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Ermittlungserzwingungsantrag, oder: Voraussetzungen und Antragsbegründung

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An sich wollte ich heute an Ostermontag nichts Fachliches bringen. Aber bei dem Wetter dann lieber doch, denn es regnet und ist sehr windig – zumindest hier. Also kein „Draußenwetter“. Und das bedeutet, dass ich einen „normalen Tag“ mache.

Ich starte dann in die beginnende 14. KW. mit einem Beschluss des BVerfG zum Klageerzwingungsverfahren (§ 172 StPO).

Geltend gemacht worden ist die Nichteinleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens und betreffend folgenden Sachverhalt: Der Sohn der Beschwerdeführer randalierte nach vorigem erheblichen Drogenkonsum am Abend des 18.04.2016 in der Innenstadt von Emmerich, wurde gegen 20:40 Uhr von der Polizei gestellt, unter Anwendung von Zwangsmaßnahmen zu Boden gebracht, in Bauchlage mit Handschellen fixiert und festgenommen. Er kollabierte während der Festnahme und verstarb trotz durchgeführter Reanimationsmaßnahmen am 19.04. 2016 um 04:30 Uhr im Krankenhaus an multiplem Organversagen.

Die Eltern haben dann am 11.07.2016 Strafanzeige wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung, der Körperverletzung mit Todesfolge und unterlassener Hilfeleistung gegen die eingesetzten Polizeibeamten erstattet. Ermittlungen sind nicht aufgenommen worden. Dagegen dann die Beschwerde, die bei der GStA auch keinen Erfolg hatte, ebenso das sog. Klageerzwingungsverfahren beim OLG.

Und auch die Verfassungsbeschwerde ist beim BVerfG erfolglos geblieben. Das hat die Verfassungsbeschwerde im BVerfG, Beschl. v. 23.02.2021 – 2 BvR 1304/17 – nicht zur Entscheidung angenommen:

Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen (§ 93a Abs. 2 BVerfGG), weil sie unzulässig ist.

1. Die Verfassungsbeschwerde genügt offensichtlich nicht den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG, denn ihre Begründung lässt eine Verletzung von Rechten im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG inhaltlich nachvollziehbar nicht erkennen. Zudem enthält sie vielfach lediglich pauschale Verweisungen auf frühere Schriftsätze und verkennt, dass es nicht Aufgabe des Bundesverfassungsgerichts ist, verfassungsrechtlich Relevantes aus den in Bezug genommenen Schriftsätzen herauszusuchen (vgl. BVerfGE 80, 257 <263>; 83, 216 <228>).

Darüber hinaus haben die Beschwerdeführer für die verfassungsrechtliche Beurteilung unverzichtbare Unterlagen, insbesondere das in Bezug genommene Handyvideo, dessen Inhalt nach Auffassung der Beschwerdeführer in ein gerichtsmedizinisches Gutachten hätte einfließen müssen, aber auch die in dem Bescheid der Generalstaatsanwaltschaft erwähnten nicht näher spezifizierten Zeugenaussagen beziehungsweise die Zeugenaussage der Rettungsassistenten und die Anhörung der eingesetzten Polizeibeamten, innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 BVerfGG weder vorgelegt noch ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben (vgl. BVerfGE 78, 320 <327>; 88, 40 <45>; 93, 266 <288>; BVerfGK 5, 170 <171>).

2. Im Übrigen steht der Annahmefähigkeit der Verfassungsbeschwerde auch entgegen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf den Antrag auf gerichtliche Entscheidung der Beschwerdeführer im Ergebnis zu Recht als unzulässig zurückgewiesen hat.

a) Ein Klageerzwingungsantrag ist grundsätzlich unzulässig, wenn in Bezug genommene Bestandteile in die Antragsschrift hineinkopiert werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 30. Januar 2017 – 2 BvR 225/16 -, Rn. 7; VerfGH Berlin, Beschluss vom 30. April 2004 – VerfGH 128/03 -, Rn. 20 f.; OLG Düsseldorf, StV 1983, S. 498; OLG Celle, NStZ 1997, S. 406; vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 16. Dezember 2014 – 1 Ws 521/14 -, Rn. 15). Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, sich den entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst aus Anlagen zusammenzustellen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 8. September 2003 – 1 Ws 242/03 -, Rn. 8), insbesondere, wenn durch das Einkopieren von Strafanzeigen oder Beschwerdeschriften die Sachdarstellung verunklart wird. Ausnahmen hiervon werden nur für zulässig erachtet, wenn es auf den Wortlaut der eingefügten Unterlagen ankommt und das Hineinkopieren lediglich das – anderenfalls notwendige – vollständige Abschreiben dieser Unterlagen ersetzt. Entscheidend ist, dass das Gericht nicht gezwungen wird, sich den relevanten Verfahrensstoff aus einer Vielzahl (möglicherweise unsystematisierter) Kopien selbst zusammenzustellen (vgl. OLG Hamm, a.a.O., Leitsatz und Rn. 15).

Ein Ermittlungserzwingungsantrag unterliegt als Sonderform des Klageerzwingungsantrages (vgl. Graalmann-Scheerer, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2018, § 172 Rn. 19) jedenfalls insoweit grundsätzlich demselben Maßstab. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung daher bereits aus diesem Grunde unzulässig.

b) Darüber hinaus kommt statt der Klageerzwingung eine bloße Ermittlungserzwingung nur in engen Ausnahmefällen in Betracht (vgl. Graalmann-Scheerer, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl. 2018, § 175 Rn. 16 ff. m.w.N.).

aa) Ein Ausnahmefall liegt vor, wenn die Staatsanwaltschaft den Anfangsverdacht aus rechtlichen Gründen verneint und deshalb den Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht nicht aufgeklärt hat. In solchen Fällen kann das Oberlandesgericht ein auf Klageerzwingung gerichtetes Verfahren mit der Anordnung abschließen, dass die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen aufzunehmen habe (vgl. OLG Koblenz, NStZ 1995, S. 50 <51>; Beschluss vom 4. November 2016 – 2 Ws 396/16 -, Rn. 6 m.w.N.; OLG Zweibrücken, GA 1981, S. 94 <95>; KG, NStZ 1990, S. 355; Graalmann-Scheerer, a.a.O., Rn. 16 m.w.N.).

Ein solcher Ausnahmefall liegt hier jedoch nicht vor, weil die Staatsanwaltschaft letztlich nicht aus Rechtsgründen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abgesehen hat. Zwar hat die Staatsanwaltschaft Kleve ihre Entscheidung formal – und in der Sache unzutreffend – darauf gestützt, dass gegen die an der Festnahme beteiligten Polizeibeamten schon kein Anfangsverdacht im Sinne von § 152 Abs. 2 StPO bestehe, gleichwohl aber zuvor Ermittlungen in tatsächlicher Hinsicht angestellt. Das zeigt insbesondere die Einholung eines forensisch toxikologischen Gutachtens und Nachfragen beim Obduzenten zu der (Mit-)Ursächlichkeit der Fixierung in Bauchlage et cetera, sodass es sich in der Sache um eine Einstellung mangels hinreichenden Tatverdachts nach § 170 Abs. 2 StPO handelt.

Dem entsprechen auch die Erwägungen der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf in ihrem Bescheid vom 11. Januar 2017. Sie führt dort aus, dass ungeachtet der bereits in dem toxikologischen Gutachten nachgewiesenen Kokain-Konzentrationen im Blut des Opfers, die im formal-toxischen Bereich lagen und geeignet waren, zu dem eingetretenen Kreislaufzusammenbruch zu führen, Kausalverlauf und Todeserfolg für die eingesetzten Beamten auch unter Berücksichtigung der Zeugenaussagen und der Inaugenscheinnahme des Handyvideos nicht vorhersehbar waren. In Anbetracht der Gefahr die von dem Opfer ausging, seien die getroffenen Fahndungsmaßnahmen und die Festnahme auch unter Anwendung von Zwangsmitteln aufgrund der massiven Gegenwehr erforderlich und geboten gewesen, sodass von der Inaugenscheinnahme des Handyvideos durch die Obduzenten kein zusätzlicher Erkenntnisgewinn zu erwarten sei.

bb) Soweit die Beschwerdeführer vor diesem Hintergrund die Verletzung des aus Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG folgenden Anspruchs auf effektive Strafverfolgung rügen, fehlt es sowohl an einer hinreichend substantiierten Auseinandersetzung mit den hierfür geltenden verfassungsgerichtlichen Maßstäben, als auch an einem den Verstoß belegenden Sachvortrag.

Grundlage des Anspruchs auf effektive Strafverfolgung ist vor allem die staatliche Schutzpflicht für höchstpersönliche Rechtsgüter. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 Satz 2 GG verpflichten den Staat, sich dort schützend und fördernd vor das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit und die sexuelle Selbstbestimmung des Einzelnen zu stellen und sie vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten Dritter zu bewahren, wo dieser nicht selbst für ihre Integrität sorgen kann (vgl. BVerfGE 39, 1 <42>; 46, 160 <164>; 121, 317 <356>; BVerfGK 17, 1 <5>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juli 2018 – 2 BvR 1550/17 -, Rn. 38). Ein Anspruch auf bestimmte einklagbare Maßnahmen ergibt sich aus diesem aber grundsätzlich nicht, weil die Rechtsordnung in der Regel keinen grundrechtlich radizierten Anspruch auf eine Strafverfolgung Dritter kennt (vgl. BVerfGE 51, 176 <187>; 88, 203 <262 f.>; BVerfGK 17, 1 <5>; BVerfG, Beschluss der 4. Kammer des Zweiten Senats vom 9. April 2002 – 2 BvR 710/01 -, Rn. 5; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 23. Januar 2020 – 2 BvR 859/17 -, Rn. 20; stRspr).

Die Staatsanwaltschaft hat umfangreiche Ermittlungen dazu durchgeführt, inwieweit der Nachweis geführt werden kann, dass das Verhalten der an der Festnahme des Sohnes der Beschwerdeführer beteiligten Polizeibeamten (zumindest auch) todesursächlich war. Es ist nicht ersichtlich, dass die begehrten Ermittlungen oder Schlussfolgerungen geeignet wären, einen hinreichenden Tatverdacht im Sinne des § 203 StPO – also die Wahrscheinlichkeit der Verurteilung der Beschuldigten in einer Hauptverhandlung – zu begründen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 2. Juli 2018 – 2 BvR 1550/17 -, Rn. 21)…..“