Am LG Münster laufen derzeit (mindestens) zwei interessante (Groß)Verfahren, die es bis in die (Lokal)Nachrichten gebracht haben:
Unter der Überrschrift „Mauer des Schweigens“ wird über die Neuauflage des Verfahrens berichtet, in dem es bereits eine Revisionsentscheidung des BGH zu Lasten der Angeklagten gegeben hat. Es geht um die Tötung von drei Kindern – angeklagt sind wegen Verjährung nur noch zwei Taten – durch die heute 46 Jahre alte Mutter. Ein Sohn hatte die drei Kindesleichen in der Kühltruhe entdeckt. Das Verfahren ist seinerzeit in Siegen gelaufen und vom BGH nach Aufhebung an das LG Münster verwiesen worden. In einem der Fälle komme – so der BGH – Tötung durch aktives Tun und nicht nur durch Unterlassen in Betracht.
Wenn man den Bericht vom ersten Prozesstag liest: Wahrlich kein „schönes“ Verfahren, das das Schwurgericht da verhandeln muss. Das steckt man nicht so einfach weg, sondern das nimmt man mit nach Hause. Einfach natürlich auch nicht für die anderen Prozessbeteiligten.
Und dann ist da noch das Verfahren Löbbert. Auch ein Rückläufer des BGH in einem großen Wirtschaftsstrafverfahren, dass der BGH 2007 zur Neuverhandlung geschickt hat (vgl. hier). Übrigens eine interessante Revisionsentscheidung des BGH nach etwa dreijähriger HV-Dauer; über die BGH-Entscheidung wird sich der Präsident des LG Münster heute noch grämen, vor allem darüber, dass er damals dem Richter der StK eine Aussagegenehmigung in dem anderen Verfahren erteilt hat (§ 22Nr. 5 StPO lässt grüßen). Nichts desto trotz: Alles neu macht der Mai (na ja, ob es wirklich alles so neu wird, darf man nach einem Hinweis des BGH zur Strafzumessung der StK bezweifeln): Das Verfahren läuft jetzt neu und einer der Angeklagten will nun den Richter anzeigen. Interessant, wie das der StA kommentiert.
Es ist sicher richtig, daß Anzeigen gegen Richter in der Mehrzahl der Fälle von Querulanten erstattet werden und an den Vorwürfen nichts dran ist. Leider behandeln die meisten Staatsanwaltschaften deshalb aber auch ernzunehmende Strafanzeigen gegen Richter nach dem gleichen Schema.
Soweit es um den Vorwurf der Rechtsbeugung geht, bedienen sich die Staatsanwaltschaften eines offenbar seit Jahrzehnten verwendeten Blocksatzes, indem es im wesentlich heißt, daß Rechtsbeugung direkten Vorsatz voraussetze und insoweit nicht einmal ein Anfangsverdacht bestehe. Daß diese Rechtsprechung schon vor 15 Jahren aufgegeben wurde und nach Auffassung des BGH auch bedingter Vorsatz ausreicht (BGHSt 40, 272, 276 = NStZ 1995, 31, 32 [Wo hat eigentlich jemals im Gesetz etwas von direktem Vorsatz gestanden?]) hat sich bei vielen Staatsanwälten nach 1 1/2 Jahrzehnten noch immer nicht herumgesprochen. Die alte BGH-Rechtsprechung, peinlicherweise entwickelt zur Entlastung von Nazi-Richtern, war ja auch so schön bequem.
Hat eigentlich jemand verstanden, weswegen der Angeklagten den Vorsitzenden anzeigen will? Ich verstehe es ehrlich gesagt nicht. In der Bemerkung: „Sie müssen sich als Zeuge nicht beleidigen lassen.“ sehe ich kein strafbares Verhalten. Die „Unwahrheit“ zu sagen ist auch kein Straftatbestand.
Mich dünkt, der Staatsanwalt möge recht haben.
manchmal habe ja auch Staatsanwälte Recht 🙂 :-).
oh, wenn ich da von „UA 968“ lese und das ding allein wegen der aussagegenehmigung des präsidenten aufgehoben wurde, wird am lg münster vermutlich richtig gute stimmung herrschen. 😉
Sie können sich vorstellen, dass der Präsident hoch erfreut war, vor allem weil in dem Beschluss zwischen den Zeilen herauszulesen war, dass die Kammer alles richtig gemacht hat, nur er nicht 🙂