Die Frage ist mit einem eindeutigen und klaren „Nein“ zu beantworten. Anders das AG in dem dem Beschl. des OLG Jena v.16.05.2011 – 1 Ss Rs 72/11 (165/11) zugrunde liegenden Verfahren.
Der Sachverhalt: Das AG entbindet den Betroffenen von seiner Anwesenheitspflicht in der Hauptverhandlung. Er erscheint nicht (warum auch?), der Verteidiger allerdings auch nicht. Das AG verwirft den Einspruch des Betroffenen dann nach § 74 Abs. 2 StPO. Das OLG dazu:
„Der Tatrichter hat — ohne zur Sache zu verhandeln und zu entscheiden — ein Verwerfungsurteil nach § 74 Abs. 2 OWiG erlassen, obwohl die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür nicht gegeben waren. Durch diesen Verfahrensfehler hat er zugleich den Anspruch des Betroffenen auf rechtliches Gehör verletzt.
Nach § 74 Abs. 2 OWiG hat das Gericht, wenn ein Betroffener ohne genügende Entschuldigung ausbleibt, obwohl er von der Verpflichtung zum Erscheinen nicht entbunden war, den Einspruch ohne Verhandlung zur Sache durch Urteil zu verwerfen. Diese Voraussetzungen lagen ersichtlich nicht vor, da der Betroffene mit Verfügung vom 15.12.2010 von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden worden war. Der Tatrichter hätte daher nach § 74 Abs. 1 OWiG in Abwesenheit des Betroffenen zur Sache verhandeln müssen. Der Umstand, dass vorliegend auch der Verteidiger des Betroffenen der Hauptverhandlung ferngeblieben war, rechtfertigte den Erlass eines Verwerfungsurteils nach § 74 Abs. 2 OWiG nicht. Im Übrigen verpflichtet § 73 Abs. 3 OWiG den vom Erscheinen entbundenen Betroffenen nicht, sich durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger vertreten zu lassen, er kann dies lediglich tun (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Senatsbeschluss vom 04.03.2011, 1 Ss Rs 6/11).
Der Erlass eines Verwerfungsurteils unter Missachtung der gesetzlichen Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 OWiG stellt zugleich eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör dar, da dem Betroffenen durch den unzulässigen Erlass eines solchen Prozessurteils eine Sachverhandlung in Gänze verwehrt wird (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.10.2009, 1 Ss Rs 34/09, 1 Ws 181/09, bei juris m.w.N.; Senatsbeschluss vom 13.12.2010, 1 Ss Rs 112/10).“
Hat das OLG Hamm vor einigen Jahren auch schon mal gesagt. Hätte der Amtsrichter wissen können, steht nämlich auch im Kommentar. Im Übrigen heißt es in § 74 Abs. 2 OWiG: „Bleibt der Betroffene….“