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Verfahrensgebühr für die Berufung, oder: Wenig Mühe gemacht……

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Und als zweite Entscheidung dann der (unerfreuliche) AG Köthen, Beschl. v. 12.03.2018 – 5 Ds 393 Js 803/17 (33/17). Zu dem teilt mir der Kollege Gregor aus Aken, der ihn mir geschickt hat, mit:

„Zur Vorgeschichte: Ich hatte gegen ein Urteil Berufung eingelegt, durch dass mein Mdt. zu 4 Monaten FS ohne Bewährung verurteilt wurde. Dadurch drohte auch der Widerruf zweier Bewährungen (1 Jahr FS und 4 Monate FS). Zur Vorbereitung des Berufungstermins gab es mit dem Mandanten und v. a. dessen Betreuer mehrere Gespräche, um die Zeit zu nutzen. Das war erfolgreich, denn ich hatte die Berufung auf das Strafmaß – sprich Bewährung – beschränkt, die dann auch „gewährt“ wurde. Kosten und notwendige Auslagen zu Lasten der Staatskasse.

Dann habe ich bei der Verfahrensgebühr die Mittelgebühr beantragt, die mir die Bezirkksrevisorin auf 200,00 € gekürzt hat. Begründung: deutlich unterdurchschnittliche Angelegenheit. Vielleicht sehe ich es ja auch verkehrt, aber ich habe dann zum einen meinen Arbeitsaufwand dargestellt, der vor allem in wiederholten Beratungen lag. Außerdem habe ich ausgeführt, dass die Verhängung einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung für einen Menschen micht deutlich unterdurchschnittliche Bedeutung hat, sondern wohl überdurchschnittlich. Denn mehr als seine Freiheit kann ihm der Staat nicht nehmen. Außerdem hängen da ja noch andere Folgen dran wie Verlust Arbeitsplatz, Wohnung etc.“

In dem Beschluss – eher ein Beschlüsschen :-), da man von den Argumenten des Kollegen dort nichts wiederfindet, heißt es kurtz und knapp:

„Die geltend gemachte Gebühr W 4124 RVG ist lediglich in Höhe von 200,00 € als erstattungsfähig anzusehen. Die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit jm Rechtssinne ist vorliegend nicht mit einer üblichen Berufung gleichzusetzen. Die vom Verteidiger vorgetragene Begründung, wonach ein höherer Gebührenbetrag gerechtfertigt sei, mag nicht überzeugen. Die Bezirksrevisorin weist nach Auffassung des Gerichtes zu Recht darauf hin, dass es sich bei den vom Verteidiger in seiner Stellungnahme aufgeführten Tätigkeiten vorwiegend um Gespräche mit dem Betreuer handelt. Diese begründen jedoch keine durchschnittliche Tätigkeit im gebührenrechtlichen Sinn.“

Der Kollege wird ins Rechtsmittel gehen. m.E. zu Recht. Denn die Kriterien des § 14 RVG sind nicht ausreichend beachtet. Abgestellt wird lediglich auf die Schwierigkeit und auf mehr nicht….. Was schreibt man da nicht. Fast hätte ich geschrieben: Typisch Rechtspfleger, aber das wäre sicherlich nicht angemessen, da es auch andere – besser begründete – Entscheidungen gibt….. Vielleicht passt: wenig Mühe gemacht besser?

RVG II: AG Köthen, oder: Sind die Pflichtverteidigergebühren die untere Grenze für die Wahlanwaltsgebühren?

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Auch die zweite der heute vorgestellten RVG-Entscheidungen (zur ersten hier: RVG I: Pauschgebühr von 349.150 EUR, oder: Übergangsgeld von 5.000 EUR) ist, wenn nicht außergewöhnlich, so dann aber doch auch bemerkenswert. Es geht um die Höhe der dem Betroffenen im Bußgeldverfahren – die Entscheidung gilt aber auch für das Strafverfahren – zu erstattenden Wahlanwaltsgebühren. Der Kollege Greogor, der mir den AG Köthen, Beschl. v. 22.11.2016 – 13 OWi 31/16 geschickt hat – war als Verteidiger des Betroffenen im Bußgeldverfahren tätig. Der Betroffene ist frei gesprochen worden, die notwendigen Auslagen des Betroffenen sind der Landeskasse auferlegt worden. In seinem Kostenerstattungsantrag hatte der Kollege für die zu erstattenden Terminsgebühren Nr. 5110 VV RVG jeweils die Mittelgebühr in Höhe von 255 € geltend gemacht. Die Vertreterin der Staatskasse hat die Terminsgebühren nur – wen überrascht das? – in Höhe von 180,00 € bzw. 150 € als erstattungsfähig angesehen. Das AG hat die Terminsgebühren dann jeweils in Höhe von 204,00 € festgesetzt. Und das mit einer interessanten Begründung:

„Die Angelegenheit wird hier als leicht unterdurchschnittlich angesehen. Insoweit stimmt das Amtsgericht mit der Revisorin überein. Die Mittelgebühr von jeweils 255,00 € ist deshalb nicht gerechtfertigt. Aber auch die Argumentation der Revisorin, welche die Gebühren mit lediglich 180,00 € bzw. 150,00 € angesetzt sehen will, mag nicht überzeugen.

Vielmehr waren die Terminsgebühren jeweils in Höhe der einem in gleicher Sache tätigen Pflichtverteidiger entstehenden Gebühr festzusetzen. Es ist insoweit nicht ersichtlich, warum einem Verteidiger bei einem Freispruch weniger Gebühren zustehen sollen, als einem Pflichtverteidiger (so er denn eine vergleichbare Angelegenheit wahrgenommen hätte).“

Bemerkenswert oder auch: In der knappen Begründung steckt m.E. Brisanz. Verteidiger werden sicherlich jubeln bzw. der Entscheidung und der Rechtsauffassung des AG Köthen zustimmen. Nur: Ich glaube nicht, dass sich die Auffassung des AG, dass die Höhe der Pflichtverteidigergebühren im Fall der Kostenerstattung aus der Staatskasse die untere Grenze für die dem Wahlanwalt zu erstattenden Gebühren bildet, durchsetzen wird. Denn nach allgemeiner Meinung – wohl sog. h.M. – haben die für den Pflichtverteidiger im RVG vorgesehenen gesetzlichen Gebühren auf die Bemessung der Gebühren des Wahlanwalts keine Auswirkungen. Denn dabei handelt es sich um Festbetragsgebühren bzw. Pauschalgebühren, bei deren Festsetzung die besonderen Umstände des jeweiligen Falles anders als bei den Wahlanwaltsgebühren keine Rolle spielen. Die Gebühren des Wahlanwalts können daher auch niedriger als die des Pflichtverteidigers festzusetzen/zu bemessen sein. Dazu gibt es LG Rechtsprechung, die bei  Burhoff/Burhoff, RVG, Teil A: Rahmengebühren (§ 14 RVG), Rdn 1558, zitiert ist. Dennoch: Auf die Entscheidung des AG Köthen berufen sollte man sich als Verteidiger. Denn steter Tropfen höhlt den Stein. Vielleicht/hoffentlich.