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Besetzungsstreit beim BGH: 4 Strafsenat (auch) 2013 ordnungsgemäß besetzt

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Im immer noch anhängigen Besetzungsstreit beim BGH musste jetzt noch einmal der 4. Strafsenat Stellung beziehen. In der – so weit ist es sehe ersten Entscheidung aus 2013 – nimmt er im BGH, Beschl. v. 26.03.2013 – 4 StR 556/12 – zur ordnungsgemäßen Besetzung des Senats auf der Grundlage des GVP des BGH zum Jahr 2013 Stellung und sieht den Senat – was nicht überrascht – als ordnungsgemäß besetzt:

I. Der Senat ist ordnungsgemäß besetzt. Dem steht nicht entgegen, dass er seit dem 1. Juli 2012 keinen planmäßigen Vorsitzenden hat.

1. Der frühere Vorsitzende des 4. Strafsenats, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof Dr. Ernemann, ist mit Ablauf des 30. Juni 2012 wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand getreten. Seitdem ist diese Stelle vakant, und der 4. Strafsenat wird von Richter am Bundesgerichtshof Dr. Mutzbauer als dem vom Präsidium bestimmten Vertreter gemäß § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG geführt. Daran hat das Präsidium des Bundesgerichtshofs auch bei der Aufstellung des Geschäftsverteilungsplans für das Jahr 2013 (§ 21e Abs. 1 Satz 2 GVG) nichts geändert.

2. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht Einigkeit darüber, dass im Falle des endgültigen Ausscheidens eines Vorsitzenden aus dem Spruchkörper § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG entsprechend anzuwenden ist, so- fern und solange die Wiederbesetzung lediglich „vorübergehend“ unterbleibt, also einen angemessenen Zeitraum nicht überschreitet (vgl. BVerfGE 18, 423, 426 f.; BVerfG, NJW 1983, 1541; BGH, Urteil vom 9. Februar 1955 – IV ZR 153/54, BGHZ 16, 254; Urteil vom 21. Juni 1955 – 5 StR 177/55, BGHSt 8, 17, 19 ff.; Beschluss vom 11. Juli 1985 – VII ZB 6/85, NJW 1985, 2337; BSG, NJW 2007, 2717, 2718; BFHE 190, 47, 52 f.; BVerwG, NJW 1986, 1366, 1367; vgl. auch Breidling in LR-StPO, 26. Aufl., § 21f GVG Rn. 27). Es sei nicht in allen Fällen und ungeachtet der Dauer der mutmaßlichen Vakanz zu verlangen, dass das Präsidium den frei gewordenen Vorsitz dem Vorsitzenden eines anderen Spruchkörpers zusätzlich übertrage (BSG, NJW 2007, 2717, 2718; BFHE 190, 47, 53 f.). Wie lange das Präsidium im Falle der nicht naht-losen Besetzung der Stelle eines Vorsitzenden mit der Entscheidung zuwarten darf, einen anderen Vorsitzenden zusätzlich mit dem vakant gewordenen Senatsvorsitz zu betrauen, lässt sich nicht „allgemeingültig“ und losgelöst von dem Grund der Verhinderung beantworten (BGH, Urteil vom 13. September 2005 – VI ZR 137/04, NJW 2006, 154, 155; vgl. auch Breidling in LR-StPO, 26. Aufl., § 21f GVG Rn. 25, 27; Kissel/Mayer, GVG, 7. Aufl., § 59 Rn. 13; Zöller/Lückemann, ZPO, 29. Aufl., § 21e GVG Rn. 39d).

Für den Fall der länger dauernden Erkrankung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass es auf die tatsächlichen Umstände des Einzelfalls ankommt, die umfassend zu würdigen sind. Jedenfalls dann, wenn der ordentliche Vorsitzende über ein ganzes Geschäftsjahr wegen Krankheit dienstunfähig gewesen sei, habe das Präsidium vor der Aufstellung des Geschäftsverteilungs-plans für das nächste Geschäftsjahr die ihm zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um die Frage nach der voraussichtlichen Fortdauer der Verhinderung zu klären. Könne hiernach nicht mit einer Wiederherstellung der Dienstfähigkeit in absehbarer Zeit gerechnet werden, müsse das Präsidium von einer dauernden Verhinderung ausgehen (BGH, Urteil vom 13. September 2005 – VI ZR 137/04, NJW 2006, 154). In einem Fall, in dem der Vorsitzende planmäßig mit Erreichung der Altersgrenze ausgeschieden war und die Ausschreibung der Stelle erst im Monat seines Ausscheidens erfolgte, ist das Bundessozialgericht davon ausgegangen, dass „zumindest im Regelfall“ der Vorsitz in einem Spruchkörper nicht länger als sechs Monate durch den vom Präsidium bestimmten stellvertretenden Vorsitzenden geführt werden darf (BSG, NJW 2007, 2717, 2718). Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist § 21f Abs. 2 Satz 1 GVG nach dem endgültigen Ausscheiden eines Vorsitzenden solange anwendbar, wie durch die Vakanz im Vorsitz keine wesentlich gewichtigere Beeinträchtigung der bei ordnungsgemäßer Besetzung des Spruchkörpers zu erwartenden Arbeitsweise zu erwarten ist als bei einem längeren Urlaub oder einer „länger dauernden Erkrankung“ (BFHE 190, 47, 55). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist eine ruhestandsbedingte Vakanz im Vorsitz „praktisch unvermeidbar“; allgemeingültige Fristen ließen sich weder für den Fall einer Verhinderung durch längere Krankheit noch für den Fall der dauernden Verhinderung des Vorsitzenden infolge einer Vakanz festlegen (BVerwG, NJW 1986, 1366, 1367; vgl. auch BVerwG, NJW 2001, 3493 für den besonders gelagerten Fall der geplanten Auflösung des Bundesdisziplinargerichts).

3. Der Senat hat keinen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen. Auf ihrer Grundlage bestehen keine Bedenken gegen die ordnungsgemäße Besetzung des 4. Strafsenats.


a) Das frühzeitig eingeleitete Verfahren zur Wiederbesetzung der Stelle des Vorsitzenden Richters ist noch nicht abgeschlossen, weil das Verwaltungsgericht Karlsruhe im Rahmen eines anhängigen Konkurrentenstreitverfahrens mit (nicht rechtskräftigem) Beschluss vom 17. Januar 2013 der Bundesrepublik Deutschland im Wege der einstweiligen Anordnung untersagt hat, die beabsichtigte Ernennung auszusprechen, bevor über die Bewerbung des klagenden Konkurrenten unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine neue Auswahlentscheidung getroffen worden ist (Verwaltungsgericht Karlsruhe, Beschluss vom 17. Januar 2013 – 1 K 2614/12).

b) Nach dem „Vermerk über die wesentlichen Erwägungen des Präsidiums des Bundesgerichtshofs zur Entscheidung über die Besetzung der Vorsitzendenstellen in den Strafsenaten“ (Anlage 6 zum Protokoll über die Präsidiumssitzung vom 13. Dezember 2012) hat das Präsidium für das Geschäftsjahr 2013 selbst bei Ausschöpfung aller Ressourcen und nach Abwägung aller denkbaren Geschäftsverteilungsmodelle keine Möglichkeit gesehen, jedem Strafsenat einen Vorsitzenden Richter zuzuweisen. Der Doppelvorsitz durch gleichzeitige Leitung des 2. und 3. Strafsenats könne infolge Überlastung des mit dieser Aufgabe betrauten Vorsitzenden nicht mehr aufrechterhalten werden, so dass im Geschäftsjahr 2013 der Präsident den Vorsitz im 3. Strafsenat wahrnehme (§ 21e Abs. 1 Satz 3 GVG). Die Übertragung eines Doppelvorsitzes an einen anderen Vorsitzenden eines Strafsenats komme nicht in Betracht, da der Vorsitzende des 1. Strafsenats mit Ablauf des 30. April 2013 altersbedingt in den Ruhestand treten werde und der Vorsitzende des 5. – Leipziger – Strafsenats schon auf Grund der örtlichen Gegebenheiten nicht parallel den Vorsitz in einem Karlsruher Strafsenat übernehmen könne. Die Heranziehung der Vorsitzenden der Zivilsenate für Interimslösungen scheide ebenfalls aus. Sie seien mit den Rechtsmaterien der Strafsenate nicht in einem Maße vertraut, dass sie ohne ins Gewicht fallende Einarbeitungszeit die Funktion eines Vorsitzenden in einem zusätzlich zu übernehmenden Strafsenat erfüllen könnten.

c) Da das Beförderungsverfahren zügig betrieben wurde und das Präsidium des Bundesgerichtshofs alle sinnvollen Ressourcen zur Besetzung der Vorsitzendenstellen in den Strafsenaten ausgeschöpft hat, liegen besondere Umstände vor, die es rechtfertigen, dass der 4. Strafsenat jedenfalls derzeit durch den vom Präsidium bestimmten stellvertretenden Vorsitzenden geleitet wird.

Für mich klingt es ein bisschen so, als sei das VG Karlsruhe schuld an den noch „offenen Stellen“.

Besetzungsstreit beim BGH: Etappensieg auf einem Nebenkriegsschauplatz…

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Da ich am Donnerstag (14.02.2013) unterwegs war – u.a. in Berlin Kaffeetrinken beim Kollegen Hoenig – ist bislang der Hinweis auf eine PM des BGH unterblieben, in der der BGH über das Ergebnis in zwei Dienstgerichtsverfahren berichtet, die im Zusammenhang mit dem Besetzungsstreit zwischen dem Präsidenten des BGH und dem RiBGH Fischer stehen. In der PM (vgl. hier) heißt es:

„Dienstgericht des Bundes entscheidet über Anträge von zwei Richtern des Bundesgerichtshofs

Das Dienstgericht des Bundes hat heute die Anträge von zwei Richtern des Bundesgerichtshofs zurückgewiesen, mit denen sie die Feststellung beantragt haben, dass Maßnahmen des Präsidenten und des Präsidiums des Bundesgerichtshofs ihre richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt hätten und daher unzulässig gewesen seien.

Der Präsident des Bundesgerichtshofs hatte gegenüber der Geschäftsstelle des 2. Strafsenats angeordnet, ihm dienstliche Erklärungen vorzulegen, die mehrere Richter des 2. Strafsenats, die wegen Befangenheit abgelehnt worden waren, gem. § 26 Abs. 3 StPO in Strafverfahren abgegeben hatten, und hatte in die dienstlichen Erklärungen Einsicht genommen. In den beiden vom Dienstgericht entschiedenen Verfahren haben zwei Richter des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs dies als rechtswidrigen Eingriff in ihre richterliche Unabhängigkeit beanstandet.

Darüber hinaus hat der Antragsteller in dem Verfahren RiZ 4/12 weitere Maßnahmen als Verletzung seiner richterlichen Unabhängigkeit bestandet. Mit Beschluss vom 11. Januar 2012 hatte der 2. Strafsenat in der Sache 2 StR 346/11 festgestellt, dass er nicht ordnungsgemäß besetzt sei, weil der Geschäftsverteilungsplan mit der Zuweisung eines Vorsitzenden Richters als Vorsitzendem des 2. und des 4. Strafsenats mit der Verfassung nicht in Einklang stehe, und hatte die Hauptverhandlung ausgesetzt, um dem Präsidium des Bundesgerichtshofs die Gelegenheit zu geben, eine verfassungsgemäße Regelung herbeizuführen. Die Beanstandungen des Antragstellers betreffen im Wesentlichen Äußerungen des Präsidenten in Bezug auf die Absetzung und Zustellung der Entscheidungsgründe des Aussetzungsbeschlusses des 2. Strafsenats vom 11. Januar 2012, die Einladung des Antragstellers zur Anhörung und deren Durchführung im Präsidium am 18. Januar 2012. Weiter hat sich der Antragsteller gegen den Beschluss des Präsidiums vom 18. Januar 2012 gewandt, mit dem dieses an seinem Beschluss zur Besetzung des Vorsitzes im 2. und 4. Strafsenat festgehalten hat.

Das Dienstgericht des Bundes hat in den beanstandeten Vorgängen keine Maßnahmen der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG gesehen und deshalb die Anträge zurückgewiesen.

Dienstgericht des Bundes, Urteile vom 14. Februar 2013 – RiZ 3/12 und 4/12″

Über dieses Verfahren ist schon an anderer Stelle berichtet worden (vgl. u.a. hier bei LTO und bei Juve). Juve spricht von einem „Etappensieg“, den Tolksdorf über Fischer errungen hat. Na ja, das kann man so sehen, aber mehr ist es bei der wohl formalen Begründung der Ablehnung der Anträge – „keine Maßnahmen der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 DRiG – auch wirklich nicht. Und dann auf einem Nebenkriegsschauplatz, wobei sich Fischer sicherlich über eine Feststellung des Dienstgerichtes dahin, dass in die richterliche Unabhängigkeit eingegriffen worden ist, gefreut hätte.

Besetzungsstreit beim BGH: Doppelvorsitz geht in Ordnung, so das BVerfG

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Das BVerfG meldet gerade mit seiner PM 39/2102 zum Beschluss v. 23.05.2012 2 BvR 610/12 und  2 BvR 625/12


Verfassungsbeschwerden betreffend den Doppelvorsitz des 2. und 4. Strafsenats des Bundesgerichtshofs erfolglos


Seit dem ruhestandsbedingten Ausscheiden der früheren Vorsitzenden des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs zum 31. Januar 2011 ist die Stelle aufgrund des bisher nicht abgeschlossenen Verfahrens über die Wiederbesetzung vakant. Im Rahmen der Geschäftsverteilung für das Jahr 2012 wies das Präsidium des Bundesgerichtshofs dem Vorsitzenden des 4. Strafsenats zusätzlich den Vorsitz des 2. Strafsenats zu. Unter dessen Vorsitz verwarf der 2. Strafsenat im Februar 2012 die Revisionen der Beschwerdeführer, mit denen sie jeweils ihre Verurteilung zu mehrjährigen Freiheitsstrafen angegriffen hatten. Mit ihren gegen die Entscheidungen des 2. Strafsenats des Bundesgerichtshofs gerichteten Verfassungsbeschwerden rügen die Beschwerdeführer insbesondere eine Verletzung ihres Anspruchs auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Die richterliche Unabhängigkeit des Vorsitzenden Richters sei nicht gewährleistet, weil er infolge der Zuweisung des Doppelvorsitzes überlastet und daher nicht mehr in der Lage sei, die ihm überantwortete Aufgabe verantwortungsvoll wahrzunehmen und den richtungsweisenden Einfluss auf die Rechtsprechung des ihm anvertrauten Spruchkörpers auszuüben. Überdies sei die richterliche Unabhängigkeit infolge einer Anhörung von drei Mitgliedern des 2. Strafsenats durch das Präsidium am 18. Januar 2012 nicht mehr gewährleistet. Die 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts hat die Verfassungsbeschwerden nicht zur Entscheidung angenommen. Die Beschwerdeführer sind nicht in ihrem Anspruch auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt.

Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:

Der Grundsatz des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG hat einen materiellen Gewährleistungsgehalt, der dem rechtssuchenden Bürger im Einzelfall garantiert, vor einem unabhängigen und unparteilichen Richter zu stehen, der die Gewähr für Neutralität und Distanz gegenüber den Verfahrensbeteiligten bietet.

1. Die Überbeanspruchung eines Richters – unabhängig davon, ob eine solche tatsächlich vorliegt – führt grundsätzlich nicht zu einem Verstoß gegen den Anspruch auf den gesetzlichen Richter, weil eine dienstliche Überlastung den Richter nicht dazu zwingt, ein überobligatorisches Arbeitspensum zu erfüllen. Von der Gewähr eines unabhängigen Richters aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG ist die dem Richter selbst garantierte richterliche Unabhängigkeit aus Art. 97 GG zu unterscheiden, die ihm ein Abwehrrecht gegen eine überfordernde Einflussnahme bei der Zuweisung des Arbeitspensums einräumt. Er ist nicht verpflichtet, sämtliche ihm nach dem Geschäftsverteilungsplan übertragenen Aufgaben in vollem Umfang sofort und ohne Beschränkung seines zeitlichen Einsatzes zu erledigen, sondern kann nach pflichtgemäßer Auswahl unter sachlichen Gesichtspunkten die Erledigung der ein durchschnittliches Arbeitspensum übersteigenden Angelegenheiten zurückstellen. Ob sich ein überdurchschnittlich leistungsfähiger oder leistungsbereiter Richter darauf beruft oder sein erhöhtes Leistungsvermögen zur Bewältigung etwaiger überobligatorischer Aufgaben einsetzt, ist diesem überlassen. Auch wenn Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dem Rechtssuchenden die Gewähr eines unabhängigen Richters bietet, macht ihn das nicht zum In-teressenwalter des Richters. Er kann nicht eine aus dessen Arbeitsbelastung abgeleitete Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit geltend machen. Hiervon zu trennen ist eine mögliche Verletzung des Anspruchs auf Rechtsschutz in angemessener Zeit, die sich aus belastungsbedingten Erledigungsverzögerungen ergeben kann, hier jedoch weder vorgetragen noch ersichtlich ist und überdies zunächst mit den dafür in der Rechtsordnung vorgesehenen Mitteln geltend zu machen wäre. Des Weiteren kann auch dem Einwand der Beschwerdeführer, dass der richtunggebende Einfluss des Vorsitzenden Richters des 2. Strafsenats infolge des ihm zugewiesenen Doppelvorsitzes nicht mehr gewährleistet sei, nicht gefolgt werden. Ein Vorsitzender soll aufgrund seiner Sachkunde, Erfahrung und Menschenkenntnis in der Lage sein, den richtunggebenden Einfluss durch geistige Überzeugungskraft auszuüben. Seine Fähigkeit, auf die Rechtsprechung des ihm anvertrauten Spruchkörpers Einfluss zu nehmen, kann daher nicht von einer überlegenen inhaltlichen Kenntnis des zu entscheidenden Falles abhängen. Vielmehr erfordert jede Beratung und Entscheidung eines Spruchkörpers, dass alle Mitglieder – und nicht etwa nur der Berichterstatter und der Vorsitzende – vollständig über den Streitstoff informiert sind.

2. Die Anhörung von drei Mitgliedern des 2. Strafsenats durch das Präsidium im Vorfeld der angegriffenen Entscheidungen verletzt ebenfalls nicht den Anspruch der Beschwerdeführer auf den gesetzlichen Richter, weil in der vorliegenden Konstellation eine unabhängigkeitsbeeinträchtigende Einflussnahme auf die angehörten Richter oder den 2. Strafsenat insgesamt auszuschließen ist. Insbesondere sind von Seiten des Präsidiums in Bezug auf das künftige Entscheidungsverhalten keine direkten oder indirekten Sanktionen ausgesprochen oder angedeutet worden, die zu einem Verlust der Unabhängigkeit hätten führen können.

RiBGH Fischer widerspricht – „Post vom Richter“

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Im Besetzungsstreit beim BGH: Neue Runde mit altem (?) Beschwerdebrief gibt es etwas schon wieder Neues, sicherlich ein wenig ungewöhnlich.

Der betroffene RiBGH Fischer hat einem Bericht in der FR selbst in einem Kommentar im Internet widersprochen. Nachzulesen hier bei der FR in den Kommentaren zu dem FR-Beitrag. Die Journalistin bleibt bei ihrer Darstellung. Darüber hatte heute bereits auch LTO berichtet.

Besetzungsstreit beim BGH: Neue Runde mit altem (?) Beschwerdebrief

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Mal wieder  – oder immer noch ? – „Besetzungsstreit beim BGH“, bzw. Neues von der „Front“. Man fragt sich manchmal wirklich, wer da welche Geschütze wo und aus welchem Grund auffährt. Da gibt es zunächst die anonyme Anzeige gegen den Präsidenten des BGH wegen Verletzung von Dienstgeheimnisse (§ 353b Abs. 1 S. 1 Nr. 1 StGB), über die de legisbus gestern schon berichtet hat und die man wohl einem Richter zuordnet (dafür könnte auch sprechen, dass jemand diese verhältnismäßig unbekannte Vorschrift entdeckt hat). Und dann ist da der heutige Bericht in der FR, auf den gerade auch die juristische Presseschau von LTO hingewiesen hat. Man fragt sich natürlich, warum taucht gerade jetzt ein offenbar so altes Schreiben auf? Jedenfalls schon „eigenartig“. Und: Ruhe scheint es nicht zu geben.