Wann wird im Straf-/Bußgeldverfahren schon mal ein Beweisverwertungsverbot angenommen? Das ist mehr als selten. Daher überrascht das OLG Naumburg schon ein wenig mit seiner Entscheidung, wonach in der Regel ein Beweisverwertungsverbot begründet ist, wenn die die Ordnungsbehörde im Bußgeldverfahren entgegen einem Runderlass des Innenministeriums eine private Firma mit der Auswertung von Messergebnissen beauftragt hat (s. der OLG Naumburg, Beschl. v.07.05.2012 – 2 Ss Bz 25/12).
Im Fall hatte die Ordnugsbehörde hat die Auswertung der Messdaten, insbesondere die Filmentwicklung und -auswertung, der privaten Firma überlassen, die das Messgerät hergestellt hat, Dies widersprach dem Runderlass des Ministeriums des Innern des Landes Sachsen-Anhalt vom 18. Juni 1998, in dem es unter Ziffer 4.1. wörtlich lautet: „Die Filmentwicklung und -auswertung ist Aufgabe der Kommunen. Im Rahmen vorhandener Kapazitäten können Teilaufgaben oder auch die Gesamtaufgabe gegen Kostenerstattung durch die ZBS (Anmerkung des Senats: Zentrale Bußgeldstelle) wahrgenommen werden; …“.
Das OLG sieht auf der Grundlage ein Beweisverwertungsverbot:
Gegen diese ihn bindende Vorschrift hat der Landkreis H. durch die Beauftragung der Firma V. GmbH mit der Auswertung verstoßen. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hat entschieden, dass ein Beweisverwertungsverbot entsteht, wenn die Ordnungsbehörde bewusst und willkürlich die Auswertung der Messergebnisse von Privaten vornehmen lässt, obwohl ein Erlass des zuständigen Innenministeriums dies untersagt (NStZ-RR 2003, 342 f. [OLG Frankfurt am Main 21.07.2003 – 2 Ss Owi 388/02]) . Dem stimmt der Senat zu. Die Auffassung der Generalstaatsanwaltschaft, ein Verwertungsverbot werde nicht anzunehmen sein, weil das Interesse des Staates an der Tataufklärung zum Schutze der Allgemeinheit und zur Gewährleistung der Verkehrssicherung das Individualinteresse des Betroffenen überwiege, folgt er nicht. Der Senat geht davon aus, dass die beweiserheblichen Unterlagen (Film) nicht – was schlimm wäre – bereits vor Rechtskraft des Verfahrens vernichtet worden sind und somit für eine Auswertung durch Befugte zur Verfügung stehen.
Für die Annahme eines Beweisverwertungsverbotes bedarf es auch nicht der Klärung der Frage, ob den zuständigen Beamten des Landkreises H. der einschlägige Runderlass des Innenministeriums bekannt war und sie bewusst dagegen verstoßen haben. Soweit ihnen zum Zeitpunkt der Auswertung die seit fast dreizehn Jahren unverändert geltende einschlägige Vorschrift unbekannt gewesen sein sollte, würde dies eine völlige Gleichgültigkeit gegenüber den einschlägigen bindenden Normen dokumentieren, die ebenfalls ein Beweisverwertungsverbot nach sich zieht.“
In der Hauptverhandlung sollte/muss m.E. der Verteidiger der Verwertung dieser Messergebnisse widersprchen.