Und hier haben wir dann die erste Entscheidung eines OLG zur Frage: Was ist mit dem V VerfG Saarland, Urt. v. 05.07.2019 – LV 7/17 (vgl. dazu: OWi I: Paukenschlag II aus dem Saarland, oder: Traffistar S 350-Messungen nicht verwertbar) in der Rechtsprechung der OLG?
Dort war ein Rechtsbeschwerde-Zulassungsverfahren gegen ein Urteil des AG Reutlingen anhängig. In dem Verfahren hatte der Verteidiger sich nach Bekanntwerden des VerfG Saarland-Urteil noch auf diese Entscheidung berufen. Dazu führt der Einzelrichter dann im OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.07.2019 – 6 Rb 28 Ss 618/19 – (nur) aus:
„Soweit sich die Betroffene im Rahmen ihrer Gegenerklärung auf eine – den Senat nicht bindende Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes des Saarlandes vom 5. Juli 2019 (Lv 7/17) – beruft und erstmalig die Auffassung vertritt, dass das Verfahren wegen fehlender Speicherung der Rohmessdaten durch das eingesetzte Messgerät Traffistar S 350 des Unternehmens Jenoptik, was einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz des fairen Verfahrens darstelle und zur Unverwertbarkeit der Messung führe, „einzustellen“ sei, greift ihr Vorbringen nicht durch.
Dieser behauptete Verstoß wäre im Rahmen einer fristgerecht und formwirksam erhobenen Verfahrensrüge (vgl. § 79 Abs. 3 Satz 1 OWiG, §§ 344, 345 StPO) geltend zu machen gewesen, was vorliegend nicht der Fall ist.
Zudem ist ein Verstoß gegen die Grundsätze eines rechtsstaatlichen Verfahrens nicht ersichtlich. Die verteidigte Betroffene hat – im Unterschied zu dem durch den Verfassungsgerichtshof des Saarlandes entschiedenen Verfahren – zu keinem Zeitpunkt die (sachverständige) Überprüfung des Messergebnisses begehrt oder das Fehlen von Rohmessdaten gerügt und dadurch den Wunsch zum Ausdruck gebracht, sich mit den tatsächlichen Grundlagen des erhobenen Vorwurfs und deren Validität auseinanderzusetzen. Somit kam ein Eingriff in die effektive Verteidigung der Betroffenen durch die Verwertung des Messergebnisses im Rahmen der amtsrichterlichen Entscheidung von vornherein nicht in Betracht.“
Ich denke, dem Einzelrichter des 6. Bußgeldsenats des OLG Stuttgart werden große Felsbrocken vom Herzen gefallen sein (soweit OLG-Senate Herzen haben 🙂 ), dass er zum VerfG-Urteil nichts sagen musste, jedenfalls nicht viel. Denn ein bisschen hat er doch gesagt – und das geht in die erwartete Richtung: Nicht bindend…..
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