Und zum Schluss des Tages komme ich dann noch einmal auf das OLG Köln, Urt. v. 05.05.2020 – 1 RVs 40 u. 42/20, über das ich bereits berichtet hatte (vgl. Verkehrsrecht I: Kraftfahrzeugrennen, oder: Fahrverbot und/oder Entziehung der Fahrerlaubnis) zurück.
Heute geht es mir hier um die Strafzumessung bei § 315d StGB und die Frage der Einziehung des gefahrenen Kraftfahrzeugs. Dazu das OLG:
Zunächst zur Strafzumessung betreffend die Revision des Angeklagten:
„a) Mit ihrer Erwägung, zu Lasten des Angeklagten sei „die erhebliche Geschwindigkeit zu berücksichtigen, die der Angeklagte gefahren ist, und die zulässige Höchstgeschwindigkeit weit überschritt“ hat die Berufungsstrafkammer gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB verstoßen. Nach dieser Vorschrift dürfen Umstände, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, im Rahmen der Strafzumessung nicht ein weiteres Mal berücksichtigt werden. Die Vorschrift gilt über ihren Wortlaut hinaus nicht nur für die Tatbestandsmerkmale im Sinne der Art. 103 Abs. 2 GG unterfallenden Deliktsbeschreibung, sondern auch für sonstige Umstände, in denen die Strafbarkeit einzelner tatbestandsmäßiger Taten begründet ist. Fehlerhaft ist danach die Verwertung von Umständen, die für die Durchführung der Tat typisch sind und diese nicht über den Tatbestand hinaus besonders kennzeichnen oder die die regelmäßigen Begleitumstände einer Tat sind (Regeltatbild) und daher deren Unrechtsgehalt mitprägen (vgl. MüKo-StGB-Miebach/Meier, 3. Auflage 2016, § 46 Rz. 449, 451 m. N.). Wie vorstehend dargelegt, ist dem tatbestandsmäßigen Begriff des „Rennens“ die Erzielung von Höchstgeschwindigkeiten und damit auch die deutliche Überschreitung von Geschwindigkeitsbeschränkungen immanent. Das gilt für die Fälle, die den Gesetzgeber veranlasst haben, das Verbot mit einer Strafbewehrung zu versehen (vgl. den Sachverhalt der Entscheidung LG Berlin NStZ 2017, 471; s. BT-Drs. 18/10145 S. 9) und entspricht der forensischen Erfahrung mit der Vorgängervorschrift des § 29 Abs. 1 StVO a. F. (vgl. die der Entscheidung des Senats v. 23.01.2018 – III-1 RBs 370/17 sowie den Entscheidungen KG NJ 2017, 346 und OLG Oldenburg DAR 2017, 93 zugrunde liegenden Sachgestaltungen). Nach den genannten Grundsätzen durfte daher dem Angeklagten die erzielte Geschwindigkeit jedenfalls nicht ohne Feststellung weiterer tatprägender Umstände strafschärfend entgegengehalten werden. …..“
Und dann zur Einziehung betreffend die Revision der Staatsanwaltschaft.
„1. Die Festsetzung der Tagessatzzahl weist – auch unter Berücksichtigung des nur eingeschränkten revisionsrechtlichen Beurteilungsmaßstabs (KK-StPO-Gericke, 8. Auflage 2019, § 337 Rz. 32) – einen den Angeklagten begünstigenden Rechtsfehler insoweit auf, als ihm die vorbehaltene Einziehung strafmildernd zugute gebracht wird:
Anerkannt ist, dass die Einziehung eines hochwertigen Gegenstandes einen bestimmenden Strafmilderungsgrund darstellt, soweit sie – wie hier – Strafcharakter hat (BGH NStZ 2020, 214; NStZ-RR 2019, 209; NStZ 2018, 526; StV 2015, 633; NStZ-RR 2012, 169; Senat VRS 100, 123 [129 f.]; SenE v. 28.06.2002 – Ss 267/02 -; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 6. Auflage 2017 Rz. 368; Fischer a.a.O., § 74 Rz. 22). Aus spezial- wie generalpräventiven Gründen soll dem Täter in diesem Fall durch Entziehung seines Eigentums das Verwerfliche seiner Tat nochmals nachdrücklich vor Augen geführt werden (vgl. SenE v. 27.09.2013 – III-1 RVs 201/13 -; SenE v. 28.03.2018 – III-1 RVs 52/18 -; LK-StGB-Schmidt, 12. Auflage 2007, § 74 [a. F.] Rz. 4 m. N.). Im Falle des Vorbehalts der Einziehung – verbunden mit der Auflage, das Fahrzeug zu veräußern – tritt diese Wirkung indessen jedenfalls nicht ungeschmälert ein; die Möglichkeit der freihändigen Veräußerung bietet dem Angeklagten unter Umständen sogar Gelegenheit zur Erwirtschaftung eines Gewinns. Durch die Setzung einer Frist wird die Möglichkeit der Veräußerung jedenfalls zum Zeitwert und damit ohne nennenswerte finanzielle Belastung angesichts des Bestehens von EU-weit agierenden Internet-Verkaufsplattformen nicht grundlegend in Frage gestellt. Die mit der Einziehung verbundene Übelszufügung wird auf diese Weise voraussichtlich verfehlt werden. Die Urteilsgründe weisen nicht aus, dass sich die Berufungsstrafkammer dieser Zusammenhänge bewusst gewesen ist. Der Senat vermag demgemäß auch nicht auszuschließen, dass die Strafe ohne die Berücksichtigung der vorbehaltenen Einziehung bzw. deren Berücksichtigung in geringerem Umfang schwerer ausgefallen wäre……
4. a) Der Vorbehalt der Einziehung des Tatfahrzeugs unterliegt bereits deswegen der Aufhebung, weil die Kammer insoweit selbst – wenn auch nach dem zuvor Dargestellten mit fehlerhafter Gewichtung – einen Zusammenhang dieser Entscheidung mit der Bemessung der Einzelstrafe hergestellt hat (BGH NStZ 2020, 214; vgl. weiter SenE v. 21.10.2005 – 81 Ss 59/05 -; vgl. a. BayObLG NJW 1974, 2060). Im Übrigen sind – wie ausgeführt – Geldstrafe, Fahrverbot und (vorbehaltene) Einziehung Straftatfolgen im Sinne einer Übelszufügung als Reaktion auf vorangegangenes Verhalten. Als solche müssen sie insgesamt der Tatschuld angemessen sein. (Auch) aus diesem Grund besteht zwischen den genannten Entscheidungsteilen ein untrennbarer Zusammenhang mit der Folge, dass die Rechtsfolgenbemessung insgesamt der Aufhebung unterliegt.
b) Bei der Entscheidung über die Einziehung wird der neue Tatrichter zu bedenken haben, dass im Falle der Strafeinziehung für mildere Maßnahmen wenig Raum verbleibt (vgl. – mit unterschiedlicher Nuancierung – Schönke/Schröder-Eser/Schuster, StGB, 30. Auflage 2019, § 74f Rz. 6; NK-StGB-Herzog/Saliger, 4. Auflage 2016, § 74b [a. F.] Rz. 8; SK-StGB-Wolters, 9. Auflage 2016, § 74b [a. F.]Rz. 5; LK-StGB-Schmidt a.a.O., § 74b [a. F.] Rz. 9). „