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Ordnungsmittelbeschluss ohne Begründung, oder: Etwas schnell geschossen Herr Amtsrichter

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Die zweite Entscheidung aus dem Themenkreis Sitzungspolizei/Verhandlungsleitung ist schon etwas älter. Es ist der LG Duisburg, Beschl. v. 20.12.2017 – 33 Qs 38/17. Der stammt vom Kollegen P. Vogt aus Duisburg. Das LG hat in ihm (noch einmal) zu den Anforderungen an die Begründung eines Ordnungsmittelbeschlusses, durch den einem Zeugen ein Ordnungsgeld wegen einer Aussageverweigerung auferlegt wird, Stellung genommen.

Der Zeuge hatte als Geschädigter einen Strafantrag gegen den Angeklagten gestellt. Er ist dann polizeilich vernommen worden. Im Hauptverhandlungstermin am 04.09.2017 wurde er dann im Verfahren gegen den Angeklagten als Zeuge richterlich vernommen. Der Zeuge hat sich geweigert, eine Aussage zu machen. Gegen ist dann ein Ordnungsgeld in Höhe 500,- EUR, ersatzweise je 50,- EUR pro Tag Ordnungshaft festgesetzt worden. Dagegen dann die Beschwerde des Zeugen, die „aus formellen Gründen“ Erfolg hatte:

„Letztlich kann es dahinstehen, ob der Beschwerdeführer gegen seine Pflicht vor Gericht auszusagen aus § 48 Abs. 1 S. 2 StPO verstoßen und das Zeugnis ohne gesetzlichen Grund im Sinne des § 70 Abs. 1 S. 2 StPO verweigert hat. Rechtlich unerheblich ist es daher auch, ob beim Beschwerdeführer die Schwelle eines Anfangsverdachts, der ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 55 StPO begründen könnte, überschritten war.

Denn weder dem Hauptverhandlungsprotokoll vom 04.09.2017, dem Ordnungsgeldbeschluss vom 04.09.2017 noch der Nichtabhilfeentscheidung vom 01.10.2017 lässt sich entnehmen, dass der Tatrichter sich bei seiner Entscheidung innerhalb des ihm nach den Umständen des Einzelfalls eröffneten weiten Beurteilungsspielraums hinsichtlich der Annahme eines Anfangsverdachts gehalten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 21.04.2010, BeckRS 2010, 49081; BGH, Beschluss vom 06.08.2002, BeckRS 2002, 30276571; OLG Celle NStZ-RR 2011, 377) sowie den richtigen Entscheidungsmaßstab unter Berücksichtigung der verfassungsrechtlich garantierten Selbstbelastungsfreiheit zugrunde gelegt hat (vgl. Karlsruher Kommentar zur StPO/Senge, 7. Auflage 2013, § 55 Rn. 4; OLG Köln BeckRS 2013, 08021).

Die Wertung des Tatrichters, dem Beschwerdeführer stehe derzeit (im Zeitpunkt des Erlasses des Ordnungsgeldbeschlusses) kein umfassendes Aussageverweigerungsrecht zu und er habe seine Aussage ohne gesetzlichen Grund verweigert, lässt sich anhand des Akteninhalts nicht nachvollziehen. Es ist anhand der Ausführungen im Hauptverhandlungsprotokoll vom 04.09.2017 und in der Nichtabhilfeentscheidung vom 01.10.2017 nicht erkennbar, ob der Tatrichter den Akteninhalt, das bisherige Ergebnis der Beweisaufnahme sowie das Vorbringen des Beschwerdeführers im Rahmen der Hauptverhandlung ausgewertet und umfassend gewürdigt hat. Eine entsprechende Wertung und Würdigung durch den Tatrichter bei Erlass des Ordnungsgeldbeschlusses ist nicht feststellbar und damit auch nicht überprüfbar. Aufgrund der fehlenden Begründung des Ordnungsgeldbeschlusses kann das Beschwerdegericht auch nicht nachprüfen, ob der Tatrichter seine Entscheidung im Rahmen des tatrichterlichen Beurteilungsspielraums auf fehlerhafte Erwägungen gestützt hat.“

Na ja: Selbst auf die Gefahr hin, dass wieder böse Kommentare kommen: Bisschen schnell geschossen Herr Amtsrichter, oder: Etwas mehr Sorgfalt…..