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StPO I: Zunächst Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO, oder: Kein Strafklageverbrauch

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Und heute dann dreimal StPO, allerdings nichts vom BGH, sondern dreimal vom OLG.

Als erstes greife ich eine Entscheidung auf, über die ich schon dreimal wegen der vom OLG entschiedenen materiellen Fragen berichtet habe, nämlich den OLG Hamm, Beschl. v. 10.03.2022 – 4 RVs 2/22 (Auto I: Viermonatiges StGB-Fahrverbot als Nebenstrafe, oder: Auch noch nach Zeitablauf von zwei Jahren? und: StGB II: (Kurze) Behinderung von Hilfsleistenden, oder: Bei schweren Verletzungen genügt bereits eine Minute und Strafzumessung III: Doppelverwertungsverbotsverstoß, oder: Aber noch milder geht es kaum). Heute dann noch einmal, und zwar wegen einer vom OLG ebenfalls angesprochenen verfahrensrechtlichen Frage.

Nach dem Sachverhalt des OLG-Beschlusses war das Verfahren zunächst von der StA mit Zustimmung des AG gem. § 153 Abs. 1 StPO eingestellt worden, nach neuen Erkenntnissen aber wiederaufgenommen worden. Dann hatte das AG den Angeklagten verurteilt. Der machte nun mit seiner Revision u.a. Strafklageverbraich geltend. Er hatte damit keinen Erfolg:

„1. Es kann dahinstehen, ob mit der Revision die Verfahrensrüge formgerecht erhoben worden ist. Denn die Frage des Strafklageverbrauchs hat der Senat von Amts wegen zu überprüfen (vgl. BGH NJW 1966, 114).

Vorliegend ist die Frage, ob Strafklageverbrauch durch die Einstellung gem. § 153 Abs. 1 StPO eingetreten ist, der Revision jedoch entzogen, nachdem das Landgericht der sofortigen Beschwerde der Staatsanwaltschaft Münster stattgegeben hat. Denn der Revision unterliegen keine gerichtlichen Entscheidungen, die ausdrücklich für unanfechtbar erklärt wurden oder mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar sind, § 336 Satz 2 StPO. Das Landgericht Münster hat auf die gegen die teilweise Nichteröffnung des Verfahrens gerichtete sofortige Beschwerde einen Strafklageverbrauch durch Verfahrenseinstellung verneint und das Verfahren auch insoweit vor dem Amtsgericht eröffnet. Gemäß § 210 Abs. 1 StPO hat der Angeklagte kein Beschwerderecht gegen einen Eröffnungsbeschluss. Der Staatsanwaltschaft steht die sofortige Beschwerde nur gegen die Ablehnung der Eröffnung zu. Mit dem Eröffnungsbeschluss entscheidet das Gericht darüber, ob hinreichender Tatverdacht vorliegt und Prozesshindernisse – wie der Strafklageverbrauch – nicht vorliegen. Da der stattgebende Eröffnungsbeschluss gem. § 210 StPO unanfechtbar ist und zudem auch das Landgericht die Frage des Strafklageverbrauchs ausdrücklich beschieden hat, ist sie der Revisionsüberprüfung nicht mehr zugänglich.

Der Senat folgt überdies der Ansicht des Landgerichts, dass ein Strafklageverbrauch durch die Einstellung gem. § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO nicht eingetreten ist. Denn die Zustimmung des Amtsgerichts zur Einstellung durch die Staatsanwaltschaft ist keine gerichtliche Entscheidung, sondern lediglich eine Prozesserklärung (vgl. hierzu OLG Hamm NStZ 1983, 45; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 64. Aufl., § 153 Rn. 11; Löwe/Rosenberg/Beulke, StPO, 26. Aufl., § 153 Rn. 46; KK/Diemer, StPO, 8. Aufl., § 153 Rn. 19). Durch die Zustimmung des Gerichts soll lediglich die von Seiten der Staatsanwaltschaft befürwortete Ausnahme vom Legalitätsprinzip mitgetragen werden (vgl. OLG Hamm a.a.O.). Ohnehin werden solche Einstellungen erfahrungsgemäß in einem frühen Verfahrensstadium getroffen, in dem der Sachverhalt oftmals noch nicht abschließend aufgeklärt ist. Die Verfahrenseinstellung nach § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO vermag auch keinen Vertrauensschutz bei dem Angeklagten hervorzurufen, welcher eine Wiederaufnahme ausschließt. Anders als in den Fällen des § 153 Abs. 2 StPO erfolgt die Einstellung nach § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO in einem Verfahrensstadium, in dem die Ermittlungen gerade noch nicht abgeschlossen sind. Die Anregung erfolgt nicht durch das Gericht und eine wechselseitige Kontrolle ist mangels eines abschließend ermittelten Sachverhalts nicht möglich. Die Verfahrenseinstellung gem. § 153 Abs. 1 Satz 1 StPO ist daher nicht – wie es die Revision vorträgt – mit einer solchen gem. § 153 Abs. 2 StPO vergleichbar, so dass auch der von der Revision gezogene Vergleich mit der Entscheidung BGH NJW 2004, 375 fehlgeht.

Einstellung II: Einstellung nach § 153 StPO durch die StA, oder: Kein Strafklageverbrauch

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Als zweite Entscheidudng stelle ich dann den BGH, Beschl. v. 11.03.2020 – 4 StR 307/19 – vor. Der BGH äußert sich in ihm zur Frage des Strafklageverbrauchs einer Einstellung nach § 153 StPO durch die Staatsanwaltschaft. Der wird vom BGH verneint:

„Der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren zunächst mit Verfügung vom 3. Dezember 2015 (Bd. XIV. d. A., Bl. 1) nach § 153 Abs. 1 StPO ohne Zustimmung des Gerichts eingestellt hat, weil sie allenfalls eine „fahrlässige Geldwäsche“ für nachweisbar hielt, begründet kein Verfahrenshindernis und steht der Aburteilung der Tat deshalb nicht entgegen. Im Gegensatz zu einer gerichtlichen Verfahrenseinstellung gemäß § 153 Abs. 2 StPO, nach der eine Fortführung des Verfahrens nur unter den Voraussetzungen des § 153a Abs. 1 Satz 5 StPO möglich ist (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 26. August 2003 . 5 StR 145/03, NJW 2004, 375, 376 ff.; siehe auch RG, Urteil vom 8. Mai 1931 . I 1367/30, RGSt 65, 291), kommt einer Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO allein durch die Staatsanwaltschaft kein auch nur begrenzter Strafklageverbrauch zu (vgl. RG, Urteil vom 9. Oktober 1933 . II 391/33, RGSt 67, 315, 316 [zur Einstellung mit Zustimmung des Gerichts]; Diemer in: Karlsruher Komm.z.StPO, 8. Aufl., § 153 Rn. 26; Schmitt in: Meyer-Großner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 153 Rn. 37; Schnabl in: SSW-StPO, 4. Aufl., § 153 Rn. 26; Peters in: Münch.Komm.z.StPO, 1. Aufl., § 153 Rn. 55; Weßlau in: SK-StPO, 5. Aufl., § 153 Rn. 43; Mavany in: Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 153 Rn. 59 mwN; a.A. Radtke, Die Systematik des Strafklageverbrauchs verfahrenserledigender Entscheidungen, 1993, S. 371 ff.; ders. in: Hohmann/Radtke, StPO § 153 Rn. 64). Denn anders als bei einem gerichtlichen Beschluss nach § 153 Abs. 2 StPO, der auf der Grundlage einer auch für ein Urteil ausreichenden Sachverhaltsaufklärung ergehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 26. August 2003 . 5 StR 145/03, NJW 2004, 375, 377; siehe auch RG, Urteil vom 9. Oktober 1933 . II 391/33, RGSt 67, 315, 316), handelt es sich bei der staatsanwaltschaftlichen Einstellung nach § 153 Abs. 1 StPO strukturell um eine Entscheidung, der unter dem Gesichtspunkt des Verfahrensschutzes nicht die einem Urteilsverfahren ähnliche Verlässlichkeit zuzumessen ist. Auch die insoweit vergleichbaren staatsanwaltschaftlichen Verfahrenseinstellungen nach § 45 Abs. 1 JGG (vgl. BGH, Urteil vom 15. Januar 1957 . 5 StR 390/56, BGHSt 10, 104; Höffler in: Münch.Komm.z.StPO, JGG § 45 Rn. 33; Eisenberg, JGG, 20. Aufl., § 45 Rn. 31 mwN) und § 31a Abs. 1 BtMG (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 31a Rn. 145; Patzak in: Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 9. Aufl., § 31a Rn. 134), bewirken nach allgemeiner Auffassung keinen Strafklageverbrauch. Da die Staatsanwaltschaft die von ihr am 20. Oktober 2016 (Bd. XV., Bl. 127 f. d. A.) verfügte Wiederaufnahme des Verfahrens auf neue Erkenntnisse und Tatsachen, die den Verdacht einer vorsätzlichen Tatbegehung begründeten, gestützt hat, liegt auch kein Verstoß gegen das Willkürverbot vor.“