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beA II: Kontrolle des beA-Versands durch Mitarbeiter, oder: Die (beA)Berufungsbegründung, die keine war

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Und im zweiten Posting dann zwei BGh-Entscheidungen zum BeA und/oder zur Fristversäumung aus dem Zivilverfahren, und zwar:

Der BGH, Beschl. v. 06.09.2023 – IV ZB 4/23 – hat folgenden amtlichen Leitsatz:

Zu den organisatorischen Anforderungen an die Kontrolle einer Eingangsbestätigung nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO.

Der BGH hat in dem Beschluss die Voraussetzungen an eine Kontrolle des beA-Versands durch Kanzleimitarbeitende konkretisiert. Danach gilt: Wer die Einhaltung von Fristen an Mitarbeitende delegiert, muss sie genau anweisen. Dazu gehört insbesondere, dass  sichergestellt ist, dass Fristen nicht gestrichen werden, obwohl noch keine Übermittlung erfolgt ist. In dem Fall hatte eine Kanzleimitarbeiterin die Berufungsbegründen zwar über eine Schnittstelle der hauseigenen Kanzleisoftware über das beA versandt. Die Übermittlung war aber aus technischen Gründen innerhalb der Schnittstelle unterblieben, was die Mitarbeitern jedoch nicht bemerkte und die Frist als „erledigt“ notiert hat. Der Fehler ist dann erst aufgefallen, als das OLG darauf hinwies, dass es beabsichtige, die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Und dann noch der BGH, Beschl. v. 31.08.2023 – VIa ZB 24/22 – ebenfalls mit einen amtlichen „Zu…-Leitsatz, nämlich:

Zu den Anforderungen an die Versendung eines bestimmenden Schriftsatzes über das besondere elektronische Anwaltspostfach.

In dem Fall war die Fristversäumung betreffend eine Berufungsbegründung darauf zurückz zu führen, dass per beA statt einer korrekt adressierten Berufungsbegründung ein völlig anderer Schriftsatz eingereicht worden war, der mit dem Verfahren in keinerlei Zusammenhang stand. Das OLG war davon ausgegangen, dass in der betroffenen Kanzlei keine hinreichende Ausgangskontrolle gewährleistet gewesen sei. Bei der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im elektronischen Rechtsverkehr mittels beA sei es unerlässlich den Versandvorgang zu überprüfen. Dabei sei auch eine Prüfung erforderlich, ob die richtige Datei versandt worden sei. Der Rechtsanwalt müsse durch eine Organisationsanweisung oder durch konkrete Einzelanweisung sicherstellen, dass jeder fristgebundene Schriftsatz mit einem individuellen Dateinamen versehen werde, der später anhand von Prüfprotokoll und Eingangsbestätigung die Kontrolle auf Fehlversendungen ermögliche. Dass in der Kanzlei eine solche Kontrolle angeordnet worden wäre, habe sich aus dem Wiedereinsetzungsgesuch nicht entnehmen lassen. Dem ist der BGH gefolgt.

Ausgangskontrolle in der Rechtsanwaltskanzlei, oder: Zu frühe Streichung der Rechtsmittelbegründungsfrist

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Heute ist Samstag, also „Kessel Buntes Tag“. Und im ersten Kessel Buntes des Jahres 2020 liegen dann zwei BGH-Entscheidungen zur Wiedereinsetzung. Beide kommen aus dem Zivilverfahren.

Im BGH, Beschl. v. 29.10.2019 – VIII ZB 103/18 und VIII ZB 104/18 – nimmt der BGH zur Frage der einen gestuften Schutz gegen Fristversäumnisse sicherstellenden Organisation der Ausgangskontrolle in einer Rechtsanwaltskanzlei Stellung, und zwar wie folgt:

„1. Die Rechtssachen werfen weder entscheidungserhebliche Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf noch erfordern sie eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde verletzen die angefochtenen Beschlüsse nicht die verfassungsrechtlich verbürgten Ansprüche der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) und auf effektiven Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Danach darf einer Partei die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht aufgrund von Anforderungen an die Sorgfaltspflichten ihres Prozessbevollmächtigten versagt werden, die nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht verlangt werden beziehungsweise die den Parteien den Zugang zu einer in der Verfahrensordnung eingeräumten Instanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschweren (st. Rspr.; vgl. nur BVerfGE 74, 228, 234; BVerfG, NJW 2012, 2869 Rn. 8; NZA 2016, 122 Rn. 10; Senatsbeschlüsse vom 12. Juli 2016 – VIII ZB 55/15, WuM 2016, 632 Rn. 1; vom 9. Mai 2017 – VIII ZB 69/16, NJW 2017, 2041 Rn. 9; vom 4. September 2018 – VIII ZB 70/17, NJW-RR 2018, 1325 Rn. 9).

2. Das Berufungsgericht hat die Anforderungen an die anwaltlichen Organisationspflichten bei der Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze nicht überspannt, sondern unter Beachtung vorgenannter Grundsätze die Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Berufungsbegründung rechtsfehlerfrei versagt und das Rechtsmittel der Beklagten folgerichtig als unzulässig verworfen. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kann nach dem Vorbringen der Beklagten nicht ausgeschlossen werden, dass die Fristversäumung auf einem – ihr zuzurechnenden (§ 85 Abs. 2 ZPO) – anwaltlichen Organisationsmangel (§ 233 ZPO) bei der abendlichen Ausgangskontrolle in der Kanzlei ihres Prozessbevollmächtigten beruht.

a) Ein Rechtsanwalt hat durch organisatorische Vorkehrungen sicherzustellen, dass ein fristgebundener Schriftsatz rechtzeitig gefertigt und innerhalb der laufenden Frist beim zuständigen Gericht eingeht. Hierzu hat er grundsätzlich sein Möglichstes zu tun, um Fehlerquellen bei der Eintragung und Behandlung von Rechtsmittelfristen auszuschließen (BGH, Beschlüsse vom 2. Februar 2010 – XI ZB 23/08, XI ZB 24/08, NJW 2010, 1363 Rn. 11; vom 4. November 2014 – VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8).

Zu diesem Zweck hat er seine Ausgangskontrolle so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet. Zum einen dürfen die im Fristenkalender vermerkten Fristen erst dann gestrichen oder anderweitig als erledigt gekennzeichnet werden, wenn die fristwahrende Maßnahme tatsächlich durchgeführt, der Schriftsatz also gefertigt und abgesandt oder zumindest postfertig gemacht, die weitere Beförderung der ausgehenden Post also organisatorisch zuverlässig vorbereitet worden ist. Dabei sind die für die Kontrolle zuständigen Mitarbeiter anzuweisen, Fristen im Kalender grundsätzlich erst zu streichen oder als erledigt zu kennzeichnen, nachdem sie sich anhand der Akte vergewissert haben, dass zweifelsfrei nichts mehr zu veranlassen ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 – VI ZB 78/11, NJW-RR 2013, 506 Rn. 10; vom 9. Dezember 2014 – VI ZB 42/13, NJW-RR 2015, 442 Rn. 8).

Zum anderen gehört hierzu die Anordnung des Rechtsanwalts, dass die Erledigung von fristwahrenden Sachen am Abend eines jeden Arbeitstages anhand des Fristenkalenders durch eine dazu beauftragte Bürokraft überprüft wird. Diese nochmalige, selbständige und abschließende Kontrolle muss gewährleisten, dass geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen. Die allabendliche Ausgangskontrolle fristgebundener Schriftsätze mittels Abgleichs mit dem Fristenkalender dient dabei nicht allein dazu, zu überprüfen, ob sich aus den Eintragungen noch unerledigt gebliebene Fristsachen ergeben. Ihr Sinn und Zweck liegt auch darin festzustellen, ob möglicherweise in einer bereits als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht. Daher ist ein Fristenkalender so zu führen, dass auch eine gestrichene Frist noch erkennbar und bei der Endkontrolle überprüfbar ist (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. März 2000 – V ZB 1/00, NJW 2000, 1957 unter II; vom 16. Dezember 2013 – II ZB 23/12, juris Rn. 9; vom 11. März 2014 – VIII ZB 52/13, juris Rn. 5; vom 4. November 2014 – VIII ZB 38/14, aaO Rn. 10; vom 9. Dezember 2014 – VI ZB 42/13, aaO; vom 15. Dezember 2015 – VI ZB 15/15, NJW 2016, 873 Rn. 8; vom 16. April 2019 – VI ZB 33/17, NJW-RR 2019, 950 Rn. 8). Eine solche zusätzliche Kontrolle ist bereits deswegen notwendig, da selbst bei sachgerechten Organisationsabläufen individuelle Bearbeitungsfehler auftreten können, die es nach Möglichkeit aufzufinden und zu beheben gilt (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 – VIII ZB 38/14, aaO Rn. 8).

b) Dass in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine den vorstehenden Maßstäben gerecht werdende Ausgangskontrolle besteht, ist nicht dargetan. Der darin liegende Organisationsmangel ist für die Fristversäumung auch ursächlich geworden.

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde liegt ein individueller Bearbeitungsfehler der langjährigen Kanzleiangestellten Frau S. nicht allein darin, dass der unterzeichnete Schriftsatz nicht korrekt kuvertiert, mithin nicht zur Ausgangspost gelegt, sondern versehentlich in die Akte abgeheftet wurde. Die Rechtsbeschwerde weist insoweit zutreffend darauf hin, dass das Einlegen dieser Sendung in die korrekte Versandtasche nicht durch den Rechtsanwalt zu kontrollieren ist und ein Fehler hierbei ein schlichtes Büroversehen darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Juli 2011 – XII ZB 139/11, NJW-RR 2011, 1686 Rn. 7).

Der maßgebliche Fehler lag vielmehr in einer zu frühen Streichung der Rechtsmittelbegründungsfrist im Fristenkalender. Diese wurde bereits nach Unterzeichnung des Schriftsatzes und damit, was auch die Rechtsbeschwerde in der Sache nicht in Frage stellt, zu früh gelöscht. Ein Austrag im Fristenkalender hätte erst erfolgen dürfen, nachdem der Schriftsatz zum Transport zu Gericht bereit gelegt worden ist und man sich zuvor anhand der Akte vergewissert hat, dass nichts mehr zu veranlassen ist.

Einen derartigen Fehler zu erkennen und zu beheben, ist Sinn und Zweck der abendlichen Ausgangskontrolle. Dass diese integraler Bestandteil der organisatorischen Abläufe in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten ist, hat diese weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht. Dagegen wendet sich auch die Rechtsbeschwerde nicht, sondern beruft sich der Sache nach darauf, die Ursächlichkeit dieses anwaltlichen Organisationsverschuldens für das Fristversäumnis in Abrede zu stellen.

c) Das Fehlen der abendlichen Fristenkontrolle war vorliegend jedoch für die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ursächlich.

aa) Hätte in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine Anordnung zur Durchführung der beschriebenen abendlichen Ausgangskontrolle bestanden, wäre nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge bei ansonsten pflichtgemäßem Verhalten der zuständigen Mitarbeiter (vgl. BGH, Beschluss vom 4. November 2014 – VIII ZB 38/14, aaO Rn. 14) zu erwarten gewesen, dass die Berufungsbegründungsfrist nicht versäumt worden wäre. Denn dann wäre aufgefallen, dass der Schriftsatz mit der Berufungsbegründung noch nicht auf den Postweg gebracht worden war.

bb) Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob – was die Rechtsbeschwerde in Abrede stellt – eine Ausgangskontrolle bereits am Abend der Erledigung (20. April 2018) geboten war, jedoch valide Feststellungen nicht ermöglicht hätte, da im Kalendereintrag für diesen Tag kein Fristablauf notiert war, oder ob ein Fristenkalender vielmehr so geführt werden muss, dass eine nicht erst am Tag des Fristablaufs erfolgte Erledigung schon am Tag der Erledigung zu vermerken und an diesem Abend zu überprüfen ist, weil nur so eine zuverlässige, etwaige Bearbeitungsfehler rechtzeitig behebende allabendliche Ausgangskontrolle durchgeführt werden könnte.

cc) Jedenfalls wäre bei der Ausgangskontrolle am Tag des Fristablaufs (27. April 2018) anhand der in der Ausgangspost befindlichen Schriftstücke und durch Hinzuziehung der Handakten (vgl. hierzu Senatsbeschlüsse vom 4. November 2014 – VIII ZB 38/14, aaO Rn. 13; vom 11. Juli 2017 – VIII ZB 20/17, juris Rn. 7), in welcher sich der Schriftsatz noch befand, offenbar geworden, dass die Frist zu früh gelöscht wurde und nicht sämtliche zur Fristwahrung erforderlichen Maßnahmen ausgeführt worden waren. Die Berufungsbegründungsfrist hätte somit durch Übersendung des Schriftsatzes per Telefax oder Einwurf in den Gerichtsbriefkasten noch gewahrt werden können.“

Das hatten wir so oder ähnlich schon mal in der Rechtsprechung des BGH, daher war es ein „Anschluss an BGH, Beschlüsse vom 8. Januar 2013 -VI ZB 78/11, NJW-RR 2013, 506 Rn. 10; vom 16.Dezember 2013 -II ZB 23/12, juris Rn. 9; vom 11. März 2014 -VIII ZB 52/13, juris Rn.5; vom 4.November 2014 -VIII ZB 38/14, NJW 2015, 253 Rn. 8; vom 9. Dezember 2014 -VI ZB 42/13, NJW-RR 2015, 442 Rn.8; vom 16. April 2019 -VI ZB 33/17, NJW-RR 2019, 950 Rn. 8“.

Organisationsverschulden I, oder: Die wirksame Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze

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Im Kessel Buntes befinden sich dann heute zwei Entscheidungen des BGH aus dem Zivilbereich, und zwar zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Zunächst stelle ich den BGH, Beschl. v. 27.06.2017 – VI ZB 32/16 – vor. Ergangen ist er in einem Verfahren, in dem wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung auf Ersatz materiellen und immateriellen Schadens geklagt wird. Das LG hat die Klage abgewiesen. Das Urteil ist der Klägerin am 03.03.2016 zugestellt worden. Hiergegen hat sie rechtzeitig Berufung eingelegt. Die Frist zur Begründung der Berufung ist am 04.07. 2016 abgelaufen. Mit Schriftsatz vom 04.07.2016 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Berufung begründet. Der an das OLG adressierte Schriftsatz ist am selben Tag per Telefax beim LG und am 06.07.2016 beim OLG eingegangen. Nach einem Hinweis des OLG hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit am 13.07.2016 eingegangenem Schriftsatz Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Be-gründung der Berufung beantragt. Er hat ausgeführt, er habe die Berufungsbegründung diktiert und dabei die zutreffende Faxnummer des Oberlandesgerichts angegeben. Diese Faxnummer habe die zuständige Kanzleimitarbeiterin in den Entwurf der Berufungsbegründung übernommen. Bei der Übertragung des korrigierten Entwurfs auf den Briefbogen der Kanzlei habe die Mitarbeiterin – der allgemein erteilten Anweisung entsprechend – überprüfen wollen, ob die richtige Faxnummer angegeben sei, und habe in der Handakte geblättert. Hier sei sie auf ein Fristverlängerungsgesuch vom 26.04.2016 gestoßen, in dem eine andere Faxnummer – die des LG – enthalten gewesen sei. Sie habe daraufhin diese Faxnummer in die Berufungsbegründung übernommen. Es bestehe eine allgemeine Arbeitsanweisung in der Kanzlei, dass bei der Versendung fristwahrender Schriftsätze per Telefax ein Sendebericht zu erstellen sei und eine Überprüfung zu erfolgen habe, dass die richtige Faxnummer eingegeben und der Schriftsatz an das richtige Gericht vollständig übertragen worden sei.

Dem OLG hat das für eine Wiedereinsetzung nicht gereicht. Und dem BGH dann auch nicht. Der stellt in den Leitsätzen seiner Entscheidung fest:

  1. Der Rechtsanwalt genügt seiner Pflicht zur wirksamen Ausgangskontrolle fristwahrender Schriftsätze nur dann, wenn er seine Angestellten anweist, nach einer Übermittlung per Telefax anhand des Sendeberichts zu überprüfen, ob der Schriftsatz vollständig und an das richtige Gericht übermittelt worden ist.
  2. Die Kontrolle des Sendeberichts darf sich grundsätzlich nicht darauf be-schränken, die auf diesem ausgedruckte Faxnummer mit der zuvor aufgeschriebenen, etwa in den Schriftsatz eingefügten Faxnummer zu vergleichen. Vielmehr muss der Abgleich anhand einer zuverlässigen Quelle vorgenom-men werden, aus der die Faxnummer des Gerichts hervorgeht, für das die Sendung bestimmt ist.
  3. Der Rechtsanwalt hat seine organisatorischen Anweisungen klar und unmissverständlich zu formulieren.

Zu 3. heißt es dann im Beschluss:

„Der Rechtsanwalt hat seine organisatorischen Anweisungen klar und unmissverständlich zu formulieren, weil nur so die Wichtigkeit der ein-zuhaltenden Schritte in der gebotenen Deutlichkeit hervorgehoben wird (vgl. Senatsbeschluss vom 26. Juli 2016 – VI ZB 58/14, VersR 2017, 120 Rn. 9; BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – V ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn. 15).

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die Anweisung der Prozessbevollmächtigten der Klägerin nicht „selbstverständlich so zu verstehen, dass die Überprüfung, ob die Nummer des richtigen Gerichts eingegeben wur-de, anhand einer zuverlässigen Quelle zu erfolgen“ habe. Die Anweisung lässt vielmehr offen, wie die Eingabe der „richtigen Telefax-Nummer“ und die vollständige Übermittlung an das „richtige Gericht“ zu überprüfen ist. Ausweislich des Vorbringens der Klägerin und der von ihr vorgelegten eidesstattlichen Ver-sicherung der zuständigen Kanzleimitarbeiterin hat diese die erteilte Anweisung dementsprechend auch dahingehend verstanden, dass sie die richtige Ermitt-lung der Faxnummer durch einen Vergleich mit „der aus der Handakte ersichtlichen Telefax-Nummer“ zu überprüfen habe. Eine derartige Kontrolle ist aber unzureichend. Den gebotenen Organisationsanforderungen genügt ein Abgleich der im Sendebericht angegebenen bzw. der in einen Schriftsatz übertragenen Faxnummer mit Angaben aus einem beliebigen Schreiben der Handakte nicht. Denn eine solche Handhabung führt dazu, dass durch nur geringen Mehrauf-wand vermeidbare Übertragungsfehler unentdeckt bleiben und damit die Gefahr entsteht, dass eine in der Praxis häufig auftretende Fehlerquelle nicht beherrscht wird (BGH, Beschluss vom 24. Oktober 2013 – V ZB 154/12, NJW 2014, 1390 Rn. 12).“

Das dürfte dann ein Haftpflichtfall sein/werden.

Wiedereinsetzung? Nein, Empfängerkurzwahl auf Fax-Sendeprotokoll reicht nicht

Fax_MachineUnd hier dann die zweite „Faxentscheidung“ des heutigen Samstag (vgl zur ersten das Posting bei Beim Faxen keine Faxen machen, sondern: Sicherheitspolster einkalkulieren.) Jetzt geht es auch um eine obergerichtliche Entscheidung, aber „nur“ eine des BGH, ergangen in einer Familiensache. Dem BGH, Beschl. v. 11.12.2013 – XII ZB 229/13 lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der Antragsteller hatte beim OLG fristgemäß Beschwerde eingelegt. Eine Beschwerdebegründung war dann aber nicht fristgemäß eingegangen. Nach richterlichem Hinweis, dass die Beschwerde nicht innerhalb der Rechtsmittelbegründungsfrist begründet worden sei, hat der Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Begründungsfrist beantragt. Zur Begründung hat er glaubhaft gemacht, sein Verfahrensbevollmächtigter habe die Beschwerdebegründung am 23. Januar 2013 fertig gestellt und unterschrieben und den Schriftsatz am selben Tag per Telefax gesendet, wobei er die in das Faxgerät eingespeicherte Kurzwahl des Beschwerdegerichts „OLG HRO“ verwendet habe, welche geräteintern mit der Telefaxnummer des Beschwerdegerichts verknüpft sei. Durch einen Sendebericht, mit dem die Übermittlung der Sendung an den Empfänger „OLG HRO“ bestätigt worden sei, habe der Bevollmächtigte sich von der ordnungsgemäßen Versendung des Telefaxes überzeugt. Auch andere Sendungen in anderen Rechtsangelegenheiten seien vor und nach der hier streitigen Sendung erfolgreich unter Verwendung der Kurzwahl „OLG HRO“ an das Beschwerdegericht übermittelt worden.Das hat dem BGH so nicht gereicht. Denn:

Die Ausgangskontrolle muss sich allerdings auch darauf beziehen, dass bei der Versendung des Telefaxes die zutreffende Empfängernummer verwendet wurde (BGH Beschlüsse vom 10. September 2013 – VI ZB 61/12MDR 2013, 1303; vom 30. Oktober 2012 – III ZB 51/12 – juris Rn. 6; vom 7. November 2012 – IV ZB 20/12NJW-RR 2013, 305 Rn. 9; vom 12. Juni 2012 – VI ZB 54/11NJW-RR 2012, 1267 Rn. 7; vom 27. März 2012 – VI ZB 49/11NJW-RR 2012, 744 Rn. 7; vom 12. Mai 2010 – IV ZB 18/08NJW 2010, 2811; vom 3. Dezember 1996 – XI ZB 20/96NJW 1997, 948; BAGE 79, 379 = NJW 1995, 2742). Diese Gewissheit kann das Sendeprotokoll nur vermitteln, wenn es nicht nur eine technisch fehlerfreie Versendung als solche belegt, sondern ebenfalls ausweist, an welche konkrete Empfängernummer das Telefax gesendet wurde. Nur der mit dieser Angabe versehene „OK“-Vermerk kann das Vertrauen auf eine ordnungsgemäße Versendung an den zutreffenden Empfänger begründen.

Dem steht ein „OK“-Vermerk, der sich lediglich auf eine im Faxgerät hinterlegte Kurzwahl bezieht, nicht gleich. Denn ein Sendeprotokoll, das nur die verwendete Kurzwahl ausweist, ermöglicht keine verlässliche Überprüfung, ob die mit der Kurzwahl intendierte Empfängernummer tatsächlich angewählt wurde. Die Verwendung von Kurzwahlnummern birgt gewisse Risiken einerseits von technischen Fehlern bei der geräteinternen Zuordnung der anzuwählenden Nummer, andererseits von Bedienungsfehlern, beispielsweise einer versehentlichen Umprogrammierung der Kurzwahlnummer, gegebenenfalls auch durch andere Gerätebenutzer. Dass sich eine der möglichen Fehlerquellen verwirklicht haben könnte, lässt sich mit hinreichender Sicherheit nur durch einen Sendebericht ausschließen, der die tatsächlich angewählte Telefaxnummer zu erkennen gibt.“

Also auch hier: „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“.