OWi I: Keine Schätzungen beim Nachfahren, oder: Gründe (auch) bei Geschwindigkeitsüberschreitung

Bild von Felix Müller auf Pixabay

Heute dann ein OWi-Tag, ein bisschen habe ich. Nichts Besonderes, aber immerhin 🙂 .

Hier zunächst zwei Entscheidungen zur Geschwindigkeitsüberschreitung. Die eine befasst sich mehr allgemein mit den Urteilsgründe, in der anderen geht es um die Schätzung der Geschwindigkeit. Also:

Zunächst die Gründe, und zwar hat sich dazu das OLG Naumburg im OLG Naumburg, Beschl. v. 04.10.2024 – 1 ORbs 201/24 – geäußert:

„2. Die Feststellungen zum Schuldspruch beruhen nicht auf einer tragfähigen Grundlage; die Angaben hierzu genügen nicht, um dem Senat eine Überprüfung zu ermöglichen.

Das Amtsgericht hat festgestellt, dass sich die Vorwürfe aus dem Bußgeldbescheid vom 07.11.2022, mit dem dem Betroffenen vorgeworfen wird, am 24.08.2022 um 9:19 Uhr auf der BAB 36 km 41,5 auf Höhe Ilsenburg in Richtung Abbenrode als Führer des Kleintransporters pp. die außerorts zulässige Höchstgeschwindigkeit um 48 km/h überschritten, die Zulassungsbescheinigung Teil I und den vorgeschriebenen Führerschein nicht mitgeführt zu haben, obwohl er die durch Verkehrszeichen 274 angeordnete erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h hätte erkennen können und müssen, im Rahmen der Hauptverhandlung bestätigt haben (UA S. 2).

Dabei beruhen die Feststellungen zur Person des Betroffenen auf dessen schriftlicher Einlassung sowie auf dem verlesenen FAER vom 08.04.2024; die Feststellungen zur Sache auf dem in Augenschein genommenen Messvideo, auf dem der Kleintransporter mit einer Geschwindigkeit von 128 km/h abzüglich eines nicht genannten Toleranzwertes zu erkennen ist (UA S. 2), sowie der im Rahmen der Hauptverhandlung ausgewerteten Unterlagen, insbesondere der Eichbescheinigung, der Lebensakte des Messgerätes und der Bedienungsberechtigung der Messbeamten, zudem auf den Vermerk der Polizeibeamten auf der Bescheinigung über die maßgebliche Verkehrskontrolle des Betroffenen.

Kein Hinweis findet sich in den Gründen dazu, dass der Betroffene eingeräumt hat, zu dem in Rede stehenden Zeitpunkt den maßgeblichen Transporter geführt zu haben.

Zudem fehlen – worauf die Rechtsbeschwerde ebenfalls zutreffend hinweist – Angaben zum konkret angewandten Messverfahren, insbesondere ob ein sog. standardisiertes Messverfahren zum Einsatz gekommen ist. Auch zur konkreten Höhe des zugrunde gelegten Toleranzwertes werden Ausführungen vermisst.

Eine Nachprüfung anhand der Urteilsgründe ist dem Rechtsbeschwerdegericht nicht möglich. Schon deshalb kann das Urteil keinen Bestand haben. „

Und dann das AG Dortmund, Urt. v. 17.10.2024 – 729 OWi-267 Js 1305/24-100/24 – mit folgendem Leitsatz:

Kann bei einer Geschwindigkeitsfeststellung durch Nachfahren mit einem Polizeifahrzeug mit nicht geeichtem Tacho in einem 1,5 km langen Tunnel nur eine Geschwindigkeit von vielleicht 135, 140 oder 145 km/h bei gleichbleibendem oder sich vergrößerndem Verfolgungsabstand von nicht festzustellender Länge („vielleicht 50 m, vielleicht auch 200 m“) festgestellt werden, so liegen keine ausreichenden Feststellungen vor, die nach hergebrachten Maßstäben eine Messung durch Nach-fahren darstellen. Insbesondere ist in einem solchen Fall auch eine Verdoppelung der eigentlich zu gewährenden Toleranz von 20 % nicht ausreichend, die Messung “ret-ten“ zu können.

 

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