Archiv der Kategorie: RVG-Rätsel

Ich habe da mal eine Frage: Welches Recht nach Aufhebung und Zurückverweisung?

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Und dann noch das Gebührenrätsel, mal wieder mit einer Frage aus der FB-Gruppe „Strafverteidiger“, und zwar:

„Moin aus dem schönsten Bundesland der Welt,

jemand helfe mir bitte vom Gebührenschlauch:

Ich wurde im Ermittlungsverfahren 2019 bestellt. Das Verfahren begann 2020 und wurde 2021 erstmals abgeschlossen. Auf die Revision hin hob der BGH das Urteil teilweise auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung zurück.

Der zweite Aufguss begann nunmehr im Februar 2022.

Darf ich die zweite Runde jetzt nach neuem RVG abrechnen?

Besten Dank vorab.“

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit der Nr. 4141 VV RVG nach Verfahrensverbindung?

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Am Freitag hatte ich nach: Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit der Nr. 4141 VV RVG nach Verfahrensverbindung? gefragt. Hier meine Antwort an den Fragesteller:

„…. Nach Verbindung liegt nur noch eine Angelegenheit vor mit der Folge, dass nach § 15 RVG die Gebühr Nr. 4141 VV RVG auch nur noch einmal entstehen kann. Die Gebühr setzt für das Entstehen die anwaltliche Mitwirkung und die Einstellung voraus, d.h. die Voraussetzungen für das Entstehen der Gebühr(en) haben vor der Verbindung und der Einstellung noch nicht vorgelegen. Es hilft also auch nicht § 15 Abs. 4 RVG.“

Der vom Fragesteller erwähnte Beitrag in RVG 2019, 442 ff. enthält zu der Frage übrigens keine Ausführungen. Ich sage jetzt nicht, wo man auch nachschauen kann 🙂 .

Ich habe da mal eine Frage: Wie ist das mit der Nr. 4141 VV RVG nach Verfahrensverbindung?

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Und dann noch die RVG-Frage, mal wieder aus der FB-Gruppe „Strafverteidiger“. Heute geht es um Verfahrensverbindung und die Nr. 4141 VV RVG,

“ …..mein Mandant hat sich von einer angeblichen Banken-Test-App hinters Licht führen lassen und fleißig Konten eröffnet und die Kontendaten an die angebliche Banken-Test-App weitergeleitet. So weit so doof.

Mittlerweile gibt es 10 gesonderte Ermittlungsverfahren, in denen ich mich überall bestellt und Beiordnung beantragt habe, da gleichzeitig noch ein „dickeres“ gesamtstrafenfähiges Verfahren gegen meinen Mandanten läuft. Glück muss man haben.

Wenn ich jetzt einen Einstellungsantrag in allen Verfahren gesondert stelle und begründe (was mit den vorliegenden Unterlagen gut möglich sein sollte) und die StA danach die Verfahren verbindet und alles einstellt, fällt die Gebühr nach Nr. 4141 VV RVG nur einmal an, oder in allen Verfahren, da die Tätigkeit, die zur Einstellung führte vor Verbindung erfolgt ist?

Ist folglich das Wörtchen „wenn“ in Nr. 4141 VV RVG Abs. 1 ein zeitliches „wenn“, oder ein kausales „wenn“?

Im letzterem Fall, würde ich natürlich Gas geben

Die Frage hat Detlef Burhoff in Detlef Burhoff, RVGreport 2019, 442-446 wohl bereits diskutiert, hier habe ich aber nur die Zusammenfassung bei juris, die die Frage nicht beantwortet.“

Zusätzliche VG nach Absehen von der Einziehung?, oder: Das OLG Nürnberg kann es auch nicht

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Ich hatte vor einiger Zeit über den (falschen)  LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 20.1.2022 – 12 Qs 1/22 berichtet (Und schon wieder zusätzliche Gebühr nach Einziehung, oder: Und schon wieder falsch). Zu der Entscheidung liegt inzwischen der auf die weitere Beschwerde hin ergangene OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.04.2022 –  Ws 250/22 – vor.

Hier noch einmal der Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaft hat am 09.06.2020 Anklage wegen Steuerhinterziehung und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gegen den Angeklagten beim AG – Schöffengericht für Wirtschaftsstrafsachen – erhoben. Darin führte sie aus: „Von der Einziehung der Taterträge wird gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO abgesehen. Soweit die Verfolgung der Taten vorläufig gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt wurde, wird gemäß § 435 StPO von der selbständigen Einziehung abgesehen.“ Die entsprechende Verfügung der Staatsanwaltschaft datiert vom 03.06.2020. Nach Zustellung der Anklageschrift wurde mit Beschluss vom 08.07.2020 der bis dahin nicht mandatierte Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger des Angeklagten bestellt.

Nach unveränderter Zulassung der Anklage fand am 28.10.2020 die Hauptverhandlung statt. Die die Einziehung betreffende Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 03.06.2020 wurde verlesen. In seinem Plädoyer beantragte der Beschwerdeführer u.a., gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO von einer Einziehung von Wertersatz abzusehen. Der Angeklagte wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Eine Einziehungsentscheidung traf das AG nicht, außerdem war die Einziehung nicht Gegenstand sonstiger Erklärungen.

Der Rechtsanwalt hat die Festsetzung einer Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG beantragt. Er habe seinen Mandanten ausführlich über die Möglichkeit einer Einziehung beraten. Das reiche für die Entstehung der Gebühr aus. Das sehen AG, LG und auch OLG anders:

„… Aus den zutreffenden Gründen der Vorinstanzen, insbesondere des Landgerichts Nürnberg-Fürth in dessen Beschluss vom 20.01.2022 und in der Nichtabhilfeverfügung vom 08.02.2022, denen sich der Senat anschließt, hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf die beantragte Gebühr Nr. 4142 VV RVG. Es liegt keine diese Verfahrensgebühr auslösende Tätigkeit des Verteidigers vor.

1. Voraussetzung für das Entstehen einer solchen Verfahrensgebühr ist eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf die Einziehung, dieser gleichstehender Rechtsfolgen (§ 439 StPO), die Abführung des Mehrerlöses oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme dient. Sinn der Einführung dieser Gebühr war, im Hinblick auf die Zunahme von Verfahren mit Einziehungs- oder Verfallerklärung und im Hinblick auf die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, die die Anordnung dieser Maßnahmen für den Beschuldigten haben kann, eine Aufgabe der Regelungen in §§ 83 ff. BRAGO und eine Vereinfachung der Gebührenberechnung (BT-Drs. 15/1971, 228).

2. Die Verfahrensgebühr wird auch durch eine bloß beratende Tätigkeit des Rechtsanwaltes ausgelöst (Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., zu Nr. 4142 VV Rn. 23 m.w.N.). Mit der Gebühr nach Nr. 4142 VV hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass zu den im Strafprozess unumgänglichen Überlegungen zur Schuld- und Straffrage eine weitere, die Eigentums- und Vermögenslage des Mandanten berührende Thematik hinzugetreten ist, die in der Regel Mehrarbeit verursacht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine nach Aktenlage gebotene Beratung des Mandanten (Burhoff/Volpert, ebenda, m.w.N.).

Davon ist aber – ausgehend von der Gesetzesbegründung – nur auszugehen, wenn die Frage der Einziehung naheliegt, entweder weil aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen ist oder weil in der Anklage die Einziehung beantragt wurde. Hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StPO das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt und besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass das Gericht die Wiedereinbeziehung der Einziehung anordnen könnte, ist eine Beratung des Angeklagten über die theoretische Möglichkeit der Einziehung durch seinen Verteidiger nicht geboten, so dass die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG nicht anfällt.

3. Vorliegend bestand während des gerichtlichen Verfahrens für den Beschwerdeführer keine Veranlassung für eine Beratung; diese war nicht geboten.

a) Im Hinblick auf die angeklagten Taten hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StPO von der Einziehung abgesehen. Soweit die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung weiterer Taten (Betrug/Solidaritätszuschlag) vorläufig nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO abgesehen hat, hat sie gemäß § 435 StPO von der selbständigen Einziehung abgesehen. In der Anklageschrift wurde die Einziehung von Wertersatz von der Staatsanwaltschaft nicht beantragt.

b) Damit war eine Einziehung oder eine dieser vergleichbaren Maßnahme nicht mehr Gegenstand des Strafverfahrens. Zwar hätte das Gericht gemäß § 421 Abs. 2 Satz 1 StPO die Wiedereinbeziehung der Einziehung in jeder Lage des Verfahrens, somit auch erst im weiteren Instanzenzug, anordnen können. Dies hätte aber eine entsprechende Anordnung des Gerichts vorausgesetzt.

c) Somit bestand unter keinem Gesichtspunkt Veranlassung, den Beschuldigten über die Möglichkeit der Einziehung zu beraten. Es ist auch nicht ersichtlich, woraus sich bei einer nicht im Raum stehenden Einziehung ein Haftungsrisiko des Verteidigers ergeben könnte.

4. Auch der Antrag des Beschwerdeführers im Rahmen seines Schlussvortrags, von der Einziehung von Wertersatz abzusehen, kann die Gebühr nicht auslösen, da er nicht veranlasst war. ….“

Dazu: Das OLG referiert zwar zutreffend, was bei „Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., zu Nr. 4142 VV Rn. 23 m.w.N.“ u.a. steht, es zieht daraus m.E. aber nicht die zutreffenden Schlüsse, die dem vorliegenden Sachverhalt gerecht werden. Das hängt u.a. auch damit zusammen, dass mal wieder die Frage des Entstehens der/einer Gebühr mit der Frage der Erstattung/Festsetzung einer Gebühr vermengt wird. Die Problematik kennen wir bei der Verfahrensgebühr im Rechtsmittelverfahren in den Fällen der Beratung des Mandanten vor der Begründung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, wenn das anschließend zurückgenommen wird.

Im Übrigen: Die Gebühr ist hier auf jeden Fall durch die Beratung des Mandanten über die (verbliebenen) Möglichkeiten der Einziehung entstanden, unabhängig davon, dass die Einziehung nach § 435 StPO (zunächst) aus dem Verfahren ausgeschieden war, aber, worauf das OLG auch hinweist, jederzeit wieder hätte aufgenommen werden können. Dabei ist hier zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bis zur Pflichtverteidigerbestellung offenbar keinen anwaltlichen Beistand hatte. Es lag also, als der Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger bestellt wurde, auch eine anwaltliche Beratung nahe. Insoweit ist auf die Sicht des Angeklagten abzustellen und nicht auf die des AG, LG oder OLG, die den Beratungsbedarf im Zweifel verneinen. Dass AG, LG oder OLG – hoffentlich – insoweit keinen Beratungsbedarf haben, ändert daran nichts und hätte der Festsetzung der Gebühr nicht entgegengestanden. Alles in allem m.E. mal wieder eine Entscheidung, der man anmerkt, dass dem Verteidiger die Gebühr Nr. 4142 VV RVG nicht „gegönnt“ wird.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Sind die Kürzungen der RSV berechtigt?

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Am Freitag hatte ich gefragt: Ich habe da mal eine Frage: Sind die Kürzungen der RSV berechtigt?

Der ein oder andere hat sich bestimmt Gedanken gemacht. Hier meine Lösung/Antwort:

„……

Zu Ihrer Frage: M.E. kann man trefflich darum streiten, ob alle drei von Ihnen angeführten Umstände überdurchschnittlich waren. Für die Bedeutung für die Mandantin kann man es ggf. bejahen. Die  beiden anderen Umstände – Schwierigkeit und Umfang – waren es aber wohl noch nicht. Von daher ist der Ansatz von 25 % über der Mittelgebühr schon recht „mutig“.

Im Übrigen berechnen Sie die Erhöhung der Mittelgebühr mit 33 EUR +319 EUR x 0,75 = 264 EUR falsch. Das ist doch nicht die erhöhte Mittelgebühr, sondern: 33 EUR x 319 EUR = 352 EUR : 2 = 176 EUR + davon 25 % = 44 EUR = 220 EUR. Können Sie alles in unserem RVG-Kommentar nachlesen. 🙂 „

Und hier geht es dann zu der „Fundstelle/dem Nachweis <<Werbemodus an>>, unserem Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl. 2021, den man hier bestellen kann, inzwischen übrigens auch als Mängelexemplar. <<Werbemodus aus>>.