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StGB II: Kein bewaffnetes Handeltreiben mit BtM, oder: War das Messer „bereit gelegt“?

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Und dann als zweite Entscheidung der BGH, Beschl. v. 06.12.2022 – 4 StR 284/22 – also schon ein wenig älter. Der Beschluss war leider bislang „untergegangen“.

Der BGH hat in der Entscheidung zum bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln Stellung genommen, und zwar wie folgt:

„1. Nach den Feststellungen fuhren die Angeklagten in einem Pkw zu einem am Vortag mit dem Zeugen A.   abgestimmten Treffpunkt, um ihm dort 100 Gramm Marihuana gegen Zahlung des zuvor vereinbarten Kaufpreises von 700 Euro zu übergeben. In der Mittelkonsole des Fahrzeugs befand sich – von den Angeklagten wahrgenommen – zugriffsbereit ein Messer mit einer Klingenlänge von etwas mehr als neun Zentimetern, das die Angeklagten einige Tage zuvor bei einem Angelausflug mitgeführt hatten. Der Zeuge A. setzte sich auf die Rückbank des Fahrzeugs, nahm das Rauschgift in einem verschlossenen Gefrierbeutel entgegen und warf diesen aus dem Auto einer draußen stehenden Person zu, die damit flüchtete. Die Identität dieser Person konnte das Landgericht nicht feststellen. Der Zeuge A. und die Angeklagten verließen das Fahrzeug, unter anderem um die mit dem Marihuana flüchtende Person aufzuhalten. Dabei führte der Angeklagte D. K. das Messer bei sich. Außerhalb des Fahrzeugs kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung, an der außer den Angeklagten und dem Zeugen A. der Zeuge G. beteiligt war. Den genauen Verlauf der Auseinandersetzung konnte das Landgericht nicht aufklären, insbesondere nicht, von wem jeweils der erste körperliche Übergriff ausging. Der Angeklagte R. K. schlug den Zeugen A.  mit einer Gehhilfe, mit der dieser zum Tatort gekommen war. Der Angeklagte D. K. stach mehrere Male mit dem Messer auf den Zeugen G. ein, der hierdurch erheblich verletzt wurde. Zu Gunsten beider Angeklagten ist das Landgericht davon ausgegangen, dass sie sich jeweils im Zeitpunkt ihrer Körperverletzungshandlung einem gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff des Zeugen A. bzw. des Zeugen G. ausgesetzt sahen. Nach dem Ende der Auseinandersetzung sammelten die Angeklagten Teile des am Boden liegenden Marihuanas ein, das bei dem Versuch, der flüchtenden Person den Beutel zu entreißen, auf den Boden gefallen war.

2. Die Feststellungen tragen die Verurteilung der Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nicht, da sich aus ihnen nicht ergibt, dass die Angeklagten bei der Tat einen Gegenstand mit sich geführt haben, der seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt war.

a) Bei Waffen im technischen Sinn und den in § 1 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b) WaffG normierten, sog. gekorenen Waffen liegt die Bestimmung durch den Täter zur Verletzung von Menschen auf der Hand, so dass es einer ausdrücklichen Erörterung in den Urteilsgründen nicht bedarf (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1997 – 3 StR 465/97, BGHSt 43, 266, 269; Beschluss vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466; Beschluss vom 28. März 2019 – 4 StR 463/18, NStZ 2019, 419 Rn. 7; Maier in Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 30a Rn. 122 mwN). Bei sonstigen Gegenständen, die nicht typischerweise dazu eingesetzt werden, jemanden zu verletzen, sind tatrichterliche Feststellungen zur Zweckbestimmung durch den Täter unerlässlich; dies gilt insbesondere bei Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens (BGH, Urteil vom 6. September 2017 ‒ 2 StR 280/17 Rn. 14; Beschluss vom 6. November 2012 – 2 StR 394/12, StV 2013, 704; Beschluss vom 25. Mai 2010 – 1 StR 59/10 Rn. 13; Oğlakcıoğlu in MüKo-StGB, 4. Aufl., § 30a BtMG Rn. 154, jew. mwN). Allerdings kann die Annahme einer Zweckbestimmung im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nahe liegen, wenn nach den Umständen des Falles ein nachvollziehbarer Grund dafür fehlt, dass der Täter einen objektiv gefährlichen Gegenstand griffbereit mit sich führt (vgl. BGH, Urteil vom 18. Juli 2018 – 5 StR 547/17 Rn. 30; Maier, aaO, Rn. 129).

b) Daran gemessen lässt sich den Feststellungen nicht entnehmen, dass das tatgegenständliche Messer bereits im Zeitpunkt der Abwicklung des Betäubungsmittelgeschäfts im Fahrzeug zur Verletzung von Menschen bestimmt war. Das Landgericht hat es lediglich als aufklappbar beschrieben und die Klingenlänge angegeben; weitergehende Beschaffenheitsangaben fehlen. Daher ist nicht zu erkennen, ob es sich um ein Messer im Sinne von § 1 Abs. 2 Nr. 2 b) WaffG i.V.m. Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nr. 2.1 zu § 1 Abs. 4 WaffG und damit um eine gekorene Waffe handelt (vgl. BGH, Urteil vom 6. September 2017 – 2 StR 280/17 Rn. 15; Beschluss vom 21. Oktober 2014 – 1 StR 78/14 Rn. 21; Patzak in Patzak/Volkmer/Fabricius, BtMG, 10. Aufl., § 30a Rn. 74a zur Bezeichnung als „Einhandmesser“). Die Annahme, dass die Angeklagten das Messer zu ihrer Bewaffnung in dem zur Durchführung von Betäubungsmittelgeschäften eingesetzten Kraftfahrzeug bereitgelegt hatten und sich dessen bei der Tatausführung bewusst waren (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1997 – 3 StR 465/97, BGHSt 43, 266, 270; Oğlakcıoğlu, aaO, Rn. 155 mwN), liegt nach den Umständen des Falles auch nicht auf der Hand, denn nach den Feststellungen kommt auch in Betracht, dass sie es aus Anlass des Angelausflugs einige Tage zuvor im Auto aufbewahrten.

c) Auch eine nach der Übergabe der Betäubungsmittel spontan gefasste Zweckbestimmung im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG durch den Angeklagten D.K. lässt sich den Feststellungen nicht eindeutig entnehmen. Zwar kann der Tatbestand des bewaffneten Handeltreibens auch dann noch erfüllt sein, wenn der Täter den Gegenstand erst in der Schlussphase des Betäubungsmittelgeschäfts vor dessen Beendigung mit einer entsprechenden Zweckbestimmung bei sich führt (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2019 – 4 StR 461/18 Rn. 9; Beschluss vom 21. Mai 1999 – 2 StR 154/99, NStZ 1999, 467; Beschluss vom 14. November 1996 – 1 StR 609/96, NStZ 1997, 137; Maier, aaO, Rn. 170; Oğlakcıoğlu, aaO, Rn. 175, jew. mwN). Danach kann ein Waffeneinsatz im Sinne von § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch dann noch in Betracht kommen, wenn der Erwerber noch keine sichere Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel erlangt hat (vgl. BGH, Beschluss vom 9. April 2019 – 4 StR 461/18 Rn. 9; Beschluss vom 15. November 2016 – 3 StR 344/16 Rn. 5). Den Feststellungen lässt sich jedoch nicht entnehmen, dass der nach § 32 Abs. 1 StGB gerechtfertigte Messer-einsatz gegen den Zeugen G.     in einem Zusammenhang mit der beabsichtigten Wiedererlangung des Rauschgifts stand. Denn die Strafkammer vermochte nicht festzustellen, dass es sich bei dem Zeugen G.     um diejenige Person handelte, die zuvor mit dem Marihuana geflüchtet war. Auch dazu, wer den Versuch unternommen hat, der flüchtenden Person das Marihuana zu entreißen, verhalten sich die Urteilsgründe nicht.

Hinzu kommt, dass der Messereinsatz dem Angeklagten R.    K.    nicht nach den allgemeinen Grundsätzen der Mittäterschaft gemäß § 25 Abs. 2 StGB zuzurechnen wäre. Denn es ist nicht festgestellt, dass eine spontane Bewaffnung mit dem Ziel der Wiedererlangung des Rauschgifts vom gemeinsamen Tatplan umfasst war (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 – GSSt 1/02, BGHSt 48, 189, 192 ff.; Maier, aaO, Rn. 146, 153 mwN). Auf den von dem Angeklagten R.    K.     geführten Schlag mit der Gehhilfe kann aus den vorgenannten Gründen nicht abgestellt werden, weil sich auch bezogen auf diesen ein Zusammenhang mit dem Betäubungsmittelgeschäft nicht herstellen lässt.“

BTM II: Bewaffnetes Handeltreiben mit BtM, oder: Keine teleologische Reduktion – meint der 4. Ss.

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Die zweite Entscheidung zum BtMG kommt vom BGH. Der hat sich im BGH, Beschl. v. 28.01.2020 – 4 StR 303/19 – mal wieder mit dem bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gem. § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG befasst.

Nach den Feststellungen des LG hatte der Angeklagte in seiner Wohnung eine größere Menge Amphetamin und Ecstasy zum Zwecke des gewinnbringenden Weiterverkaufs aufbewahrt. Zudem hatte er – und daruaf kommt es dann für die Entscheidung an – neben der Schrankwand in seinem Wohnzimmer, in der ein Großteil der Ecstasy-Tabletten aufbewahrt wurde, ein Jagdmesser und einen ausgezogenen Teleskopschlagstock, in einer Schublade im Büroschrank ein Springmesser und in einer Schublade des Schlafzimmerschrankes einen weiterer ausziehbarer Teleskopschlagstock gelagert. Darüber hinaus lagerte der Angeklagte in einem Schrank im Büro der Wohnung eine geladene und funktionsfähige halbautomatische Schreckschusspistole. Alle Gegenstände waren für den Angeklagten zugriffsbereit.

Das LG hat nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verurteilt. Der BGH hat das in seiner für BGHST bestimmten Entscheidung „gehalten“. Dabei hat er zur Frage der sog. teleologischen Reduktion der Vorschrift Stellung genommen und hat die verneint. Dazu hat ja gerade auch das BGH, Urt. v. vom 14.08.2018 – 1 StR 149/18 Stellung genommen (vgl. dazu BtM I: Bewaffnetes Handeltreiben, oder: Nur Aufbewahrung des Erlöses reicht nicht). Hier führt der BGH aus:

2. Die Verurteilung des Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG im Fall II. 2 der Urteilsgründe hält – abgesehen von der Bewertung des Konkurrenzverhältnisses zur Tat II. 1 der Urteilsgründe – einer rechtlichen Prüfung stand.

a) Nach der Qualifikationsnorm des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG macht sich unter anderem strafbar, wer mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel treibt und dabei eine Schusswaffe oder einen seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstand mit sich führt. Für die Erfüllung des Tatbestandes reicht es aus, wenn dem Täter die Schusswaffe oder der gefährliche Gegenstand bei einem Teilakt der auf den Umsatz einer nicht geringen Betäubungsmittelmenge bezogenen Bewertungseinheit des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zur Verfügung steht (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96 , BGHSt 43, 8, 10 ; vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16 , NStZ 2017, 714, 715; Beschluss vom 8. Mai 2019 – 4 StR 203/19 , NStZ-RR 2019, 220, 221). Nicht erforderlich ist, dass der Täter zugleich auf die Schusswaffe oder den gefährlichen Gegenstand und die Betäubungsmittel zugreifen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 1999 – 3 StR 372/98 , NJW 1999, 3206, 3207). Tatbestandlich erfasst werden vielmehr das Mitsichführen einer Schusswaffe oder eines seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstandes auch bei Teilakten des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, die dem eigentlichen Güterumsatz vorausgehen oder nachfolgen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. Juni 1999 – 3 StR 372/98 , aaO; vom 4. Februar 2003 – GSSt 1/02 , BGHSt 48, 189, 195 f. ; vom 28. Juni 2011 – 3 StR 485/10 , BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 12 ; Urteil vom 14. August 2018 – 1 StR 149/18 ,StV 2019, 341, 342). So macht sich wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auch derjenige strafbar, der etwa bei der Fahrt zur Abholung einer zuvor bestellten Betäubungsmittellieferung oder beim Transport von Rauschgifterlösen (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Juli 2017 – GSSt 4/17 , BGHSt 63, 1 Rn. 19 f. ) eine Schusswaffe oder einen gefährlichen Gegenstand mit sich führt.

b) Indem der Angeklagte, dem in seiner Wohnung eine Schusswaffe und mit den jeweils als Waffen im technischen Sinne zu qualifizierenden Teleskopschlagstöcken sowie dem Springmesser mehrere ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignete und bestimmte Gegenstände griffbereit zur Verfügung standen, aus der Wohnung heraus eine nicht geringe Handelsmenge an Betäubungsmitteln zur alsbaldigen Lieferung in seine Wohnung bestellte, hat er sich des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schuldig gemacht. Dass er nach den Urteilsfeststellungen nicht vorhatte, die Schusswaffe oder die gefährlichen Gegenstände bei seinen Betäubungsmittelgeschäften zum Einsatz zu bringen, ist ohne Bedeutung. Denn der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG setzt eine tatbezogene Verwendungsabsicht nicht voraus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 14. Juni 1996 – 3 StR 233/96 , NStZ 1996, 498; vom 9. Oktober 1997 – 3 StR 465/97 , BGHSt 43, 266, 270 ).

c) Eine den Anwendungsbereich der Norm einschränkende Auslegung des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist nicht geboten. Soweit in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht tragend erwogen worden ist, Fälle, in denen nach Lage der Dinge schlechterdings keine Gefahr für das geschützte Rechtsgut besteht, im Wege einer teleologischen Reduktion der Vorschrift von der Strafbarkeit nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG auszunehmen (vgl. BGH, Urteil vom 14. August 2018 – 1 StR 149/18 ,StV 2019, 341, 342 f.; Beschluss vom 13. April 1999 ? 1 ARs 3/99; vgl. auch Beschluss vom 3. April 2002 – 1 ARs 14/02 , NStZ 2002, 600; offengelassen in Beschluss vom 4. Februar 2003 – GSSt 1/02 , BGHSt 48, 189, 196 f. ; vgl. Lenckner, NStZ 1998, 257; Hecker, NStZ 2000, 208, 209; Zaczyk, JR 1998, 256; Nestler,StV 2002, 504; Paeffgen in Festschrift 50 Jahre Bundesgerichtshof, Festgabe aus der Wissenschaft, Bd. IV, S. 725; kritisch Altenhain, NStZ 2003, 435), folgt der Senat dem nicht.

aa) Mit dem Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. Oktober 1994 (BGBl. I., S. 3186), durch das die Strafvorschrift des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG in das Betäubungsmittelgesetz eingefügt worden ist, verfolgte der Gesetzgeber das Ziel, im Betäubungsmittelstrafrecht Strafrahmen vorzusehen, mit denen der großen Gefährlichkeit solcher Taten entsprochen werden kann. Die Qualifikationsnorm des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG , die den Schutz der Allgemeinheit vor bewaffneten Tätern bezweckt, soll der besonderen Gefährlichkeit Rechnung tragen, die darin besteht, dass Täter ihre Interessen beim unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln rücksichtslos durchsetzen und dabei die Schusswaffe oder die sonstigen von der Vorschrift erfassten gefährlichen Gegenstände einsetzen (vgl. Entwurf zum Verbrechensbekämpfungsgesetz BT-Drucks. 12/6853, S. 41; BGH, Urteil vom 10. April 1996 – 3 StR 5/96 , BGHSt 42, 123, 126 ; Beschlüsse vom 4. Februar 2003 – GSSt 1/02 , BGHSt 48, 189, 193 ; vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16 , BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 ). Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG schützt nicht nur das Rechtsgut der Volksgesundheit vor qualifizierten Angriffen (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96 , BGHSt 43, 8, 11 ), sondern auch die Rechtsgüter Leben und körperliche Unversehrtheit von Personen, die in Kontakt mit Tätern von Betäubungsmittelstraftaten geraten (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2016 ? 1 StR 38/16, aaO).

Der Gesetzgeber hat die Qualifikationsnorm des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG als abstraktes Gefährdungsdelikt ausgestaltet (vgl. BGH, Urteile vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96 , aaO, S. 12; vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12 , NStZ-RR 2013, 150, 151) und den Tatbestand durch die Beschränkung auf bestimmte verkehrsrelevante Umgangsformen mit Betäubungsmitteln und das Erfordernis einer nicht geringen Betäubungsmittelmenge auf Tatmodalitäten begrenzt, bei denen nach seiner Bewertung das Führen von Schusswaffen oder sonstigen gefährlichen Gegenständen typischerweise zu einer besonderen Gefährlichkeit führt (BT-Drucks. 12/6853, S. 41). Bei der Schaffung dieser Norm war dem Gesetzgeber die weite Auslegung, die der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofs erfahren hat (vgl. BGH, Beschluss vom 26. Oktober 2005 – GSSt 1/05 , BGHSt 50, 252 ), bekannt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 1999 – 3 StR 372/98 , NJW 1999, 3206, 3207).

bb) Für eine einschränkende Auslegung des Tatbestands im Wege einer teleologischen Reduktion ist nach Auffassung des Senats schon deshalb kein Raum, weil sich für die Beurteilung der Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Gefahr für das geschützte Rechtsgut nach Lage der Dinge gänzlich ausgeschlossen erscheint, vor dem Hintergrund des weiten Verständnisses des Handelsbegriffes im Betäubungsmittelstrafrecht und des Schutzzwecks des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG keine sachgerechten, abstrakt formulierbaren Kriterien finden lassen (vgl. Altenhain, NStZ 2003, 435 [BGH 04.02.2003 – GSSt – 1/02] ).

Überlegungen, die Strafbarkeit des bewaffneten Handeltreibens auf Konstellationen eines zeitgleichen Zugriffs des Täters auf Schusswaffe bzw. gefährlichen Gegenstand und die Betäubungsmittel zu beschränken, haben wegen der damit verbundenen Privilegierung bewaffneter, am eigentlichen Güterumsatz unmittelbar nicht beteiligter Hintermänner (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 30a Rn. 157) in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu Recht keine Zustimmung erfahren (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 1999 – 3 StR 372/98 , NJW 1999, 3206, 3207). Da die Strafnorm des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nach den Intentionen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 12/6853, S. 41) auf den Schutz der Allgemeinheit vor bewaffneten Tätern abzielt, umfasst ihr Schutzzweck nicht nur am Betäubungsmittelumsatz als Abnehmer oder Lieferanten Beteiligte, sondern alle Personen, die – sei es aus Tätersicht auch ungewollt oder zufällig – in Kontakt mit dem Täter geraten. Zu Letzteren gehören insbesondere auch offen oder verdeckt agierende Angehörige des Zolls oder der Polizei (vgl. BGH, Urteile vom 20. Juni 2000 – 2 StR 123/00 , Rn. 12; vom 22. August 2012 – 2 StR 235/12 , NStZ-RR 2013, 150, 151). Eine vom Täter intendierte Kontaktaufnahme mit Dritten scheidet deshalb als taugliches Kriterium für die Erfassung gänzlich ungefährlicher Fallkonstellationen aus (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96 , BGHSt 43, 8, 13 ). Ein Abstellen darauf, ob es beim Mitsichführen der Schusswaffe oder des gefährlichen Gegenstandes tatsächlich zu einer potentiellen oder gar konkreten Gefahrenlage gekommen ist, lässt sich mit der Struktur der Strafvorschrift als abstraktes Gefährdungsdelikt nicht in Einklang bringen (vgl. BGH, Beschluss vom 5. April 2016 – 1 StR 38/16 , BGHR BtMG § 30a Abs. 2 Mitsichführen 13 ). Der Gesetzgeber hat die Strafbarkeit nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG gerade nicht vom festzustellenden Eintritt einer konkreten Gefahr oder einer Gefährdungseignung für die Sicherheit der Allgemeinheit abhängig gemacht. Eine abstrakt mögliche Gefahrensituation für andere wird aber im Einzelfall kaum jemals zweifelsfrei auszuschließen sein (vgl. BGH, Urteil vom 28. Februar 1997 – 2 StR 556/96 , aaO; vgl. Altenhain, NStZ 2003, 435, 438 [BGH 04.02.2003 – GSSt – 1/02] ). Dies zeigt auch der Sachverhalt im vorliegenden Verfahren, bei dem der bewaffnete Angeklagte aus seiner Wohnung heraus Betäubungsmittel zur alsbaldigen Lieferung in seine Wohnung bestellte und gegen ihn bereits zeitgleich mit der Lieferung der bestellten Betäubungsmittel offene polizeiliche Ermittlungsmaßnahmen ergriffen wurden. Bei dieser Konstellation lässt sich die Frage eines gänzlichen Fehlens jedweder Gefahr für das geschützte Rechtsgut nicht plausibel beurteilen.

Das Fehlen sachgerechter, abstrakt formulierbarer Kriterien für einen Ausschluss jedweder Rechtsgutsgefährdung hat aber zur Folge, dass sich die Fallgestaltungen, für welche eine teleologische Reduktion des Tatbestands in Betracht kommen soll, einer objektiv nachvollziehbaren und damit intersubjektiv zu vermittelnden Umschreibung entziehen.

cc) Eine teleologische Reduktion der Strafnorm des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG ist schließlich auch unter Berücksichtigung der hohen, eine Mindeststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe vorsehenden Strafandrohung der Vorschrift nicht erforderlich, um in atypischen Sachverhaltskonstellationen zu einer strafrechtlichen Ahndung zu gelangen, die dem Unrechts- und Schuldgehalt der betreffenden Handlungen in angemessener Weise gerecht wird. Denn solchen Sachverhaltsgestaltungen kann durch die Annahme eines minder schweren Falles nach § 30a Abs. 3 BtMG , der eine die Mindeststrafe für minder schwere Fälle des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nach § 29a Abs. 2 BtMG lediglich um drei Monate übersteigende Strafrahmenuntergrenze vorsieht, hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Februar 2003 ? GSSt 1/02, BGHSt 48, 189, 197 ).

BtM I: Bewaffnetes Handeltreiben, oder: Nur Aufbewahrung des Erlöses reicht nicht

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Der BGH hat in seiner Rechtsprechung immer wieder mit dem bewaffneten Handeltreiben mit BtM zu tun. Die damit zusammenhängenden Fragen sind wegen der erhöhten Strafdrohung in § 30a BtMG auch für den Angeklagten von erheblicher Bedeutung. Daher muss der BGH immer wieder zur Frage Stellung nehmen, ob es bestimmte Tatgeschehen die Voruassetzungen für „bewaffnetes Handeltreiben“  erfüllen. So u.a. auch im BGH, Beschl. v. 14.08.2018 – 1 StR 149/18.

In dem Verfahren hatte das LG etwa folgende Feststellungen getroffen:

Nach den Feststellungen des Landgerichts bewahrte der Angeklagte am 29. November 2016 in einem ihm von einer dritten Person überlassenen Kellerabteil 880,8 Gramm Marihuana, 40,5 Gramm Kokain, 79,6 Gramm MDMA und 151 „2C-I“-Trips sowie Feinwaagen und Verpackungsmaterial auf. Die Betäubungsmittel waren zu einem Drittel zum Eigenkonsum, zu zwei Drittel zum gewinnbringenden Weiterverkauf vorgesehen. Das Marihuana und das Kokain hatte der Angeklagte etwa eine bis eineinhalb Wochen zuvor von einem unbekannten Lieferanten gekauft. Sowohl der zum Weiterverkauf bestimmte Anteil als auch der Anteil für den Eigenkonsum überschritt in Bezug auf den Wirkstoffgehalt die nicht geringe Menge. Der Wirkstoffgehalt des MDMA und der „2C-ITrips“ überstieg hingegen die nicht geringe Menge nicht. Der Angeklagte hatte diese Betäubungsmittel etwa einen bis eineinhalb Monate vor dem 29. November 2016 von einem anderen Lieferanten erworben und sie mit den später gekauften Betäubungsmitteln nicht vermengt.

In der im gleichen Hochhaus im neunten Stock gelegenen Einzimmerwohnung des Angeklagten befanden sich zwei Reizstoffsprühgeräte – eines davon war zur Tierabwehr vorgesehen, bei dem anderen war das Haltbarkeitsdatum abgelaufen – und ein Einhandmesser auf einem Beistelltisch sowie ein im Urteil näher beschriebener Schlagring auf einer Lautsprecherbox. Ferner lag ein kleiner Baseballschläger auf einem Regalschrank. In einem Kuvert in einer neben dem Bett abgelegten Umhängetasche verwahrte der Angeklagte 3.480 € Bargeld, das zumindest teilweise aus bereits erfolgten Verkäufen der erworbenen Betäubungsmittel stammte und der Bezahlung der auf Kommission eingekauften Betäubungsmittel dienen sollte. In einer Holzschale auf einem Tisch befandensich 4,5 Gramm Marihuana zum Eigenverbrauch.

Das Landgericht vermochte nicht festzustellen, dass der Angeklagte die Betäubungsmittel aus seiner Wohnung heraus verkaufte. Weder die Bestellungen noch die Entgegenahme bzw. Übergabe der Betäubungsmittel fanden in seiner Wohnung statt. Etwaige Telefonate mit Betäubungsmittelabnehmern dienten allein der Terminsabstimmung. Die Portionierung und Verpackung des Rauschgifts erfolgten im Kellerabteil.“

Das LG hat den Angeklagten nicht wegen bewaffneten Handeltreibens nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG verurteilt. Dagegen die Revision der StA, die keinen Erfolg hatte:

2. Gemessen an diesen Maßstäben begegnet die rechtliche Wertung des Landgerichts keinen Bedenken, dass das bloße Aufbewahren des durch die Betäubungsmittelverkäufe erzielten Erlöses – und zwar unabhängig davon, ob dieser Geldbetrag mit eigenem rechtmäßig erworbenem Geld vermengt wurde oder nicht – keinen Teilakt des Handeltreibens darstellt. Dies gilt insbesondere auch für den vorliegenden Fall, dass das konkrete Umsatzgeschäft für den Betäubungsmittelhandel noch nicht beendet ist, weil die Bezahlung der auf Kommission erworbenen Betäubungsmittel an den Lieferanten noch aussteht.
a) Das schlichte Aufbewahren von Geldmitteln, auch wenn diese aus Betäubungsmittelverkäufen stammen und der Bezahlung des Lieferanten dienen sollen, ist schon keine auf Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit. Eine Ermöglichung oder Förderung des Betäubungsmittelumsatzgeschäftes wird dadurch allein noch nicht bewirkt. Zum Tätigwerden im Sinne des Handeltreibens bedarf es daher zusätzlich noch einer Handlung, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Zahlvorgang der zu erwerbenden oder zu veräußernden Betäubungsmittel steht. Das Aufbewahren von Geldmitteln stellt sich, soweit ein solcher unmittelbarer Zusammenhang mit einem Zahlvorgang (noch) nicht vorliegt, als eine neutrale, nicht als solche inkriminierte Handlung dar. Zwar bietet das Vorhandensein von Bargeld in einer Wohnung möglicherweise für den Betäubungsmittelhändler einen eigenständigen Anreiz, seine wirtschaftlichen Interessen mit Waffengewalt durchzusetzen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, NStZ 2017, 714 Rn. 17). Diese mögliche Motivlage führt aber noch nicht dazu, dass die in der Wohnung vorhandenen Geldmittel als solche bereits einen Teilakt des Handeltreibens darstellen. Denn der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG knüpft an das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und dessen fördernde Teilakte, nicht jedoch an das bloße Vorhandensein von Geldmitteln an. Insoweit sieht auch der Gesetzgeber den Grund für den erhöhten Strafrahmen darin, dass beim Mitsichführen von Schusswaffen oder gefährlichen Gegenständen die Gefahr besteht, dass die Täter rücksichtlos ihre Interessen beim unerlaubten Umgang mit Betäubungsmitteln durchsetzen (BT-Drucks. 12/6853, S. 41).

b) Soweit der Angeklagte mit Betäubungsmittelabnehmern Treffen zur Übergabe der Betäubungsmittel telefonisch von seiner Wohnung aus terminlich abgestimmt hat (vgl. UA S. 16, 17, 30, 79), hat das Landgericht nicht konkret festgestellt, dass diese Absprachen die nicht geringe Menge der Betäubungsmittel Marihuana und Kokain betrafen. Aber auch für den Fall, dass die Terminsabsprachen diese Betäubungsmittel betroffen haben sollten, wäre der Qualifikationstatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift nicht erfüllt. Zwar ist beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge das Merkmal des Mitsichführens eines gefährlichen Gegenstandes an sich auch dann erfüllt, wenn dieser nur bei einer Tätigkeit mitgeführt wird, die den eigentlichen An- oder Verkaufsakt vorbereiten soll. In Fällen, in denen der Teilakt des Handeltreibens nach Lage der Dinge aber schlechterdings keine Gefahr für das geschützte Rechtsgut darstellt, scheidet die Anwendbarkeit der Norm nach Ansicht des Senats im Wege teleologischer Reduktion aus (vgl. BGH, Beschluss vom 13. April 1999 – 1 ARs 3/99 Rn. 6 mwN). Das Landgericht hat vorliegend die Gefahr, dass der Angeklagte einen gefährlichen Gegenstand im Rahmen der geführten Telefonate in tatsächlicher Hinsicht hätte einsetzen können, rechtsfehlerfrei verneint.“

BtM-Handel mit Waffen, oder: Was mache ich dabei mit einem „Brieföffner“?

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Author: Hedwig Storch

Als zweite Entscheidung stelle ich den BGH, Beschl. v. 02.05.2018 – 3 StR 39/18 – vor. Er stammt aus dem recht großen Reservoir zum Handeltreiben mit BtM mit Waffen. Das LG hat den Angeklagten wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt, und zwar auf der Grundlage folgender Feststellungen.

„Der Angeklagte führte am Tattag eine Umhängetasche mit sich, in der sich rund 88 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 11,61 Gramm THC und rund 96 Gramm Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 10,98 Gramm THC befanden. 80 Gramm Marihuana und 90 Gramm Haschisch waren für den gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt. Außerdem enthielt die Tasche ein sog. Cuttermesser mit einer vier Zentimeter lang ausgefahrenen und arretierten Klinge sowie einen 17 Zentimeter langen metallenen Brieföffner mit einer flachen, sich zum Griff hin verbreiternden Klinge. Diesen Brieföffner führte der Angeklagte mit sich, um ihn im Zusammenhang mit seinen Betäubungsmittelgeschäften notfalls als Angriffs- oder Verteidigungsmittel zu benutzen.“

Dazu dann der BGH betreffend die landgerichtliche Beweiswürdigung:

2. Die Feststellung, dass der Brieföffner als sonstiger Gegenstand im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG durch den Angeklagten zur Verletzung von Menschen bestimmt war (vgl. BGH, Beschluss vom 9. Oktober 1997 – 3 StR 465/97, BGHSt 43, 266), wird nicht von einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung getragen.

a) Die Würdigung der Beweise ist zwar Sache des Tatrichters, dem allein es obliegt, sich unter dem Eindruck der Hauptverhandlung ein Urteil über die Schuld oder Unschuld des Angeklagten zu bilden. Das Revisionsgericht hat indes zu prüfen, ob die Beweiswürdigung des Tatrichters mit Rechtsfehlern behaftet ist, etwa weil sie Lücken oder Widersprüche aufweist oder mit den Denkgesetzen bzw. gesichertem Erfahrungswissen nicht in Einklang steht (st. Rspr.; vgl. BGH, Urteil vom 16. November 2017 – 3 StR 315/17, NJW 2018, 1411, 1412).

b) Hieran gemessen hält die Beweiswürdigung des Landgerichts zu der Feststellung, dass der Angeklagte den Brieföffner gegebenenfalls zur Verletzung von Menschen einsetzen wollte, revisionsgerichtlicher Prüfung nicht stand; sie ist lückenhaft.

Das Landgericht hat seine Überzeugung, dass der Angeklagte den Brieföffner, von dem er nach seinen Angaben nichts wusste bzw. der ihm nicht gehört habe, mit sich führte, um ihn notfalls als Angriffs- oder Verteidigungsmittel zu benutzen, maßgeblich auf die Erwägung gestützt, dass Anhaltspunkte für eine andere Zweckbestimmung nicht ersichtlich seien. So scheide auch die denktheoretische Möglichkeit aus, der im Tatzeitraum auch mit Ladendiebstählen aufgefallene Angeklagte könne den Brieföffner zum Ablösen von Sicherungsetiketten an Waren – zu einer Entfernung von Etiketten war es bei einem festgestellten Diebstahl am Tattag tatsächlich gekommen – bestimmt haben. Denn dies hätte der Angeklagte, der die Diebstähle nicht in Abrede gestellt habe, einräumen können, ohne „Nachteile“ befürchten zu müssen. Damit übersieht die Strafkammer, dass der Angeklagte sich mit einer solchen Einlassung nicht nur eines einfachen Diebstahls nach § 242 StGB, sondern eines Diebstahls mit Waffen nach § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB, der eine Strafdrohung von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe vorsieht, hätte bezichtigen müssen. Auch hat das Landgericht nicht erörtert, warum der Brieföffner, der „mangels scharfer Klinge“ als Portionierungswerkzeug für Haschisch ausscheiden müsse, aus Sicht des Angeklagten dennoch als geeignetes Angriffs- oder Abwehrmittel eingesetzt werden sollte.

Bei seiner Überzeugungsbildung zur Zweckbestimmung des Brieföffners hat das Landgericht damit maßgebliche Umstände unberücksichtigt gelassen. Dazu, welchem Zweck das mitgeführte „Cuttermesser“ dienen sollte, verhält sich das Urteil nicht. Eine Strafbarkeit wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist somit nicht rechtsfehlerfrei belegt, so dass die Verurteilung im Fall II. 2. der Urteilsgründe der Aufhebung unterliegt. Da der aufgezeigte Rechtsfehler die Feststellungen zum objektiven Geschehensablauf nicht berührt, hat der Senat diese aufrechterhalten (§ 353 Abs. 2 StPO).“

Bewaffnetes Handeltreiben, oder: Wenn man die Waffe erst suchen muss…..

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So, und zum Tagesschluss dann noch der Hinweis auf den BGH, Beschl. v. 13.12.2017 – 5 StR 108/17. Thematik: Bewaffneten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG)? Die Strafkammer hatte: Nein, gesagt, die StA meinte: Ja, und ist in die Revision gegangen. Der BGH sagt: Es bleibt beim Urteil des LG, denn: Bei dem Durcheinander in den Schilderungen der Polizeibeamten hat die Kammer zu Recht ein „Mitsichführen“ verneint:

„Die Erwägungen des Landgerichts, mit denen es eine Verurteilung wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln nach § 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG abgelehnt hat, begegnen auch angesichts des zur Beweiswürdigung eingeschränkten revisionsgerichtlichen Prüfungsmaßstabs (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, StraFo 2017, 378 Rn. 6 mwN) keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Demgemäß muss der hiergegen gerichteten Revision der Staatsanwaltschaft der Erfolg versagt blei-ben.

a) Ein Mitsichführen einer Schusswaffe ist gegeben, wenn der Täter diese in irgendeinem Stadium des Tathergangs bewusst gebrauchsbereit so in seiner Nähe hat, dass er sich ihrer jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand und ohne besondere Schwierigkeiten bedienen kann (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Urteil vom 12. Januar 2017 – 1 StR 394/16, aaO Rn. 7; Beschluss vom 10. Feb-ruar 2015 – 5 StR 594/14, NStZ 2015, 349, jeweils mwN). Das Merkmal ist dementsprechend gegeben, wenn sich die Waffe in Griffweite des Täters befin-det (vgl. BGH, Beschluss vom 10. Februar 2015 – 5 StR 594/14, aaO mwN).

b) Von diesem durch die Rechtsprechung ausgeformten rechtlichen Maßstab ist das Landgericht ausgegangen. Jedoch konnte es aufgrund widersprüchlicher und unklarer Angaben der die Durchsuchung durchführenden Polizeibeamten keine Feststellungen zum exakten Auffindeort der Schusswaffe treffen. So hatte ein Beamter ausgeführt, ein unmittelbarer Zugriff auf die Waffe sei nicht möglich gewesen, weil erst etliche Kartons hätten beiseitegelegt werden müssen, um an die Waffe zu kommen. Auch wenn man um den Aufbewahrungsort gewusst habe, sei sie seiner Einschätzung nach nicht „griffbereit“ gewesen. Später bekundete er, das Auffinden der Waffe nicht selbst beobachtet zu haben. Vielmehr sei sie ihm von einem Kollegen übergeben worden, der sie in einem Kartonstapel gefunden habe. Weitere Polizeibeamte konnten keine oder keine verlässlichen Angaben machen. Eine Videoaufzeichnung stellte nach den Bekundungen der polizeilichen Zeugen nicht die Auffindesituation dar. Vielmehr müsse es sich um eine von der Einsatzhundertschaft nachgestellte Szene handeln.

Unter diesen Vorzeichen ist die durch das Landgericht vorgenommene Wertung rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar ist die notwendige räumliche Nähe in der Regel vorhanden, wenn sich die Waffe in dem Raum befindet, in dem Handel getrieben wird (vgl. Weber, BtMG, 5. Aufl., § 30a Rn. 139 mwN). Auch dann muss jedoch festgestellt werden, welche Maßnahmen und welcher Zeit-aufwand im Einzelnen erforderlich ist, damit der Täter auf die Waffe zugreifen kann (vgl. BGH, Urteil vom 12. März 2002 – 3 StR 404/01, StV 2002, 489 [Hochklappen eines Sofas]; Weber, aaO; siehe auch BGH, Beschluss vom 8. Januar 2014 – 5 StR 542/13, NStZ 2014, 466). Diesbezügliche Feststellun-gen vermochte das Landgericht aber nicht zu treffen.

Eine Zugriffsnähe im vorbezeichneten Sinn verstand sich nach den auf der Grundlage der Zeugenaussagen im Urteil geschilderten Gegebenheiten (unter Umständen zeitaufwendiges Weglegen von Kartons) auch nicht von selbst. Deswegen durfte das Landgericht nach dem Zweifelssatz vom Nichtvorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen eines Mitsichführens ausgehen. Darin liegt entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts keine fehlerhafte Anwendung des Satzes „in dubio pro reo“ auf einen Rechtsbegriff. Eine Verfahrensrüge hat die Staatsanwaltschaft nicht erhoben.“