Und im zweiten Posting dann zwei weitere Entscheidungen mit Corona-Bezug.
Zunächst der LG München I, Beschl. v. 04.01.2021 – 15 Qs 46/20. Der Angeklagte war zu einem Fortsetzungstermin in der auf seinen Einspruch gegen einen Strafbefehl anberaumten Hauptverhandlung nicht erschienen. Begründung: Bei ihm sei eine Testung auf Covid19 durchgeführt worden. Das AG hat das als nicht genügend angesehen und den Einspruch verworfen. Das LG München I hat Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt:
„Die Beschwerde ist auch begründet. Nach Ansicht der Kammer ist dem Beschwerdeführer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, da das Nichterscheinen im Hauptverhandlungs-termin unverschuldet war. Nach § 412, § 392 Abs. 7 S. 1 i.V.m. § 44 S. 1 StPO ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, den Einspruchstermin wahrzunehmen. Der Angeklagte war durch das Telefax seines Rechtsanwaltes vom 26.10.2020 mit den beigefügten Unterlagen ausreichend entschuldigt. Aufgrund der geschilderten Symptome und der Entnahme eines Abstrichs bestand bis zur Mitteilung des Testergebnisses für den Angeklagten eine Quarantänepflicht. Überdies darf das Gerichtsgebäude ohnehin nur von fieberfreien Personen ohne akute respiratorische Symptome betreten werden. Auch das Nichterscheinen des Verteidigers war ausreichend entschuldigt. Zwar war insoweit eine Isolierung bzw. Quarantäne ärztlich bzw. behördlich nicht angeordnet worden. Tatsächlich bestand aber insbesondere aufgrund der mehrstündigen gemeinsamen Autofahrt des Verteidigers mit dem Angeklagten wenige Tage vor Auftreten der Symptome beim Angeklagten ein nicht unerhebliches Risiko einer COVID-19 Infektion auch beim Verteidiger. Bis zum Vorliegen des Testergebnisses des Angeklagten war eine freiwillige Isolierung des Verteidigers sinnvoll und bei einer Risikoabwägung auch geboten.“
Die zweite Entscheidung kommt dann mit dem LG Stralsund, Beschl. v. 18.01.2021 – 23 Kls 17/20 jug. – vom anderen Ende der Republik. Der Beschluss behandelt die Aussetzung der Hauptverhandlung, wenn wegen der Corona-Pandemie eine hinreichende räumliche Distanzierung der Prozessbeteiligten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Öffentlichkeit im Verhandlungssaal nicht zu gewährleisten ist. Und: Er setzt in einem Verfahren mit dem Vorwurf des versuchten Totschlags Haftbefehle gegen einige der Angeklagten außer Vollzug.
Die Aussetzung ist m.E. auf der Grundlage der vom LG in dem Beschluss geschilderten räumlichen Umstände auf jeden Fall gerechtfertigt. Bis zu 34 Personen auf knapp 117 m² Schwurgerichtssaal ist einfach zu viel. Was nicht geht, geht nicht. Und: Die Außervollzugsetzung der Haftbefehle ist/war dann die zwingende Folge.