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Corona III: „Ungeimpft“ auf dem „gelben Judenstern, oder: Vollsverhetzung? Es kommt darauf an.

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Und zum Tagesschluss dann noch zwei Entscheidungen zur Frage der Volksverhetzung (§ 130 StGB) durch Verwendung des sog. (gelben)  Judensterns mit der Aufschrift „ungeimpft“. Ich stelle hier aber, da es zu der Problematik ja schon einiges an Rechtsprechung gibt, nur die Leitsätze vor, und zwar:

Es ist im Wege der Auslegung durch den Tatrichter festzustellen, ob sich die Verwendung eines sog. Judensterns mit der Aufschrift „Ungeimpft“ in sozialen Medien über die Gleichstellung der für Ungeimpfte mit den Maß-nahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie einhergehenden Einschränkungen mit den durch die nationalsozialistische „Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden“ vom 1. September 1941 verbundenen Beschränkungen hinaus auch als Verharmlosung des unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangenen Völkermordes i.S.d. § 6 VStGB darstellt.

Zur Frage der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 3 StGB, wenn im sozialen Netzwerk Facebook Profilbild eine Abbildung eines gelben Davidsterns, in dessen Mitte der Schriftzug „UNGEIMPFT“ steht sowie am oberen und unteren Bildrand der Zusatz: „Wieder soweit?“, verwendet wird.

Corona II: Öffentlicher Raum und Kontakte, oder: VO passen nicht/zu unbestimmt

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Und im zweiten Posting dann zwei instanzgerichtliche Entscheidungen zu „Corona-Fragen“. In beiden Entscheidungen geht es um die Niedersächsischen Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus.

Zunächst hier das AG Salzgitter, Urt. v. 14.12.2020 – 11a OWi 123 Js 40670/20 – und zur Frage des gemeinsamen Aufenthalts im öffentlichen Raum. Das AG stellt fest: Der gemeinsame Aufenthalt von 3 Personen in einem Privat-Pkw stellt keinen Aufenthalt im öffentlichen Raum dar. Das hatten wir schon im AG Stuttgart, Beschl. v. 08.09-2020 – 4 OWi 177 Js 68534/20 – bzw. im AG Reutlingen, Beschl. v. 09.12.2020 – 4 OWi 23 Js 16246/20. Beide hatte ich ja auch hier im Blog: Corona I: Fünf Personen im Privat-Pkw, oder: Kein Verstoß gegen Corona-VO und Corona II: Aufenthalt im Pkw = öffentlicher Raum? oder: Was ist mit der Wirksamkeit der Corona-VO BW?

Bei der zweiten Entscheidung betreffend Corona handelt es sich um den OLG Oldenburg, Beschl. v. 11.12.2020 – 2 Ss (OWi) 286/20 -. Das hat zur Kontaktbeschränkung Stellung genommen und stellt fest:

Ein Verstoß gegen § 1 der Nds. Verordnung zum Schutz vor Neuinfektionen mit dem Corona-Virus in der Fassung vom 24.4.2020: „Jede Person hat physische Kontakte zu anderen Menschen, die nicht zu den Angehörigen des eigenen Hausstandes gehören, auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren“, kann mangels Bestimmtheit der Norm nicht mit einem Bußgeld sanktioniert werden.

Der Betroffene ist frei gesprochen worden. Das OLG gibt ihm aber mit auf den Weg:

„Soweit die Staatsanwaltschaft Osnabrück zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde ausführt, Kontaktverbote als solche seien nicht verfassungswidrig und § 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG (i.V.m. § 32 IfSG) böte eine ausreichende Rechtsgrundlage, teilt der Senat diese Auffassung ausdrücklich. Lediglich die zu unbestimmte Fassung des Bußgeldtatbestandes rechtfertigt deshalb den erfolgten Freispruch.

Zudem weist der Senat darauf hin, dass in dem Verhalten des Betroffenen ein Höchstmaß sozialer Rücksichtslosigkeit zum Ausdruck kommt, das geeignet ist, Mitmenschen schweren Schaden zuzufügen, und verachtenswert ist. Eine ungebremste Erkrankungswelle bot -und bietet auch heute noch die Gefahr, dass es zu schweren -und, wie sich jetzt zeigt, in zunehmendem Maße tödlichen Krankheitsverläufen kommt und das Gesundheitsversorgungssystem in Deutschland an seine Kapazitätsgrenzen gerät. Dieser Gefahr konnte -und kann auch jetzt noch nur dadurch begegnet werden, die Verbreitung der Erkrankung so gut wie möglich zu verlangsamen. Hierzu dient insbesondere auch die Schaffung sozialer Distanz. Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Staat geeignete, erforderliche und angemessene Maßnahmen ergreift, auch wenn diese in die Grundrechte der Bürger eingreifen.“

Wenn man die Entscheidung anwenden will: Immer darauf achten, um welche VO es geht. Denn die VO sind inzwischen ja einige Mal geändert worden.