendstrafe keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten D. auf (§ 349 Abs. 2 StPO). Insbesondere hat das Landgericht rechtsfehlerfrei dargelegt, dass wegen der Schuldschwere die Verhängung von Jugendstrafe erforderlich ist. Die Erwägungen des Landgerichts zur Höhe der verhängten Jugendstrafe halten hingegen revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand, da sie nicht den Anforderungen des § 18 Abs. 2 JGG entsprechen.

1. Auch bei einer wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe ist gemäß § 18 Abs. 2 JGG die Höhe der Strafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist (BGH, Beschlüsse vom 21. Juli 1995 – 2 StR 309/95, BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 10 und vom 18. August 1992 – 4 StR 313/92, BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8). Grundsätzlich ist zwar die in den gesetzlichen Regelungen des allgemeinen Strafrechts zum Ausdruck gelangende Bewertung des Ausmaßes des in einer Straftat hervorgetretenen Unrechts auch bei der Bestimmung der Höhe der Jugendstrafe zu berücksichtigen. Keinesfalls darf aber die Begründung wesentlich oder gar ausschließlich nach solchen Zumessungserwägungen vorgenommen werden, die auch bei Erwachsenen in Betracht kommen. Die Bemessung der Jugendstrafe erfordert vielmehr von der Jugendkammer, das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abzuwägen (BGH, Beschluss vom 18. August 1992 – 4 StR 313/92, BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8; Eisenberg JGG 18. Aufl., § 18 Rn. 42). Denn auch bei einer wegen der Schwere der Schuld verhängten Jugendstrafe bemisst sich ihre Höhe vorrangig nach erzieherischen Gesichtspunkten. Die Urteilsgründe müssen daher in jedem Fall erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zu-kommende Beachtung geschenkt worden ist (BGH, Beschluss vom 22. April 2015 – 2 StR 503/14, NStZ 2016, 105).

2. Diesen Anforderungen genügen die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts nicht. Das Landgericht hat sich bei der konkreten Bemessung der Jugendstrafe im Rahmen seiner mit „Strafzumessung im Einzelnen“ überschriebenen Darstellung nur an der Bewertung des in der Schwere des in der Straftat hervorgetretenen Unrechts orientiert, wie sie in der Strafandrohung der allgemeinen Gesetze Ausdruck gefunden hat. So hat das Landgericht bei der Prüfung des Provokationstatbestands nach § 213 Alt. 1 StGB zwar die letzten Äußerungen („Hurensohn“) des Tatopfers dem Angeklagten D. gegenüber berücksichtigt. Es hat jedoch die Faustschläge des Tatopfers gegen ihn und die vorausgegangenen Äußerungen einschließlich der zwei Ohrfeigen gegenüber dem Angeklagten M. jeweils nur isoliert betrachtet, ohne dieses Verhalten in seiner Gesamtheit schon in die Beurteilung nach § 213 Alt. 1 StGB einzubeziehen. Zu Lasten des Angeklagten D. berücksichtigt das Landgericht schließlich im Rahmen seiner „Strafzumessung“ – auch wenn § 46 Abs. 3 StGB hier jedenfalls nicht unmittelbar anwendbar ist -, dass „der Angeklagte nicht vermocht hat, deeskalierend zu wirken“. Dies ist schon für sich genommen nicht rechtsfehlerfrei.

Jedenfalls aber berücksichtigt das Landgericht damit ausschließlich Um-stände, die auch bei Erwachsenen berücksichtigt werden müssen, lässt hinge-gen wesentliche erzieherische Gesichtspunkte völlig außer Betracht, die für die Bemessung der Jugendstrafe Bedeutung haben und deren Erörterung sich des-halb für das Landgericht aufdrängte. Auch fehlt die erforderliche Abwägung zwi-schen dem Tatunrecht und den Folgen der Verbüßung der verhängten Jugend-strafe für die weitere Entwicklung des Angeklagten ……“