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Unfallschadenregulierung, oder: Wann kann der Rechtsanwalt, der sich als Unfallgeschädigter selbst vertritt, dafür Gebühren abrechnen?

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Im ersten „Kessel Buntes“ des Jahres 2018 „köchelt“ heute dann zunächst das AG Köln, Urt. v. 11.12.2017 – 261 C 176/17 -, quasi Gebührenrecht mit verkehrsrechtlichem Einschlag. Entschieden hat das AG die Ersatzpflicht aus einem Verkehrsunfall für vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren, wenn der Anspruchsteller selbst als Rechtsanwalt bei der Unfallschadenregulierung tätig wurde. Also die Frage: Kann der Rechtsanwalt, der sich bei einer Unfallschadenregulierung als Unfallgeschädigter selbst vertritt, dafür Gebühren abrechnen/geltend machen. Das AG sagt – mit der Rechtsprechnung des BGH: Ja, das geht:

„Nach Auffassung des erkennenden Gerichts stellen die durch die Kläger geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren einen ersatzfähigen Schaden i.S.d. § 249 Abs. 1 BGB dar. Sie gehören zu dem mit dem Schaden unmittelbar verbundenen und nach § 249 Abs. 1 BGB auszugleichenden Vermögensnachteil. Umfasst wird hier der erforderliche Aufwand, zu dem nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs solche Kosten zählen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. Hinsichtlich der Frage der Erforderlichkeit ist dabei auf eine ex-ante Sicht abzustellen. Grundsätzlich sind gerade bei Verkehrsunfällen die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten als erforderlicher Aufwand anzusehen.

Lediglich dann, wenn ein einfach gelagerter Schadensfall vorliegt, in dem die Haftung dem Grunde und der Höhe nach derart klar ist, dass aus der Sicht des Geschädigten kein Anlass zu Zweifeln an der Erstattungspflicht des Schädigers besteht und wenn es sich nicht um einen Geschädigten handelt, der selbst zur Geltendmachung der Schäden aus besonderen Gründen, wie etwa einem Mangel an geschäftlicher Gewandtheit, nicht, in der Lage ist, ist eine Ersatzfähigkeit der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu verneinen (BGH, Urteil vom 08.11.1994, Az: VI ZR 3/94). Zu beachten ist dabei, dass es nicht ausreichend ist, wenn nur eine der genannten

Voraussetzungen zu bejahen ist, vielmehr müssen beide Voraussetzungen kumulativ vorliegend. Dies ist hier nicht der Fall.

Denn der hier betroffene Verkehrsunfall ist schon nicht ein derart einfach gelagerter Fall wie der, der der Entscheidung des BGH zugrunde lag. Anders als im vom BGH entschiedenen Verfahren kollidierten hier zwei Fahrzeuge. In einem solchen Fall stellt sich automatisch die Frage der Betriebsgefahren (vgl. LG Krefeld, Urteil v. 07.04.2011, Az. 3 S 39/10). Die Anrechnung einer Betriebsgefahr kommt auch bei geparkten Fahrzeugen in Betracht.

Zu beachten ist außerdem, dass die Erforderlichkeit der Einschaltung aus der ex-ante Sicht zu beurteilen ist. Dass weder die Haftung dem Grunde nach noch die Höhe unstreitig sein würde, war für die Kläger nicht ohne weiteres ersichtlich. Gerade bei der Schadenshöhe kommt es häufig zu Streitigkeiten über die Kompatibilität, die Höhe der Stundenverrechnungssätze, Verbringungskosten etc. So wurde auch hier zunächst eine Kürzung um € 37,22 vorgenommen. Ferner waren diverse weitere Positionen geltend zu machen, u.a. Mietwagenkosten. Bei einem Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten ist schon angesichts der deutschlandweit variierenden und unüberschaubaren Rechtsprechung zu dieser Frage kein einfach gelagerter Fall gegeben.

Die Ersatzpflicht entfällt auch nicht, weil die Kläger selbst als Rechtsanwalt tätig wurden. Die Ersatzpflicht besteht auch, wenn sich ein Rechtsanwalt selbst vertritt, soweit ein rechtsunkundiger die Einschaltung eines Anwalts als erforderlich ansehen durfte (AG München, Urteil vom 28.1.2004, Az: 322 C 33323/03; AG Münster, Urteil vom 9.2.2011, Az: 60 C 4389/10; BGH, Urteil vom 10.11.2010, Az: IV ZR 188/08; Palandt/Heinrichs, § 249 Rn. 39). Dies war hier der Fall, s.o.“

Fazit nach AG Köln: Immer dann, wenn es um Mietwagenkosten und die Schadenshöhe geht, handelt es sich um einen nicht einfach gelagerten Sachverhalt, der die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erlaubt/erfordert.

Handel mit Amphetamin und MDMA aus den Niederlanden, oder: Wer hat bestellt?

entnommen wikimedia.org Quelle Scan by Raimond Spekking

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Und nach BGH und KG dann ans andere Ende der Instanzenleiter, nämlich zum AG und dort zum AG Köln mit dem AG Köln, Beschl. v. 19.12.2016 – 543 Ds 437/16, der sich kurz und knapp zum hinreichenden Tatverdacht betreffend Handel mit BtM verhält. Die Anklage hatte dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe sich in den Niederlanden Amphetamin und MDMA an seine Wohnanschrift bestellt. Nach dem Ermittlungsergebnis beruhte der Tatverdacht (nur) auf der Tatsache, dass durch den Zoll eine entsprechende Sendung am 07.07.2016 sichergestellt wurde. Auf dieser Sendung befand sich als Empfänger Name und Anschrift des Angeschuldigten. Dem AG reicht das nicht und es lehnt die Eröffnung des Hauptverfahrens ab (§§ 203 ff. StPO):

„Der Angeschuldigte bestreitet, eine entsprechende Bestellung aufgegeben zu haben. Da weitere konkrete Anhaltspunkte für die Bestellung durch den Angeklagten selbst nicht gegeben sind, kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine andere Person – möglicherweise auch mit Wissen des Angeklagten – Bestellungen unter Verwendung der Anschrift des Angeklagten aufgegeben hat, um die Sendung dort in Empfang zu nehmen.

M.E. richtig. Da hatte man ja auch nun wirklich gar nichts außer eine Sendung, die an den Angeklagten gerichtet war. Das AG hat dann lieber zutreffend vor der Hauptverhandlung die Rettungsleine gezogen.

„Nackt auf dem Altar im Kölner Dom“ – Art 5. GG greift nicht ein

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Am 05.02.2015 noch als Beitragsbild ein „Weihnachtsbild“ Ja, das ist richtig, denn der heutige Beitrag hat – im entfernten – Bezug zu Weihnachten.

Wir erinnern uns: Am 1. Weihnachtsfeiertag 2012 hatte der damalige Kölner Erzbischof Kardinal Meißner eine Begegnung der besonderen Art. Eine 21-jährige „Femen-Aktivistin“ hatte sich sehr früh zur Weihnachtsmesse im Kölner Dom begeben, im Wesentlichen mit einem schwarzen Mantel, einem schwarzen Slip und Stiefeln bekleidet. In der ersten Sitzreihe wartete sie den Beginn der Weihnachtsmesse ab. Nach dem Einzug des Erzbischofs entledigte sie sich ihres schwarzen Mantels und der Stiefel und stürmte aus der ersten Reihe über die Begrenzung in den Altarraum und sprang auf den Altartisch, wobei sie zu diesem Zeitpunkt nur noch mit einem schwarzen Slip bekleidet war. Auf dem Altar stehend, wendete sie sich den Gottesdienstbesuchern zu und begann damit, dass von der Aktivistengruppierung“ „Femen“ herausgegebene antichristliche Glaubensbekenntnis zu skandieren, wobei sie sich den Schriftzug „I AM GOD“ in großen, auch in einiger Entfernung noch deutlich sichtbaren, Buchstaben auf die entblößte Brust geschrieben hatte.

Dafür hat es eine Anklage wegen Störung der Religionsausübung im Sinne des § 167 Abs. 1 Nr. 1 StGBAG gegeben und das AG Köln hat mit AG Köln, Urt. v. 03.12.2014 – 647 Ds 240/14 – die Aktivistin zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen verurteilt. Eine Berufung auf Art. 5 GG hat das AG verneint:

„Die Angeklagte kann sich zur Rechtfertigung ihrer Protestaktion nicht mit Erfolg auf die Freiheit der Meinungsäußerung i.S.d. Art. 5 GG berufen. Bei § 167 StGB handelt es sich um ein allgemeines Gesetz i.S.d. Art. 5 II GG, das die Freiheit der Meinungsäußerung mit Rücksicht auf die berechtigten Interessen anderer einschränkt. Es soll hier auch nicht verkannt werden, dass § 167 StGB als ein das Grundrecht des Art. 5 GG einschränkendes Gesetz seinerseits im Lichte des Art. 5 GG möglichst grundrechtswahrend auszulegen ist. Andererseits ist gerade § 167 StGB ein Ausdruck der Ausübung der Religionsfreiheit, die ebenfalls in Art 4 GG grundrechtlich geschützt ist.

Eine Abwägung der Interessen derjenigen, die auf Art. 4 GG gestützt, ihre Religion ausüben wollen einerseits und andererseits der Interessen derjenigen, die gestützt auf Art. 5 GG für die Verwirklichung von Frauenrechten demonstrieren wollen, führt hier sicher nicht dazu, dass der Sprung der nackten Angeklagten auf den Altar des Kölner Doms während der Weihnachtsmesse unter den o.a. Begleitumständen zur Wahrung der Freiheit der Meinungsäußerung unbedingt erforderlich und von Art. 5 GG grundrechtlich geschützt ist.

Rosenmontag: Kamelle, Kamelle…

Für alle die, die gerade vom „Rosenmontagszuggucken“ zurück sind und überlegen, ob sie vielleicht wegen zu starkem „Kamellenbeschuss“ Schadensersatzklage erheben können/sollen/wollen, hier noch einmal der Hinweis auf das AG Köln, Urt. v. 07.01.2011 – 123 C 254/10. In diesem hat das AG einen Schadensersatzanspruch für eine Verletzung durch einen Schokoriegelwurf beim Rosenmontagszug verneint.

Ähnlich das AG Aachen, Urt. v. 10.11.2005, 13 C 250/05. Das AG Aachen geht davon aus, dass es allgemein bekannt sei, dass bei Karnevalsumzügen Gegenstände in die Zuschauermenge geworfen werden. Werde ein Zuschauer von einem solchen Gegenstand getroffen und dadurch verletzt, verwirkliche sich daher ein Risiko, in das der Zuschauer durch seine Teilnahme konkludent eingewilligt habe.

Die Vulkanasche hat die Rechtsprechung erreicht…

Die Vulkanasche hat jetzt auch die Rechtsprechung erreicht, oder: Keine Entschädigung wegen Vulkanasche? Das AG Köln hat in seinem Urt. v. 18.05.2011, 132 C 314/10 jedenfalls einen Schadensersatzanspruch für einen wegen Vulkanasche asugefallenen Flug verneint. Die Fahrgäste haben danach über die Rückzahlung des Ticketpreises hinaus keinen Anspruch auf Schadenersatz. So das Urteil des AG Köln, das sich allerdings nicht auf die Flugausfälle aus diesem Jahr, sondern auf die aus dem vergangenen Jahr bezieht.